Der Wüstensklave. J. D. Möckli
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»Entschuldige, es hat mich nur überrascht, wie genau du Bescheid weißt. Also: Was hast du geträumt, dass du Angst hast, mich damit zu verletzen?« Er grinst seinen Liebsten schief an und hofft, dass dieser keine genauere Erklärung für sein Verhalten haben will.
Doch er hat Glück, denn Yari ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er sich über die Reaktion seines Shariks wundern würde. »Na ja, bis jetzt war ja alles, woran ich mich erinnert habe, relativ harmlos. Etwas tanzen, trinken und so Sachen eben. Du weißt schon.« Erst, als Kai nickt, spricht er nach einem tiefen Atemzug weiter. »Heute war es aber mehr. Ich habe mich daran erinnert, wie ich mit einem Mann in ein Nebenzimmer verschwunden bin, und dann haben wir uns gegenseitig mit den Händen und er mich auch noch mit dem Mund befriedigt.« Die letzten Worte sind nur noch undeutlich zu verstehen, weil er sich die Faust an die Lippen presst.
Kai weiß nicht, ob er erleichtert sein soll, dass Yari vor seiner Versklavung schon Erfahrungen gesammelt hat, oder ob er jetzt doch eifersüchtig auf den Unbekannten ist. Trotz seiner widerstreitenden Gefühle greift er ruhig nach Yaris Faust und zieht sie sanft zu sich heran. »Was hast du denn gefühlt, als du dich daran erinnert hast? Oder anders gefragt: Weißt du schon, wie du dich damals gefühlt hast?« Beruhigend streichelt er die immer noch geballte Faust, während er darauf wartet, dass Yari weiterredet.
Erstaunt, dass Kai offenbar wirklich nicht sauer oder enttäuscht ist, weil er mit einem anderen all das gemacht hat, was er ihm zu größten Teilen immer noch verweigert, braucht Yari ziemlich lange, bis er die Fragen ehrlich beantworten kann: »Damals hat es sich gut angefühlt, obwohl ich den Mann gerade erst getroffen hatte. Er war ein klassischer One-Night-Stand, auch wenn wir nicht bis zum Äußersten gegangen sind … denn mein richtiges erstes Mal wollte ich damals schon mit einer Person erleben, für die ich echte Gefühle empfinde.« Bitter lacht Yari kurz auf. »Ich war so naiv und nein, ich weiß noch nicht, mit wem ich dann das erste Mal richtig geschlafen habe.« Einen Moment schweigt Yari. »Was ich heute Nacht gefühlt habe? Ich bin immer noch verwirrt und irgendwie würde ich mich am liebsten unter die heiße Dusche stellen, bis der Ekel nachlässt – aber was bringt es jetzt noch? Das ist vor langer Zeit und … freiwillig passiert.«
Dem Blick seines Shariks ausweichend, sieht Yari auf ihre ineinander verschlungenen Hände. Er fühlt sich noch nicht dazu bereit, sich Kais Enttäuschung zu stellen.
Kais Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Gern würde er etwas sagen, nur weiß er beim besten Willen nicht was. Er spürt jedoch deutlich, dass er irgendetwas tun muss, deshalb handelt er rein instinktiv und hebt lächelnd Yaris Kinn. Er beugt sich zu ihm vor, bis er fast seine Lippen berührt. Mit all der Liebe, die er fühlt, sieht er in die verwirrten himmelblauen Augen seines Freundes. »Ich freue mich, dass du es mir erzählt hast.« Mit diesen Worten überbrückt er die letzten Zentimeter und legt seinen Mund hauchzart auf Yaris.
Als er sich wieder von ihm löst, lässt er seine Hand in dessen Nacken gleiten, wo er ihn sanft krault. »Weißt du, es freut mich, dass der Missbrauch von diesen Mistkerlen nicht deine erste sexuelle Erfahrung gewesen ist.«
Yari kann kaum glauben, was er da hört. »Du bist also nicht sauer, weil ich mit einem Fremden intim geworden bin und dich jetzt immer wieder von mir wegstoße, wenn du mich berühren willst, während du dich in meinen Armen selbst befriedigst?« Unsicher sieht er Kai an, der immer noch lächelnd den Kopf schüttelt.
»Ich bin nicht sauer. Dir ist in den letzten Jahren so viel angetan worden, da wäre es ein Wunder, wenn du dich immer noch so verhalten würdest, wie damals, als du siebzehn Jahre alt warst. Irgendwann wirst du sicher auch dafür bereit sein, mich anzufassen oder dich von mir befriedigen zu lassen, nur darfst du dich zu nichts zwingen, sondern musst dir die Zeit lassen, die du brauchst. Ich bin schon so glücklich über das, was du mir in den letzten Tagen und Wochen geschenkt hast.«
Weil Yari nun wie erstarrt scheint, zieht ihn Kai in eine lockere Umarmung.
