Der Fluch der Steine. Alfred Bekker

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Der Fluch der Steine - Alfred Bekker

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du mußt lernen, sie zu beherrschen!" Aber ich war mir nicht sicher, ob das wirklich der richtige Weg für mich war, denn schon allein der Gedanke daran, ein Ereignis aus der Zukunft zu sehen, jagte mir eisige Schauer über den Rücken. Die Vorstellung, daß mein Leben vielleicht teilweise vorherbestimmt war, fand ich entsetzlich.

      "Dinge, die man beherrscht, machen einem keine Angst mehr, Dana!" hörte ich Margaret sagen.

      Ich hatte ein Gefühl der Beklemmung, das mich so schnell nicht mehr loslassen sollte. Ich rieb mir unwillkürlich mit der Hand über den Hals und fühlte eine Gänsehaut, so als hätte eiskaltes Metall mich berührt.

      *

      Am nächsten Abend fand ich mich in John Jennings ehemaliger Fabrikhalle ein, in der sich jetzt seine luxuriöse Künstler-Residenz befand.

      Ich war mir zunächst etwas unsicher darüber, was ich anziehen sollte und hatte mich schließlich für ein elegantes lindgrünes Kleid entschieden. Es stellte sich heraus, daß

      das keineswegs zu vornehm war.

      Ein wohlorganisierter Party-Service schien alles fest im Griff zu haben. Ich fand mich in einem salonartig

      eingerichteten Raum wieder und bekam von der Bedienung einen Drink. Überall standen kleine Gruppen von Männern und Frauen zusammen und unterhielten sich. Viele schienen sich untereinander zu kennen.

      Die Stimmung war ausgelassen.

      Eine Blondine mit einem sehr avantgardistisch wirkenden Kleid lachte so schrill, daß sich die Umstehenden zu ihr umdrehten.

      Ich nippte an meinem Glas und stand im nächsten Moment Jennings' Sekretärin gegenüber. Elizabeth Norman schien etwas überrascht zu sein, mich hier zu sehen, aber sie hatte ihre Gesichtszüge schnell wieder unter Kontrolle und lächelte geschäftsmäßig.

      "Oh, Sie sind auch hier?" fragte sie.

      "Ja, John hat mich eingeladen. Wo ist er übrigens?" Miss Norman überhörte meine Frage geflissentlich und erwiderte mit hochgezogenen Augenbrauen: "Sie dürfen ihn also schon John nennen! Alle Achtung!"

      Ihr Ton schwankte zwischen Verletztheit und Ironie. Ihr Sektglas war leer.

      Vielleicht war dessen Inhalt dafür verantwortlich, daß die sonst so kühle und geschäftsmäßig wirkende Elizabeth Norman sich im Augenblick nicht hundertprozentig unter Kontrolle zu haben schien...

      Elizabeth kam etwas näher zu mir heran. Ich konnte ihr Parfum riechen, von dem sie für meinen Geschmack entschieden zuviel aufgetragen hatte.

      "Ich durfte ihn erst nach drei Monaten John nennen", flüsterte sie mir dann zu und kicherte. "Wie Sie sehen, sind Sie auf dem besten Weg, sein Vertrauen zu erwerben, Miss McGraw."

      Und dann war sie auch schon davon gerauscht. Das Rascheln ihres Kleides verlor sich im Stimmengewirr. Sie drehte sich noch einmal kurz zu mir um und zeigte mir einen maskenhaften Gesichtsausdruck, bevor sie dann von anderen Gästen in ein Gespräch verwickelt wurde.

      Ich fragte mich noch, was dieser Auftritt wohl zu bedeuten hatte, da hörte ich in meinem Rücken eine Männerstimme, die mir sehr vertraut vorkam.

      Wäre da nicht dieser französische Akzent gewesen...

      "Nehmen Sie es ihr nicht übel, Mademoiselle! So weit ich weiß, waren Mademoiselle Norman und Monsieur Jennings früher einmal liiert. Aber, mon dieux, ein Mann wie John Jennings hat natürlich nur eine wahre Geliebte in seinem Leben. Die Kunst."

