Zeit der Drachen. Josef Hahn
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Zeit der Drachen - Josef Hahn страница 9
„Rein militärisch sind wir leider noch nicht bereit, den Juden Parole zu bieten“, knurrte der Chef des Generalstabes. "Zwar haben wir mehr opferbereite und mutige Kämpfer wie der Feind, aber es würde uns einen ungeheuren Blutzoll kosten, in Israel einzumarschieren. Wenn uns das überhaupt gelänge.“
„Ungeheurer Blutzoll? Das wären doch Märtyrer, im Namen Allahs! Sie würden alle strahlend ins Dschanna9 einziehen.“
„Das ist wohl richtig, aber es garantiert uns keinen Sieg, hier auf der Erde!“
Der Präsident schwieg betroffen. Insgeheim stimmte er dem Generalstabschef zu; leider, wie er sich eingestand. „Welche Möglichkeiten bleiben uns dann?“, wandte er sich an die Runde.
„Ich hätte da eine Idee“, schaltete sich Abu Alawi, der Leiter des VEVAK ein. Wie immer sprach er mit leiser emotionsloser Stimme und immer so, als wäre er an dem, was er sagte, überhaupt nicht interessiert. Doch das täuschte. Alawi war bekannt dafür, dass er ebenso emotionslos Gegner des Regimes foltern und hinrichten ließ. Der VEVAK deckte das komplette Spektrum nachrichtendienstlicher Tätigkeiten ab, von Spionage über Staatsschutzaufgaben bis hin zur psychologischen Kriegsvorbereitung bei der einheimischen Bevölkerung und auch verdeckten Operationen im In- und Ausland. Sein größter Gegenspieler war der israelische Mossad. Beide Seiten wendeten die gleichen Methoden an und schenkten sich gegenseitig nichts. Ertappte Agenten wurden nach gründlicher Folter in die jeweiligen Paradiese geschickt.
„Nun rede, Bruder. Was können wir tun?“
Salawi nahm einen Schluck vom Tee und legte seine Hände zusammen. „Wenn wir schon militärisch nicht vorgehen können, dann bleibt uns nur die List“, begann er. „Drei Möglichkeiten erkenne ich, dank Allahs Inspiration.“
„Welche?“
„Wir könnten die Russen bitten, uns in der Straße von Hormus mit ihrer Flotte zu unterstützen. Das sollte unweigerlich zur direkten Konfrontation zwischen den Ungläubigen führen. Nur profitieren können wir davon, wenn sie sich gegenseitig die Schädel einschlagen. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Transporte der Ungläubigen mit so hohen Gebühren zu belegen, dass sich die Energiekosten in ihren Ländern bedeutend erhöhen und es so letztendlich zu einer Energiekrise kommt, die wir für unsere Pläne ausnützen würden. So könnten wir es eventuell schaffen, dass die Amerikaner die Juden nicht mehr unterstützen. Ihnen ist das Öl sicher wichtiger, als alles andere. Dann könnte unsere Armee den Krieg nach Israel tragen.“
Alle nickten dazu. Ein schlauer Fuchs ist er schon, unser Geheimdienstchef, dachten sie sich. Einzig der Präsident schien von Salawis Plänen nicht so ganz überzeugt.
„Schön und gut! Aber unser Volk will schnelle Rache. Keine Vorhaben, die sich wahrscheinlich über Monate, wenn nicht über Jahre hinziehen. Wie lautet dein dritter Vorschlag?“
„Mein dritter Vorschlag?“, Salawi lächelte süffisant. „Die Abgeordneten der Knesset vergiften!“
„Waaas? Wie willst du das denn anstellen?“
„Wenn es gelingt, in die Wasserzuleitung des Parlaments einzudringen und das Wasser mit einem tödlichen Zusatz zu versehen, sehe ich da kein Problem. Soweit ich weiß, hat ja unser Bruder in Syrien genügend entsprechendes Material für so ein Vorhaben zur Verfügung! Einigen entschlossenen und gläubigen Männer würde Allah auch gewiss zur Seite stehen!“
Die Anwesenden waren von Salawis Vorschlag begeistert. „Eine hervorragende Idee, exzellent!“, lobte der Präsident. „So könnten wir mit unserer ersten Gegenmaßnahme beginnen, in Allahs Namen. Auch die Idee mit Russland ist verfolgungswert. Noch heute werde ich mit dem russischen Präsidenten Kontakt aufnehmen. Hast du schon jemand Bestimmten für die Operation Knesset im Auge, Bruder?“
„Ja! Einen ehemaligen Palästinenser, glühend vor Hass und Rachsucht auf die Juden. Früher hieß er Ibrahim Gossarah, wir haben ihm den Namen Gamal der Löwe gegeben. Er wird nicht versagen!“
Der Generalstabschef mischte sich ein. „Wir könnten ein Täuschungsmanöver inszenieren und am Golan mehr Truppen konzentrieren und die Beschießung der jüdischen Dörfer intensivieren. So hat es der Löwe vielleicht bei seiner Operation leichter, wenn die Juden abgelenkt werden?“
Wieder nickten sie alle.
