Diamantentropfen. Manfred Quiring

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Diamantentropfen - Manfred Quiring

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Management des Werkes. Und das Wichtigste: Das Geschäftliche war zur Zufriedenheit aller geregelt worden.

      Nur noch mit halbem Ohr hörte er hin, wie Dima von der Verantwortung des Staates, des Unternehmertums im Allgemeinen und von seiner und des Unternehmers Babitschkin im Besonderen plauderte. Die Arbeiter hätten ein Recht auf soziale Sicherheit. Und wenn ein Besitzer eines Unternehmens sein Werk schließe, weil es nicht mehr rentabel sei, werde er, der Präsident, stets der erste sein, der sich für die Rechte der Werktätigen einsetze.

      Befriedigt verfolgte Ussuri die Szene auf dem Bildschirm, in der Präsident Dima ein Papier unterschrieb, und dann den Eindruck erweckte, als zwinge er den Milliardär Babitschkin, es ihm gleich zu tun.

      “Hier, unterschreiben Sie hier”, forderte der Kreml-Herr den Unternehmer im Befehlston auf. Der Milliardär folgte der Anweisung. Mit seiner Unterschrift verpflichtete er sich zu weiteren Zuwendungen an das eigentlich bankrotte Unternehmen. Als er wieder auf seinen Platz zurückkehren wollte, stoppte ihn der Präsident. “Hej, Babitschkin, der Stift gehört mir.”

      Limontschik kicherte. “Mein Gott, an dem ist ja ein Schauspieler verloren gegangen! Sowas sieht man ja in keinem Mosfilm!”

      Nur wenige Eingeweihte wussten, dass Babitschkin für seine devote Rolle und die finanziellen Verluste vorab mit Anteilen an staatlichen Zelluloseunternehmen im Norden entschädigt worden war. Das war dem Präsidenten die Show in der Provinz wert. Er wolle sein soziales Profil schärfen, pflegte er zu sagen. Er will, dass die Leute ihn für großartig und mitfühlend halten, flüsterten seine Aktenträger. Über die realen Abläufe machten sie sich, obwohl sie die nur ahnten, keine Illusionen.

      Tatsächlich würde in Chrenowo ein Teil der Babitschkin-Gelder, abgesichert durch Scheinverträge, in Scheinfirmen fließen. An denen waren neben dem Management auch Bürokraten aus der örtlichen Verwaltung und natürlich er, Ussuri, beteiligt. Daran hatten seine Leute rechtzeitig gedreht.

      Ohne sein Team, das er nach Chrenowo geschickt hatte, wären die örtlichen Betonköpfe doch nie auf die Idee gekommen, wichtige Verbindungsstraßen von den Arbeitern blockieren zu lassen. Die Bilder von der Straßenblockade, ausgestrahlt im Fernsehen, waren letztlich der Grund, der den Präsidenten zur Fahrt nach Chrenowo bewogen hatte.

      Auf dem Breitwand-Plasmabildschirm tauchte für Sekunden das zufrieden lächelnde Gesicht des Staatschefs auf. Dann kam die präsidiale Fahrzeugkolonne ins Bild, bestehend aus schwarzen, gepanzerten deutschen Limousinen und Geländewagen, die in eine Staubwolke gehüllt das Werksgelände wieder verließ. Jubelnde Betonarbeiter hinter sich zurücklassend.

      “Klasse gelaufen”, freute sich Limontschik. Er wusste so gut wie Ussuri selbst, dass das Unternehmen, von dem eine ganze Stadt lebte, tatsächlich unrentabel und zur Insolvenz verurteilt war. Jetzt, nach diesen Bildern, würde die Kreml-Mannschaft weitere Gelder nachschieben müssen. Chrenowo durfte nicht zum Symbol präsidialen Scheiterns werden. Dieser Umstand würde den Geldzufluss auf Jahre sichern.

      Nun nickte auch Ussuri beifällig. Das musste man dem Präsidentendarsteller, wie er den Staatschef in vertrautem Kreise nannte, erst einmal nachmachen! Eine feine schauspielerische Leistung. Auch die Leute vom Fernsehen hatten ihre Sache gut gemacht.

      “Hej, Limontschik, lass doch dem Team, das heute in Chrenowo gearbeitet hat, einen Umschlag mit ein paar Dollar zukommen. Vergiss auch unsere Lieblings-TV-Sprecherin nicht.”

      “Geht in Ordnung, Chef.”

