Diamantentropfen. Manfred Quiring

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Diamantentropfen - Manfred Quiring страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Diamantentropfen - Manfred Quiring

Скачать книгу

der Stalin den Vorwand dafür lieferte, die Genetik gewissermaßen in die Verbannung zu schicken. Für Jahrzehnte.

      Immerhin, sinnierte Schurik, war der alte Klobow taktisch geschickt gewesen. Mit Rückendeckung einiger hochrangiger Vertreter der Mächtigen wandelte er sein Genetik-Institut, scheinbar dem Zug der Zeit folgend, in eine Einrichtung zur Erforschung der menschlichen Fortpflanzung um. Worte sind geschmeidig, Papier ist geduldig. Das kam gut an, der Diktator brauchte Soldaten. Dass sich Klobow I. in seinem kleinen Privatlabor auch mit Genetik beschäftigte, fiel dabei nicht weiter auf.

      Mit zunehmendem Alter muss bei ihm dann wohl die genetische Disposition zum Schutz der eigenen Sippe über den Hang zur Wissenschaft gesiegt haben. In einem Anfall von Schwäche, anders konnte es sich Schurik nicht erklären, bewog Nikita Maximowitsch die Verantwortlichen in Staat und Partei, seinen wissenschaftlich nur mäßig fähigen Sohn Gennadi Nikititsch zu seinem Nachfolger zu ernennen.

      Und nun die dritte Generation. Eine totale Katastrophe. Der einzige Beitrag des jetzt herrschenden Bullen bestand in einer weiteren Umbenennung: allrussisches Wissenschafts-Zentrum zur Reproduktionsforschung hieß die Einrichtung jetzt.

      Und er, Schurik, gehörte zu den Opfern. Als bester Absolvent seines Jahrgangs hatte ihn der Bulle geholt, um das zu bewerkstelligen, was er selbst nicht konnte, was die Geldgeber in der Regierung aber erwarteten. Er sollte die russischen Frauen fruchtbarer, die Männer zeugungsfähiger machen und das russische Volk vor dem Aussterben bewahren. Den Herren und Damen Politiker schwebte so etwas wie eine Fruchtbarkeitspille für die Frau vor, für die Männer ein russisches Pendent zu Viagra, nur viel besser. Diese Kombination schien ihnen die Lösung für das Bevölkerungsproblem zu sein. Schurik grinste leise. Es war erstaunlich, wie heutzutage Leute in die Politik gelangten, deren Intelligenzquotient kaum über dem eines dressierten Affen lag.

      Das alles wäre noch irgendwie zu ertragen gewesen, wenn die Aussichten gestimmt hätten. Man konnte es sich mit den Dotationen aus dem Staatsetat durchaus auf lange Sicht gut gehen lassen. Mangelnde Erfolge ließen sich bestens hinter einer wissenschaftlichen Terminologie verbergen, die die Geldgeber nicht verstanden. Solange man mit ihnen auf gutem Fuße stand, war der Zufluss der Finanzen gesichert.

      Doch die Aussicht, eines schönen Tages den Bullen zu beerben und die Leitung des Zentrums zu übernehmen, hatte sich jäh zerschlagen. Schurik stöhnte auf. „Dummes Weib“, grollte er lautstark durch das menschenleere Labor. Ira, die einzige legitime Tochter des Bullen und Garantin für seine, Schuriks Familienanbindung, hatte ihm den Laufpass gegeben.

      Seit einer Woche zog sie mit einem Milliardärssohn durch die Moskauer Clubs und Bars, ließ sich von ihm in einem silberfarbenen Mercedes-Jeep durch die Stadt kutschieren. Und da dieser Sergej Smirnow kürzlich, wenn auch mit mäßigem Erfolg, noch ein Medizinstudium absolviert hatte, war nun er der heiße Anwärter auf den Posten des Institutschefs. Ira, Papas Liebling, würde schon dafür sorgen. Wenn Smirnow denn überhaupt wollte, bei der Knete, die sein Vater besaß.

      Beim Gedanken an diese Aussichten verschlechterte sich Schuriks ohnehin schlechte Laune schlagartig weiter. Die Pillenforschung, wie er sein Arbeitsgebiet verächtlich nannte, würde sein weiteres Leben bestimmen. Wenn ihm nicht eine Lösung einfiel. „Für heute ist Schluss“, teilte er sich selbst in einem Anfall von Überdruss mit. Sollten die nächsten Versuchsreihen doch bis morgen, besser noch bis Montag warten. Er trug die Tagesergebnisse in die Kladde ein und räumte die Versuchsanordnung zur Seite. An einem Freitagabend hatte auch er das Recht auf Entspannung.

      Aber bevor er sich ins Nachtleben stürzte, wollte er noch einen Blick auf sein privates Forschungsprojekt werfen. Der Institutschef ahnte nicht einmal, dass sich sein Untergebener ganz nebenbei abseits der von ihm und dem Ministerium abgesegneten Bahnen bewegte. Wie sollte er auch, kam er doch so gut wie nie in die Niederungen der Alltagsarbeit.