„Gut“, beendete der Präsident die Krisensitzung. „So werden wir vorgehen. Und nun, meine Brüder, gehen wir ans Werk. Allah ist auf unserer Seite. Dessen bin ich mir sicher!“
●●●
Wasser
Ibrahim Gossarah oder, wie er sich jetzt nannte, Gamal der Löwe war über den Auftrag, den ihm Salawi erteilt hatte, hellauf begeistert. Alles würde er tun, um sich an den Mördern seiner Eltern und der anderen zu rächen. Er war sich auch bewusst, dass es nicht einfach sein würde, in das Wassersystem Jerusalems einzudringen, das todbringende Gift dort hinein zu leeren und wieder unentdeckt zu verschwinden. Sollte es aber Allahs Wille sein, dann würde es ihm das Leben kosten. Er wäre dann eben ein weiterer Märtyrer. Das, was er schon in Blackburn sein wollte. Ausführlich informierte er sich über die in Teheran vorhandenen Giftstoffe. Welches davon wirkt in auch in kleineren Mengen schon unbedingt tödlich? Nach gründlicher und langer Rücksprache mit einem der führenden Chemiker im Labor entschied sich für Rizin. Eine wasserlösliche Substanz, geruch- und geschmacklos, aber absolut tödlich. Gegen eine Vergiftung mit Rizin gibt es kein Gegenmittel. Bereits eine Menge von 0,5 mg Rizin für eine Person mit einem Körpergewicht von 70 kg wirkt tödlich.
Bei einer Rizin Vergiftung tritt nach ca. 4 bis 8 Stunden hohes Fieber, Brechdurchfall und Husten auf. Dem Brechdurchfall liegt eine hämorrhagische Gastroenteritis zu Grunde, bei der es sich um eine Schleimhautentzündung des Magens und des Dünndarms handelt, die auch mit Blutungen einhergeht. Zusätzlich treten als Symptome Koliken, also krampfartige Schmerzen, und eine allgemeine Schwäche auf. In der Folge ist der Körper geschwächt, der Betroffene verfällt ins Koma oder erleidet einen Kollaps. Der baldige Tod tritt als Folge eines allgemeinen Organ- und Kreislaufversagens ein.
Der Löwe schmunzelte. Er stellte sich schon vor, wie sich die Abgeordneten der Knesset vor Krämpfen und Schmerzen winden um kurz darauf das Zeitliche zu segnen. Ein Gefühl, das ihm jetzt schon allergrößte Befriedigung verschaffte. Zu klären war allerdings noch das Problem, in welcher Form er das Rizin nach Jerusalem schmuggeln würde und wie er überhaupt in das Land hineinkäme.
„Das, mein Bruder, werden wir perfekt lösen“, versprach ihm Alawi, der Chef des VEVAK.
●●●
Jerusalem
Der Flughafen Ben-Gurion nahe der Stadt Lod ist der größte Flughafen des Landes und gilt als einer der sichersten der Welt. Die Kontrollen sind besonders streng. Ein kleiner blau-weißer Zettel ist die Eintrittskarte ins Heilige Land. Statt eines Stempelabdrucks im Pass erhalten Touristen am Ben-Gurion-Flughafen in Israel ein Stück Papier. "State Of Israel – Boarder Control" steht darauf. Den Zettel gibt es inklusive Barcode, dem eingescannten Foto aus dem Reisepass und Passnummer. Erst damit öffnet sich das Drehkreuz zum Ankunftsbereich des Flughafens.
Die