      Ussuri goss sich etwas Tee nach. Bester Gun Powder, sein Faktotum besorgte ihn über die chinesische Linie. Andachtsvoll zündete er sich eine kubanische Zigarre an, die ihm ein Geschäftspartner aus Florida mitgebracht hatte. Zigarren waren das einzige Laster, das er sich gönnte. Er trank prinzipiell keinen Alkohol. Säufer haben ein kurzes Leben, pflegte er zu sagen, wurde er zum Mittrinken aufgefordert. Nicht nur einer seiner Freunde war im Verlaufe seines Aufstiegs wegen dieser Schwäche auf der Strecke geblieben. Der Kopf arbeitete langsamer, man wurde leichtsinnig, die Reflexe ließen nach. Das, so hatte er sich an der Leiche eines im Suff erschossenen Kumpels geschworen, sollte ihm nicht passieren.

      Seine blassen, kräftigen langgliedrigen Finger mit sorgfältig gepflegten Fingernägeln umspannten die Teetasse. Wollte man von seinen Händen auf seinen Beruf schließen, käme am ehesten wohl eine künstlerische Tätigkeit in Frage. Das wurde unterstrichen durch ein schmales, blasses Gesicht, das ihm ein ätherisches Aussehen verlieh.

      Nur wer versuchte, ihm in die Augen zu blicken, erkannte instinktiv, dass er es mit einer äußerst gefährlichen Spezies zu tun hatte. Es war lange her, dass sich ein überheblicher Dummkopf erdreistet hatte, ihn einen „schwulen Schauspieler“ zu nennen. Das sollte doch nur ein Scherz sein, jammerte der Scherzbold, bevor Ussuri ihm das Lebenslicht ausblies. “Ich mag solche Scherze nicht”, gab er dem bereits Toten mit auf den Weg.

      Ussuri war stolz auf sein gepflegtes Äußeres. Er gefiel sich in seinem schwarzen Maßanzug, zu dem er stets ein schwarzes T-Shirt und schwarze, maßangefertigte Schuhe trug. Seinen Palast, ausgebaut zu einer Festung, die in einer scharf bewachten Stadtrandsiedlung im Nordwesten stand, hatte er im Laufe der Zeit mit einer Fülle von Gemälden, Skulpturen und Gobelins ausgestattet. Es war mehr ein Sammelsurium unterschiedlicher, immer sehr teurer Gegenstände, die Ussuri für Kunst hielt. Und die ihm das Gefühl gaben, in der gebildeten Oberschicht angekommen zu sein. Es schien, als wollte er sich selbst für die harten Jahre als Waise auf den Straßen der Industriestadt am Ussuri entschädigen.

      Kapitel 7 - Ussuri: eine Banditen-Karriere

      “In Ordnung, Limontschik, das war’s für heute. Hast Du noch was?”

      “Nichts von Bedeutung, Ussuri. Ist ja klar, dass wir Aladin im Auge behalten. Sollen wir uns um Marat im spanischen Knast kümmern?”

      “Marat? Wir lassen ihn in Ruhe, da findet sich bestimmt noch jemand, der uns diese Arbeit abnimmt. Ach ja, kümmere Dich um die Vorbereitung auf die Skhodka. Ich will nicht, dass da auf dem Wasser was schief läuft!”

      “Geht in Ordnung, verlass Dich auf mich. Poka.”

      “Mach´s auch gut.”

      Limontschik ging, Sweta schaute fragen herein. “Nein, Häschen, heute nicht.” Abwehrend wedelte er mit seiner Zigarre. Er wollte allein seinen Gedanken nachhängen. Tief vergrabene Erinnerungen tauchten aus dem Dunkel der Vergangenheit auf.

      Damals, als neunjährige Waise, allein auf den Straßen von Ussurijsk , hatte er sich mit kleinen Diebstählen und Botengängen für die zahlreichen Banden über Wasser gehalten. Mit 13 gründete er eine eigene Gang. Voller Rührung erinnerte er sich, wie er das erste Mal den Inhaber eines Kiosks zusammengeschlagen hatte, weil der seine Schutzgebühr nicht hatte zahlen wollen. Das waren noch Zeiten gewesen, naiv und unschuldig. Gewalt? Hie und da eine blutige Nase, ein gebrochenes Bein, ein zerschmetterter Arm, das war`s auch schon. Auch für die Streitigkeiten der Gangs untereinander reichten Knüppel, Messer oder Baseballschläger. Man hielt sich an eine Art ritterlicher Übereinkunft, möglichst niemanden zu töten. Auch war der Respekt vor dem Lager und den „Menty“, den Milizionären, wie sie damals hießen, noch groß.

      Wo sind die Zeiten geblieben, grübelte Ussuri, und schenkte sich noch etwas Tee in die Tasse aus zartem Chinaporzellan.

      Das erste Mal hatte er ins Straflager einrücken müssen, weil sie ihn dabei erwischt hatten, wie er auf der einsamen Überlandstrecke Autofahrer überfallen und ausgeraubt hatte. Die dummen Tröpfe waren mit dicken Bündeln Bargeld zu einem entlegenen Automarkt gefahren, um sich eines der geschmuggelten

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