Zeit der Drachen. Josef Hahn
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Ghom
Die Islamische Republik Iran, hat rund 75 Millionen Einwohner und eine Fläche von 1.648.195 Quadratkilometer. Die Kontrolle auf religiöse und ideologische Konformität durchdringt das Leben aller Bürger. Es gibt keine Presse- oder Meinungsfreiheit. Eine eigene Religionspolizei wurde direkt nach der Islamischen Revolution ins Leben gerufen.
Auch arabische - sunnitische Länder sehen den Iran mit Argwohn. Dies liegt unter anderem im proklamierten Revolutionsexport (Schiitischer Islam) und dem allgemeinen Streben nach Einfluss in der Region begründet, welcher sich weltweit in der Finanzierung und militärischer Unterstützung von schiitischen Terrorgruppierungen äußert.
Die goldene Kuppel ist das Wahrzeichen der ostiranischen Stadt Ghom. Sie gehört zum heiligen Schrein der Fatima, einem großen Komplex inmitten der Stadt. Dieser Schrein ist der zweitwichtigste Wallfahrtsort der Schiiten im Iran und mit seinen Schulen und Universitäten gleichzeitig religiöses Zentrum der Schia, einer der größten Konfessionen des Landes.
Ghom ist auch die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Iran, hat über 1.300.000 Einwohner und ist eine der heiligsten Städte der Schia. Hier residiert und lehrt auch der schiitische Großajatollah. Das geistliche und weltliche Oberhaupt des Staates. Hier ist auch die bekannte Islamisch-Theologische Hochschule von Ghom ansässig, in der schiitische Geistliche aus dem ganzen Land ausgebildet werden. Einer der prominentesten Schüler der Hochschule war der Revolutionsführer Ayatollah Khomeini. Dass die Stadt Ghom nicht nur ein religiöses, sondern auch ein kulturelles Zentrum des Irans ist, zeigt die Marashi-Najafi-Bibliothek. Das mehrstöckige Gebäude ist seit 1974 öffentlich zugänglich. Auf 21.000 Quadratmetern lagern hier über 35.000 Manuskripte und 800.000 Bücher mit allgemein-islamischen und schiitischen Inhalten. Ein kleinerer Teil der Schriften beschäftigt sich mit naturwissenschaftlichen Themen wie Mathematik, Astronomie oder Medizin. Die Bibliothek verfügt über den größten Bestand an handschriftlichen Aufzeichnungen der Schia. Berühmt weit über die Grenzen des Landes hinaus sind auch die Teppiche. Perserteppiche, deren Muster mittlerweile auch an anderen iranischen Orten nachgeahmt werden. Fantasievolle Garten- und Tiermotive aber auch Medaillons und Figuren sind auf den Teppichen abgebildet. Vorlagen dafür stammen aus den verschiedensten Regionen des Iran. Zumeist werden die Teppiche aus einem Flor aus Wolle und Seide hergestellt und mit sehr feinen Perserknoten geknüpft.
Das Zentrum dieser Stadt hatte sich Aaron Goldberg als Ziel seines Terrorangriffes gewählt. Er war in unerreichbarer Höhe für die Luftabwehr der Syrer, Jordanier und auch Iraner geflogen. Er wusste, es ist dies der Flug seines Lebens.
Hunderte Gedanken spukten in seinem Kopf herum. Er sah seine Eltern in Warschau, hörte wie sie sie von der SS ermordet wurden, roch wieder den Gestank des Kanals, in dem er tagelang gehockt hatte und spürte auch wieder den ekligen Geschmack des Rattenblutes im Mund. Die Flucht aus dem Ghetto, immer verbunden mit der Angst, die Deutschen würden sie erwischen. Die Ankunft in Palästina, der Schulbesuch und der Eintritt in die Armee. Der erste Einsatz im Sechstage-Krieg, die brennenden ägyptischen Panzer und Flugzeuge, die verkohlten Leichen der Feinde und auch seiner Landsleute. Der letztendlich triumphale Sieg Mosche Dayans über eine große arabische Übermacht.
Seine Beförderung wegen großer Tapferkeit, die darauffolgende rasche Karriere in der Luftwaffe. Der geplatzte Traum vom glücklichen Familienleben durch einen arabischen Selbstmordattentäter. Seine Frau und seine Tochter tauchten in seinem Kopf auf. Sie nickten ihm freundlich zu und beglückwünschten ihn zu seinem Entschluss. Er machte seinen Frieden mit Gott und bat ihn um Verzeihung. Jahwe sprach nicht dagegen. Eigentlich sagte er überhaupt nichts. Goldberg vermengte in seiner Gedankenwelt die Schergen der SS mit den Mördern in Allahs Namen. Er würde alles tun, um sein Land, sein Israel, zu bewahren. Gleich würde diese schiitische Brut bemerken, wozu ein entschlossener israelischer Oberst fähig sein konnte.