      Ich drehte mich herum, während er sprach und blickte in zwei warme dunkle Augen, die in der Mitte eines

      feingeschnittenen, leicht kantigen Gesichtes saßen. Das volle dunkle Haar trug er kurz. Ich erkannte diesen

      hochgewachsenen, breitschultrigen Mann, dessen Alter irgendwo zwischen 40 und 45 liegen mochte, sofort wieder.

      Doch noch ehe auch nur ein einziger Ton über meine Lippen gekommen war, hatte er meine Hand genommen und stellte sich als Guy de Laforet, Kunsthändler aus Paris vor.

      Unsere Blicke verschmolzen für einen Moment miteinander. Er hatte meine Hand noch immer nicht losgelassen und drückte sie zärtlich. Ein charmantes, unnachahmliches Lächeln umspielte seine Lippen.

      Natürlich war dieser Mann nicht ein französischer Kunstsammler namens Guy de Laforet. Doch obwohl ich ihn sogar liebte, hätte ich nicht sagen können, wer er wirklich war. Ich hatte ihn als Ashton Taylor kennengelernt, einen Ex-Geheimagenten und Ex-Schmuggler mit dubioser Vergangenheit, der sich in London als Privatdetektiv niedergelassen und auf Fälle mit okkultistischem Hintergrund spezialisiert hatte. Aber als wir gemeinsam in Südfrankreich den mysteriösen Mordfall eines französischen Schauspielers aufklärten, wurde offenbar, daß sein Leben als Ashton Taylor nicht das einzige zu sein schien, das er führte...

      "Darf ich erfahren, mit wem ich das Vergnügen habe, Mademoiselle?" fragte er dann.

      Ich atmete tief durch. Aber ich machte die Maskerade mit, schließlich hatte mein Gegenüber mit Sicherheit einen triftigen Grund dafür.

      "Dana McGraw, LONDON CHRONICLE", murmelte ich.

      "Ich wußte gar nicht, daß dies eine öffentliche Veranstaltung ist, zu der auch die Presse geladen wurde... Darf ich Sie Dana nennen?"

      "Werden Sie immer so rasch vertraulich?" neckte ich ihn.

      "Es gibt Menschen, bei denen man von vorn herein das Gefühl hat, sie schon lange zu kennen", erwiderte Ashton schmunzelnd.

      Der Klang seiner Stimme übte wieder jenen unverwechselbaren Zauber auf mich aus, den ich schon bei unserer ersten Begegnung empfunden hatte.

      Ich war nach wie vor in ihn verliebt, auch wenn wir uns ziemlich selten sahen. Manchmal sah oder hörte ich monatelang nichts von Ashton. Er war wie ein geheimnisvolles Phantom, das plötzlich auftauchte und ebenso plötzlich auch wieder verschwand.

      "Sie sagten, daß Sie Kunst sammeln, Guy - so darf ich Sie doch nennen?"

      "Aber sicher!"

      "Was halten Sie von John Jennings - als Künstler, meine ich. Über sein Privatleben scheinen Sie ja recht gut informiert zu sein."

      "Ich habe einige Dinge von ihm in meiner Sammlung", erklärte er. "Wissen Sie, ich bin Privatmann und versuche auf diese Weise Geld, das ansonsten nur auf irgendwelchen Konten herumliegen würde, einem guten Zweck zuzuführen - der Kunst!" Ashton spielte seine Rolle perfekt.

      Ich mußte ihm insgeheim ein Kompliment machen. Allerdings fragte ich mich natürlich auch, was ihn wohl in Wirklichkeit in dieses Haus geführt hatte. Irgendein Auftrag, das stand fest. Seit jemand, der Ashton sehr nahegestanden hatte, in die Fänge einer obskuren Sekte geraten war, engagierte er sich besonders in Fällen, die mit Okkultismus, Magie und ähnlichem zu tun hatten. Aber die Tatsache allein, daß John Jennings an die Macht des Übersinnlichen glaubte, war für sich genommen wohl kein hinreichender Grund für Ashton, um im Dunstkreis des Künstlers zu ermitteln.

      "Ich mache eine Reportage über Jennings", erklärte ich Ashton. "Oder vielmehr: Ich versuche es. Er scheint ein sehr scheuer Mann zu sein."

      "Ich weiß", nickte er. "Dennoch wünsche ich Ihnen viel Erfolg

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