      „Na, wie geht’s meinen Babys“, flüsterte Schurik, als er nach den sich teilenden Eizellen schaute. Dass er diese Experimente überhaupt machte, war natürlich nicht ganz legal. Er beruhigte sich damit, dass es nie zu den großen wissenschaftlichen Durchbrüchen gekommen wäre, hätten sich die Forscher immer an die Vorschriften gehalten.

      Er schob den Gedanken beiseite, denn was er jetzt sah, ließ eine wahnwitzige Hoffnung keimen. Das sah nach einem möglichen Durchbruch aus. Genaueres würde sich in den kommenden Tagen ergeben. Aber er war optimistisch. Am Ende des Tunnels glomm ein Lichtlein auf!

      Beschwingt tänzelte er durch die leeren Gänge des Instituts. Die Sicherheitskräfte warfen sich verständnisinnige Blicke zu.

      „Durchgeknallt, dieser Typ. Hat wohl zu viel an seinen Reagenzgläsern geschnüffelt.“

      Schurik merkte nichts davon, er überlegte euphorisch, wo und mit wem er den heutigen Abend gestalten würde.

      Kapitel 4 - Ein Mafiaboss verlässt die abchasischen Berge

      Stille. Absolute Stille. Er liebte diese morgendliche Stunde zwischen Nacht und Tag. Menschen und Tiere schliefen, nichts störte die Ruhe der Natur. Selbst die Schakale, die nach Einbruch der Dunkelheit regelmäßig ihre heulenden Gesänge anstimmten, lagen nun schweigend in ihrem Versteck und schliefen dem Tagesanbruch entgegen. Langsam trat er auf die Terrasse, fest in einen flauschigen Bademantel gehüllt. Der See zwischen den Bergen war nur zu erahnen, in der abnehmenden Dämmerung zogen Nebelschwaden über seine Wasserfläche. Auch seine Leibwächter, an strategisch wichtigen Punkten seines weitläufigen Grundstücks postiert, waren unsichtbar. Aber sie waren da, und sie waren verlässlich.

      Er hatte sie selbst ausgesucht, sie durch Zuwendungen und Privilegien an sich gebunden. Es waren ausgezeichnet ausgebildete Leute, teilweise noch in sowjetischen, andere in russischen oder georgischen Speznas-Einheiten trainiert. Die amerikanischen Ausbilder der Georgier ahnten wohl kaum, dass einige ihrer besten Kader jenseits der Grenze den höchst ehrenwerten Onkel Aladin, so durften ihn nur seine Vertrauten nennen, beschützten. Sie waren ihm dankbar für das komfortable Leben, dass er ihnen bot. Sie wussten aber auch, dass er ihre Familien nicht nur gut ernährte, sondern zugleich als Geiseln betrachtete. Das festigte die Loyalität.

      Der Alte selbst hatte keine Familie. Das passte nicht zu seinem Verständnis der ungeschriebenen Gesetze, nach denen er lebte. Familienbande behinderten, schufen Abhängigkeiten und machten angreifbar. Daran hatte er sich immer gehalten. Die wechselnden Frauen in seinem Haushalt hatten das zu akzeptieren. Dafür genossen sie auch dann noch einen angenehmen Lebensstandard, wenn ihre Zeit gekommen war und sie das Haus wieder verlassen mussten.

      Der Alte zog es vor, die Dinge gütlich zu regeln und war bisher immer gut damit gefahren. Ein beleidigtes und rachsüchtiges Weib, das war seine Überzeugung, konnte zum Zusammenbruch ganzer Imperien führen. Fürchte eine böse Frau mehr als einen bösen Mann, sagten die Kaukasier. Und sie hatten Recht.

      Er stand in letzter Zeit oft zu dieser Stunde draußen. Im Schlafzimmer lag eines dieser blasshäutigen Mädchen, die er in jüngster Zeit bevorzugte und die er aus dem Baltikum einfliegen ließ. „Sie lispeln so erotisch“, hatte er seinem alten Freund Niko anvertraut. Sich auf das Geländer stützend, genoss er die Stunde, da die Sonne sich über den Berggipfeln mit einem rötlichen Schimmer ankündigte, die Schatten langsam aus dem Tal wichen und der Riza-See sich aus nebliger Umhüllung schälte.

      Mit Rührung erinnerte er sich seiner Großmutter. Sie kannte nicht nur unzählige Spruchweisheiten für alle Lebenslagen. Sie war auch ein schier unendlicher Quell für die Märchen und Sagen des Kaukasus. Bis heute gefiel ihm die Geschichte darüber, wie die Abchasen zu ihrem Land kamen, am besten. Mit ihrer tiefen, murmelnden Stimme hatte sie sie ihm vor dem Einschlafen unzählige Male erzählt.

      „So erfahre

Скачать книгу