Diamantentropfen. Manfred Quiring

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Diamantentropfen - Manfred Quiring

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die Einflusssphären erweitert, internationale Verbindungen geknüpft, die Einnahmen in astronomische Höhen schnellen lassen. Er, Ussuri, gehörte zu den einflussreichsten Wory, sein direktes Vermögen ging in die Hunderte Millionen. Über Mittelsmänner hatte er seine Hand letztlich auf Milliardenwerten. Das alles hatte seinen Preis gehabt. Aber, rief er sich eine russische Redewendung in Erinnerung, die interessanterweise auch gerne von der Staatsführung benutzt wurde: über Sieger richtet man nicht.

      Kapitel 8 - Edik: Ein “legaler” Spion mutiert zum Mafia-Jäger

      Es gibt eben Tage, an denen alles schief geht. Unwillkürlich musste Edik an jenen Lokführer denken, der diese geflügelten Worte an seinen Mechaniker richtete, als ihm auf einer eingleisigen Strecke mit hoher Geschwindigkeit ein Zug entgegen kam. Aber auch die Erinnerung an diese Anekdote besserte seine Laune nicht. Der Tag war von Anfang an verpfuscht.

      Begonnen hatte es mit einem Streit. Seine Ehefrau, die dritte,18 Jahre jünger und eine Augenweide, wie er fand, hatte ihm die Hölle heiß gemacht. Sie war wütend, weil er die Verabredung vom Abend zuvor nicht eingehalten hatte. Es half nichts, dass er seine Ninotschka anflehte, ihm zu verzeihen, der Dienst habe ihn aufgehalten. „Das ist mir scheißegal. Noch einmal gehe ich nicht alleine in diese blöde Schule zur Elternversammlung. Es ist schließlich dein Sohn“, fauchte sie und wandte sich demonstrativ ihren Fingernägeln zu.

      Natürlich war es sein Sohn. Witja stammte aus einer kurzen zweiten Ehe. Er hatte darauf bestanden, den Jungen zu sich zu nehmen. Er sollte nicht in einem Haushalt erzogen werden, in dem seine Ex-Gattin nun mit ihrer Freundin lebte. Die Folgen für den Zehnjährigen wären unausdenkbar. Schließlich sollte er ein richtiger Kerl werden, der ihm, Oberst Eduard Maratowitsch Simow zur Ehre gereichte. Da konnte er von Ninotschka, mit der er erst seit anderthalb Jahren zusammen war, doch sicher etwas mehr Einsatz erwarten. An diesem Morgen wollte er das Thema nicht weiter vertiefen. Mit einem wütenden Türenschlagen verließ er das Haus.

      Im Hauptquartier erwartete ihn der nächste Ärger. Das war zu erwarten gewesen, nachdem er am Vorabend die Nachrichtensendung „Wremja“ gesehen hatte. Lang und ausführlich, mit reichlich verdeckt aufgenommenem Videomaterial aus der „Firma“ gespickt, berichtete das Fernsehen über die Jagd auf einen englischen Spion. Mitten In Moskau! Da irrlichterte eine männliche Figur mit einem Rucksack durchs Bild. Er wurde gezeigt, wie er sich in einem Gebüsch am Boden zu schaffen machte. Dann geriet ein Stein ins Objektiv. Darin habe sich eine Sende- und Empfangsanlage zur Übermittlung geheimer Informationen befunden, versicherte der Sprecher empört.

      Der geheimnisvolle Mann, der zweifelsfrei als Mitarbeiter der britischen Botschaft ermittelt worden sei, habe sich dann aber leider der Verfolgung entziehen können. Auch sei der Stein, den man den Zuschauern gezeigt habe, nicht der, den der Mann mitgenommen habe. Aber hier, der Reporter hielt ein graues Gebilde in die Kamera, genauso einen Stein habe man an anderem Ort in der Stadt gefunden. Die britischen Spione waren offenbar überall.

      Edik schüttelte sich. Die Schlichtheit der PR-Gags war nachgerade peinlich. Natürlich mussten solche Aktionen sein. Alleine schon, um den Gegner zu verunsichern. Aber auch, um die Bevölkerung von der Wachsamkeit der Tschekisten – Edik liebte diese sowjetische Bezeichnung für die eigenen Geheimdienstler noch immer – überzeugen zu können. Aber doch nicht so! Das war doch lächerlich! Aber das behielt er für sich.

      Ediks Chef, General Schamonow, war – Realität hin, Realität her – völlig außer sich. Für ihn zählte nur, was das Staatsfernsehen gezeigt hatte und in welch strahlendem Licht sein Intimfeind General Koslow nun dastand. Niemand wusste, woher diese Feindschaft rührte. Eine Frau, wurde gemunkelt, stecke dahinter.

