Herbstfeuer. Robert Ullmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Herbstfeuer - Robert Ullmann страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Herbstfeuer - Robert Ullmann

Скачать книгу

und der Fremde saßen. Nach einer Weile kamen die drei langsam auf sie zu. „Sir, das sieht nicht gut aus. Die wittern, dass Ihr etwas besser betucht seid. Ich will nicht unhöflich sein aber---“, der Fremde unterbrach Timmrin: „Habe ich nicht gesagt, du sollst deinen Wein trinken?“ Kaum hatte er zu Ende geredet, waren die Männer herangekommen. Einer ergriff das Wort: „Also das Schwert da, das Ihr versteckt…nun Ihr wisst vielleicht, dass der Besitz von Edelmetallen verboten ist. Sie sind dem Staat zu übereignen und…nun ja, Ihr müsst euch selbstverständlich keine Sorgen machen. Wir sehen gern über solche Kleinigkeiten hinweg: Aber auch wir müssen von etwas leben, versteht Ihr das?“ Der Mann war füllig, groß und breitschultrig. Seine beiden Begleiter weniger. Sein Gesicht hatte harte Kanten, die ein Bart um den Kiefer noch hervorhob. Der Alte erhob sich blitzartig, sodass die anderen unmerklich zusammenzuckten. Als er vor den dreien stand, machte sich bemerkbar, dass er seinen gegenüber in der Größe noch übertrumpfte. „Sieh zu, dass du wegkommst.“ Der bärtige Rowdy sah den Fremden plötzlich mit großen, zornigen Augen an. Sein vorher scheinfreundlicher Gesichtsausdruck verfinsterte sich zu einer böswilligen, überlegenen Grimasse. Einen Augenblick standen sie so gegenüber, schweigend. Plötzlich hob der Kerl den Arm, um zuzuschlagen. Was dann geschah, hätte Timmrin nie gedacht: Der Alte riss reflexartig den linken Arm nach oben, blockte den gewaltigen Fausthieb seines Gegenübers mit scheinbarer Leichtigkeit. Fast gleichzeitig schnellte seine rechte Faust nach vorn, während sein Oberkörper eine leichte Drehung beschrieb. Die Faust des Alten traf das Kinn des Angreifers, der, nach hinten geworfen zurücktaumelte, das Gleichgewicht verlor, stürzte und liegen blieb. Blitzschnell griff der Alte mit der rechten hinter seinen Rücken und riss einen langen Dolch hervor. Als hätte er es gewusst, hatte auch einer der Angreifer zeitgleich nach einem Messer gegriffen – zu spät. Als er zustach, griff der Alte schon mit seiner Linken nach dem Handgelenk des Angreifers und stieß ihm seinen Dolch durch den Oberarm. Ein Blutschwall drang aus der Wunde und besudelte ihm Hals und Wange. Der Getroffene stieß einen Schmerzensschrei aus. Als der Alte den Dolch aus der Wunde riss, brach der Verletzte auf die Knie zusammen. Er war kreidebleich und schien nicht mehr ganz bei sich zu sein. Dann krachte sein Rumpf bewusstlos auf die Dielen des Bodens. Der dritte war schnell zurückgewichen und stand mit dem Rücken zum Tresen. Mit einem Satz sprang er am Fremden vorbei in Richtung Tür. Der aber wandte mit einer Handbewegung den Dolch in seiner Hand, sodass er ihn an der Klinge fasste. Dann sauste die Waffe durch die Luft und traf den Flüchtenden in die Kniekehle. Er stürzte noch im Lauf. Kurz darauf war es still im Raum, nur ein Wimmern war zu vernehmen. Der Verwundete versuchte sich aufzurichten, da stand der Alte auch schon hinter ihm. Er bückte sich und riss den Dolch aus der Wunde. Ein gellender Schrei bohrte sich in die Ohren der Zuschauer. Der Kerl kroch auf dem Boden weiter, schleifte sich in Richtung Tür. Der Alte trat vor ihn hin und öffnete sie weit. Mühsam richtete sich der Verletzte auf, schliff sein Bein nach und humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht aus der Taverne. Beinahe alle waren aufgestanden, jeder Blick ruhte jetzt auf dem Fremden. Es war totenstill. Mit langen, schweren Schritten ging der Alte zu seinem Tisch, ergriff sein Glas und trank den Wein in einem Zug leer. Danach zog er seelenruhig fünf Thamen aus einer kleinen Gürteltasche und legte sie, einen nach dem anderen auf den Tisch. Seinen Dolch säuberte er am Hosenbein des noch immer bewusstlosen großen Kerls vom Blute und steckte ihn wieder an seinen Platz. Dann ging er, langsamer als nötig, zum Eingang und verließ die Taverne. Kaum war er hinaus, begann ein Raunen und Zischeln, dann wurde lauthals drauflos geplappert. Ein paar Männer eilten zu den Verwundeten. Timmrin aber griff nach seinem Glas, lehrte es in einem Zug, stand auf und rannte zur Tür, um dem Fremden zu folgen. Erst als er wieder draußen in der Kälte war, begriff er, dass er töricht handelte. Was versprach er sich davon? Es war, als ob ihm eine innere Stimme sagen wollte, dass er dem Alten folgen musste, weil sein Schicksal mit dem seinigen verwoben war. Vielleicht war es auch einfach die Überlegenheit und Stärke des hochgewachsenen Mannes, die Timmrin in seinen Bann zog. Schnell hatte Timmrin ihn eingeholt und blieb wenige Schritte hinter ihm stehen, der Fremde ebenso. Plötzlich riss er wieder seinen Dolch hervor und hob ihn zum Wurf. „Halt“, brüllte Timmrin und hielt beide Hände erschrocken vors Gesicht. „Ich will nichts von Euch!