Dann drückte er den Steuerknüppel in Richtung abwärts; Sturzflug! Die zahlreichen Menschen, die sich in und um die heilige Stätte aufhielten, bemerkten die herabschießende F-16 mit dem israelischen Hoheitszeichen zu spät. Die Maschine krachte unter donnerndem Getöse in das höchste Gebäude der Universität.
Ein Flammenmeer breitete sich rapide aus und die Trümmer der F-16 flogen in alle Richtungen und töteten blitzartig zahlreiche Zivilisten, Frauen und Kinder. Die Universität brannte nun auch von innen heraus. Eine mörderische Hitze machte sich breit; vermischte sich mit den Schreien der verwundeten Menschen, die Goldbergs Angriff und auch die herumfliegenden Trümmer der F-16 überlebt hatten.
Jetzt erst begannen die Sirenen in Ghom zu heulen. Viel zu spät. Es konnte nie eruiert werden, warum die iranische Luftabwehr so desaströs versagt hatte. Abschießen hätten sie Goldbergs Maschine zwar nicht können, dazu reichten die Kapazitäten einfach nicht aus. Aber wenigstens beim Sturzflug hätte man es versuchen müssen. Die Verluste in Ghom betrugen 778 Getötete, 1.654 Schwerst- und Schwerverletzte, von denen viele noch knapp an der Schwelle zum Tod standen sowie eine unbekannte Zahl an Leichtverletzten. Auch der Großajatollah und mit ihm der gesamte Lehrkörper der Universität waren unter den Opfern. Die Rettungs- und Sicherheitskräfte waren total überfordert. In der Stadt hatte das Chaos die Regentschaft übernommen.
Tage später fand man im ausgebrannten Cockpit der F-16 die Überreste des Piloten. Der ausgebrannte Schädel Goldbergs sah so aus, als würde er lächeln. Viel mehr als der Schädel und einige skelettierte Fragmente waren nicht geblieben. Seltsamerweise hatte ein altes Schwarz-Weiß Bild alles überstanden. Es zeigte einen kleinen Jungen, zwischen einem Mann und einer Frau. Es war erkennbar ein sehr altes Bild.
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Teheran
Der iranische Staat war total geschockt. Man hatte wohl mit einem israelischen Angriff gerechnet. Allerdings auf die Atomaufbereitungsanlagen. Die hatten die Iraner sicher und sorgfältig unter die Erde verlegt. Aber auf die Heilige Stadt? Das geistige Zentrum des Landes und der grenzübergreifenden Schia?
Der Märtyrertod – so nannten sie es – des Großajatollahs und der anderen legte das Land für kurze Zeit lahm. Dann meldete sich der iranische Präsident via TV zu Wort. Man werde diesen terroristischen Akt des Erzfeindes nicht ungerächt hinnehmen. Die Juden und die hinter ihnen stehenden Amerikaner würden blutig dafür bezahlen müssen. Der Iran und seine Menschen wären mutig, stark und gut gerüstet, um mit allen Feinden fertig zu werden. Der Präsident verkündete als erste iranische Reaktion die sofortige Sperre der Straße von Hormus für alle Schiffe mit israelischen, amerikanischen und britischen Flaggen und gleichzeitig auch die Generalmobilmachung. Er rief alle jungen Männer auf, sich an dem kommenden heiligen Krieg zu beteiligen. Allah selbst würde die iranische Fahne mitsamt den Gläubigen bis nach Jerusalem tragen versprach er und alle Juden vernichten. Die Rede des Präsidenten wirkte wie Opium auf die Menschen. Hunderttausende zogen durch die Straßen der Städte, brüllten „Tod den Juden! Tod den Amerikanern“ und stürmten die Rekrutierungsstellen. Der Andrang war so groß, dass man administrativ gar nicht damit nachkam, alle Kampfbereiten zu erfassen. Der Iran bereitete sich auf einen totalen Krieg vor. Die Ausbildungslager der Armee quollen über. Die Armee des Iran umfasste nach dem Appell des Präsidenten in etwa 2,5 Millionen Soldaten, dazu noch entsprechendes modernes Material. Ein durchaus ernstzunehmender Gegner für jede andere Macht.
Wie schon erwähnt: die Straße von Hormus war für andere Mächte aber einfach zu wichtig. Eine Sperre durch die iranische Flotte und mit Seeminen würde niemand akzeptieren. Speziell nicht die größten Energieverbraucher wie die USA, Westeuropa, Großbritannien und Japan. Die Straße ist das wichtigste Nadelöhr für den Ölexport. Etwa 40 Prozent des Weltölverbrauchs passiert jährlich diese Route.
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