      „Bin ich denn, bladj , nur von Idioten umgeben, bladj? Muss ich denn, bladj, alles, bladj, alleine machen, bladj, job twoju matj !“ General Schamonow konnte und wollte sich nicht bremsen. Seine Mitarbeiter, die er zum Morgenappell zusammengerufen hatte, nahmen Haltung an. Irgendwann würde er sich schon wieder beruhigen. Aber erst einmal kochte er vor Wut. Wieder hatte dieser Koslow gepunktet. Dieses Mal mit der Geschichte über den angeblichen britischen Spion, die im Fernsehen breit ausgewälzt worden war. Der Mann hatte Beziehungen!

      „Schluss, aus!“ hatte General Schamonow gebrüllt. „Denkt nach, bladj, beschafft mir, bladj, einen Fall, mit dem wir, bladj, den englischen Stein toppen können. In einer Woche, bladj, will ich Ergebnisse sehen, job twoju matj!“ Edik kannte derlei Ausbrüche. Mindestens einmal in der Woche knallte der Alte durch, Schimpfwörter quollen ihm aus dem Mund.

      Der Dichter Ossip Mandelstam mochte ja Recht haben, wenn er sagte, dass man in Russland die Schimpfwörter nicht zum Fluchen, sondern zum Sprechen benutze. Aber nach mehreren Jahren im Ausland war Edik immer wieder peinlich berührt, wenn höhere Kader sich sprachlich derart gehen ließen.

      Ausdrücke wie Nutte, wenn auch nur als bedeutungsloses Füllwort, und Fick deine Mutter, wenn auch nicht wörtlich gemeint, gehörten nicht in die Räume eines Dienstes, der sich als die Elite des Landes verstand. Eine Meinung, mit der Edik in seiner Dienststelle weitgehend alleine stand. Laut Gesetz waren Mütterflüche in der Öffentlichkeit eigentlich verboten, aber wer hielt sich schon daran? Und jetzt, da er an den morgendlichen Auftritt seines Chefs dachte, verspürte Edik selbst das Bedürfnis, sich mit ein paar kräftigen Flüchen Erleichterung zu verschaffen.

      Das ging gerade jetzt und hier überhaupt nicht. Mürrisch wandte er sich dem Ereignis zu, das heute Vorrang hatte. Es galt, den Geburtstag eines Veteranen zu feiern. 80 Jahre – ein beachtliches Alter für einen ehemaligen Tschekisten, der jahrelang in verschiedenen Ländern für das KGB seine Augen und Ohren aufgesperrt hatte. Er hatte zu den Geheimsten der Geheimen gehört, zu den “Illegalen”, die als Elite des Geheimdienstes galten.

      Eduard, hatte dieses Handwerk, wie die meisten seiner Kollegen, unter dem Dach der Botschaft und somit unter dem Schutz diplomatischer Immunität ausgeübt. Dadurch hielt sich das Risiko in Grenzen. Ging etwas schief, wurde der glücklose Spion in die Heimat abgeschoben, war dann allerdings für weitere Auslandseinsätze „verbrannt“.

      Das war früher so, heute gab es da noch andere Möglichkeiten. Die tumbe Rotblonde mit den strammen Titten beispielsweise. Edik schnaufte geringschätzig. Sie war in Amerika aufgeflogen, weil sie ihren Facebook-Account zu geschwätzig genutzt hatte. Jetzt moderierte sie eine Talk-Show im russischen Staatsfernsehen. Schlicht, einfältig, populär. Hatte sie wirklich ernsthaft geglaubt, Edward Snowden würde ihren Heiratsantrag annehmen? Edik schüttelte sich. Die Sitten verkommen, der Professionalismus geht vor die Hunde.

      Die “Illegalen” waren da schon ein ganz anderes Kaliber. Sie spionierten allein auf sich gestellt fürs Heimatland. Mit falschen Lebensläufen ausgestattet, reisten sie über mehrere Länder ins jeweilige Operationsgebiet und gingen dort unter dem Deckmantel einer bescheidenen bürgerlichen Existenz ihrem Spionagegeschäft nach.

      Edik seufzte tief, als er an den berühmten Rudolf Iwanowitsch Abel dachte, den die Sowjetunion noch 1990 mit einer Briefmarke geehrt hatte. Tja, Abel! Eine Legende, auch für nachfolgende Generationen. Gerne wäre er so gewesen wie er.

      In den Vierziger- und Fünfzigerjahren hatte Abel Atomgeheimnisse der Amerikaner ausspioniert, ehe er nach neun Jahren tiefster Illegalität verhaftet wurde. Sein späterer Austausch an der Glienicker Brücke bei Berlin gegen den amerikanischen Piloten eines U-2-Spionageflugzeuges, Francis G. Powers, galt Edik als Beleg dafür: Russland lässt die Seinen nicht verkommen.

      Wehmütig erinnerte er sich an seine eigene Zeit im Ausland. Er hatte zu den „Legalen“ gehört, hatte als Mitarbeiter der Presseabteilung der russischen Botschaften in Schweden und auf der Insel Malta „gearbeitet”. Allerdings, ohne sich besondere Meriten erworben zu haben.

      Trotzdem - Schweden

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