Auf einmal weicht jede Anspannung aus seinem Liebsten. Aufschluchzend schlingt Yari seine Arme um Kai und lässt sich einfach nur fallen. So vieles hat sich in den letzten Tagen in ihm angestaut, als die Erinnerungen anfingen zurückzukehren. Zwar hat er ab und zu Halt bei seinem Sharik gesucht, wenn er vollkommen überfordert war, aber wirklich etwas gesagt hat er nie und Kai war so rücksichtsvoll, trotz seiner Neugier nie nachzufragen.
Es dauert eine ganze Weile, bis Yari sich wieder einigermaßen gefangen hat. »Entschuldige, aber irgendwie war das jetzt ein bisschen viel auf einmal.« Schief lächelt er Kai an, der ihn voller Verständnis ansieht und ihm die Strähne aus dem Gesicht streicht.
»Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist nur logisch, dass du irgendwann zusammenbrichst, wenn du immer alles in dich reinfrisst.«
Verlegen senkt Yari den Blick. »Ich war so unsicher, wie ich mich verhalten soll, aber es tut gut, dass du jetzt Bescheid weißt.« Nun ist es Yari, der seine Hände auf Kais Wangen legt und ihm einen zarten Kuss auf die Lippen haucht, ehe er ihn zittrig anlächelt. »Ich …«
Ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. »Du musst nichts sagen.« Sanft greift Kai nach Yaris Hand. »Na komm, lass uns wieder ins Bett gehen. Wir haben morgen einen langen und anstrengenden Tag vor uns.«
Als Yari leicht nickt, rutscht Kai vom Tisch. Yari folgt ihm nach einem Moment und kuschelt sich dann im Bett an ihn.
Erst jetzt bemerkt Yari, wie müde er eigentlich ist. Kaum liegt er sicher in Kais Armen, werden ihm die Augenlider immer schwerer und kurz darauf ist er auch schon eingeschlafen.
Ausnahmsweise wacht Kai auf, als die Sonne gerade aufgeht und langsam die Schwärze der Nacht vertreibt. Gähnend setzt er sich und streckt ausgiebig seine Glieder. Zu seiner Überraschung lässt sich Yari davon nicht stören, sondern schläft einfach seelenruhig weiter.
Die Hand schon nach ihm ausstreckend, hält Kai inne und zieht sie dann zurück, hat er doch erst vorgestern die Erfahrung machen dürfen, dass Yari ziemlich heftig reagieren kann, wenn man ihn aufweckt. Das will er weder sich noch seinem Liebsten noch mal antun.
Möglichst leise steigt Kai deshalb aus dem Bett und schnappt sich seine Kleidung, ehe er auf Zehenspitzen aus dem Zimmer schleicht.
Im Bad geht Kai erst mal heiß duschen. Seufzend lässt er das Wasser über seinen Körper fließen und greift nach der Seife. Seit er sich in Yaris Armen selbst befriedigt, fühlt er sich viel entspannter und auch der Druck in seinem Inneren ist auf ein erträgliches Maß zurückgegangen. Dabei ist ihm zuvor gar nicht bewusst gewesen, unter was für einer Anspannung er gestanden hatte.
Als Kai aus der Wanne steigt, wickelt er sich in das große Badetuch und stellt sich vors Waschbecken. Sich im Spiegel lächelnd ansehend, fährt er nun mit seinen Fingerspitzen über den Knutschfleck, der gestern Abend von Yari ein wenig aufgefrischt worden ist. Obwohl die Verfärbung gar keine Chance hat zu verblassen, wurde die Stelle doch in den letzten beiden Wochen beinahe jeden Tag von seinem Liebsten mit den Lippen bearbeitet.
Nachdem er sich wieder angezogen hat, geht Kai zurück ins Schlafzimmer, wo sich Yari gerade verschlafen aufsetzt und ihn verwirrt ansieht.
Über den seltenen Anblick schmunzelnd legt Kai seine Schlafshorts in den Wäschekorb, ehe er zu seinem Liebsten geht und ihm einen sanften Kuss auf die Lippen haucht. »Guten Morgen. Lass dir Zeit zum Wachwerden, ich gebe den Pferden schon mal ihr Heu und dann kannst du ja den Rest übernehmen, wenn du geduscht hast.«
Ihm über die Wange streichelnd steht Kai lächelnd auf und geht, mit einem letzten liebevollen Blick, aus dem Zimmer, um wie versprochen die Pferde