“ „Warum folgst du mir dann“, der Alte ließ den Dolch nicht sinken. „Ich…ich denke, Ihr seid nicht sicher hier“, Timmrin wusste in Wahrheit nicht, was er antworten sollte. „Sah das gerade so aus für dich, als ob ich mich nicht verteidigen könnte?“, der Alte klang noch immer gelassen und kühl. „War das wirklich nötig?“, stammelte Timmrin. „Ich habe mich nur verteidigt“, der Alte senkte langsam die Waffe. „Und die sterben nicht dran, jedenfalls mit etwas Glück nicht.“ Timmrin blickte dem Alten fest in die Augen, welche wie verrosteter Stahl ihren alten Glanz verloren zu haben schienen. Und doch konnte man darauf schließen. „Was wollt Ihr eigentlich hier? Wer seid Ihr und warum tragt Ihr dieses Schwert?“, er betonte die letzten Worte deutlich. „Was geht es dich an“, brummte der Gefragte. „Nichts, es geht mich gar nichts an.“ „Na also, dann sieh zu, dass du verschwindest!“ „Das werde ich nicht. Ich kann es auch gar nicht, wüsste nicht, wohin.“ „Und was kümmert mich das?“ „Das weiß ich im Augenblick noch nicht.“ „Was soll das, bist du besoffen?“, jetzt war ein gereizter Unterton in der ruhigen, tiefrauen Stimme des Alten. „Vielleicht braucht Ihr Hilfe? Ich kenne mich in dieser Gegend aus, bin hier aufgewachsen. Ich kann auf eure Sachen aufpassen, während ihr schlaft“, Timmrin rang merklich nach Argumenten. „Du hast ja eine blühende Fantasie“, spottete der Alte. „Sie zu, dass du Land gewinnst.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. Da brüllte Timmrin ihm nach: „Warum seid ihr hier, gegen wen werdet ihr kämpfen!“ Jetzt drehte sich der Fremde noch einmal um und ging ein paar Schritte zurück auf Timmrin zu. „Wer sagt, dass ich gegen irgendwas kämpfen werde?“ Timmrin schwieg ihn an. „Weißt du etwas über die wichtigen Persönlichkeiten der Stadt?“, erkundigte sich der Fremdling. „Was genau wollt Ihr von mir wissen?“ „Du bist nicht dumm und du hast Mut“, der Alte lächelte kurz und kaum wahrnehmbar. „Sag mir, wer der Kommandant der Kaserne ist und wer die Stadtgarde anführt.“ „Tarjeff von Tarzo führt die Heimatgardisten in Ersthafen. Der Name des Kommandanten der Dukor-Feste lautet Argahl. Seinen Vornamen kenne ich nicht.“ Als Timmrin den Namen Argahl aussprach, schien es aufzublitzen in den Augen des Fremden. „Das ist…interessant. Stellt sich jetzt nur die Frage, was DU von mir willst?“ „Euch begleiten“, antwortete Timmrin. „Ihr braucht sicher einen Gefährten, einen…Diener.“ Er musste sich überwinden, das auszusprechen. Der Fremde sah ihm eine ganze Weile in die Augen. „Und was sollen deine Dienste kosten?“ „Einstweilen nur ein Dach über dem Kopf und eine Mahlzeit am Tag.“ Da gab ihm der Alte schließlich zur Antwort: „Du bleibst drei Schritte hinter mir, immer! Du sagst nichts. Du gibst nicht mal einen Laut von dir, wenn ich es nicht sage. Meine Sachen fasst du nicht an. Und wenn ich sage, du sollst verschwinden, dann verschwindest du.“ „Ganz wie Ihr wollt“, Timmrin war angespannt und erleichtert zugleich. „Wo werden wir hingehen? Wir müssen diesen Ort schnell verlassen.“ „Wir gehen nirgendwo hin“, korrigierte ihn der Alte. „Ich gehe ins Händlerviertel und du folgst mir. Dort werden wir uns Quartier für die Nacht suchen…und einen Ofen, um deine schimmelnde Jacke zu trocknen.“ Seine Jacke war nicht schimmlig. Und außerdem fand es Timmrin alles andere als nötig, wie der Alte mit ihm umsprang. Aber er wusste, dass es eine Chance bedeuten konnte und so trottete er ihm nach durch die finsteren Gassen zurück ins Händlerviertel, wo sie sich im Gasthof „zum alten Brunnen“ einmieteten. Es war noch vor dem Morgengrauen, als Timmrin erwachte. Erschrocken drehte er sich im Bett um - seine Erinnerungen hatten ihn in den Träumen eingeholt. Er wusste zuerst nicht, wo er sich befand, doch er spürte, dass es warm war, warm und behaglich. Er lag in weichen Daunen. Es war fast dunkel, nur der Schein einer Kerze warf etwas Licht in den Raum. In jenem Schimmer konnte Timmrin seinen Begleiter erkennen, der auf dem anderen der zwei Betten im Raum saß. Er hatte seinen langen Pallasch über die Beine gelegt und polierte langsam und bedächtig die Klinge des schweren Degens mit einem Tuch. Weil sein Oberkörper nicht bekleidet war, konnte Timmrin jetzt sehen, dass er sehr muskulös war. Eine kleine Narbe zierte die rechte Schulter und eine andere verlief quer über die Brust. Unter dem Kinn fiel Timmrin noch eine weitere auf, die sich knapp über dem Kehlkopf vorbei den Hals entlang zog. Timmrin wollte leise etwas sagen, schloss dann aber die Augen und schlief sofort wieder ein. Als er abermals erwachte, fiel Licht durch die Fenster. Er war noch nicht ganz bei sich, als er die Worte des Alten vernahm: „Für einen aus dem Arbeiterviertel

Скачать книгу