Koppelgeschichten - von und mit Pferd. Gabi Lohmann
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Okay, den Sattel durch die Gegend tragen war das eine, aber mit einem zusätzlichen Gewicht, der das Teil noch fester auf meine Nieren drückte – das ging gar nicht.
Ich bockte, was das Zeug hielt und es war eine Wohltat, als der Mensch endlich meinen Rücken verließ. Sofort stellte ich das Bocken ein und schaute, was aus dem Menschen geworden war. Er hockte fluchend im schönen weichen Sand und ich fürchte, zu dieser Zeit war ‚Mistvieh‘ wirklich mein Name!
Der Menschen-Mann – ich weigere mich, ihn ‚meinen‘ Menschen zu nennen – gab nicht auf. Er versuchte es noch ein paar Mal. Aber meine Ausdauer war größer! Dieser Mensch auf meinem Rücken tat weh, also musste er wieder da runter.
Als der Mensch das letzte Mal meinen Rücken verließ, blieb er im Sand liegen.
Ich habe ihn nie wieder gesehen – und das auch nie bereut! Am nächsten Tag schon kam die Box auf Rädern und brachte mich zurück zu meinen Kumpels Lassdas und Fresssack.
„Wie ist es gelaufen?“, fragte Lassdas interessiert.
Doch ich war nicht in der Stimmung, darüber zu berichten. War es vielleicht ein Fehler gewesen, meine Ausbildung abzubrechen? Dort hatte ich einen eigenen Menschen gehabt. Doch ‚mein‘ Mensch war es nicht gewesen. Und irgendwo musste der noch auf mich warten. Außerdem - Rinder zu jagen war nun echt nicht mein Ding!
Also hing ich weiter mit Lassdas und Fresssack herum.
Eines vermisste ich immer noch schmerzlich: einen eigenen Menschen.
Lassdas versuchte mich aufzumuntern. „Eines Tages wirst Du auch einen eigenen Menschen haben. Vielleicht sogar einen ganz jungen, den Du Dir selbst ausbilden kannst!“
„Ja“, mischte sich Fresssack ein. „Die ganz Jungen sind die besten, die haben noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Mit ganz viel Glück bekommst Du sogar ein Weibchen. Die sollen besonders einfach im Umgang sein, habe ich gehört.“
Fresssacks Menschen-Frau war auch wirklich nett. Sie erkannte, dass ich mich auf der Weide langweilte. Eines Tages kam sie mit einem Tuch und ließ es fallen. Ich schnupperte daran und wurde daraufhin gelobt und mit Leckerlis überschüttet. Ich stutzte. Für bloßes neugieriges Schnuppern so eine Belohnung? Da musste noch mehr zu holen sein. Prüfend nahm ich das Teil zwischen die Zähne – Fresssacks Menschen-Frau kriegte sich vor Begeisterung schier nicht mehr ein. Sie lief zum Weidezaun, um noch mehr Möhren zu holen. Ich folgte ihr mit dem Tuch zwischen den Zähnen. Wie gern tauschte ich das Teil gegen eine Schüssel voller Möhren!
Und das war dann unser neues Spiel: Fresssacks Menschen-Frau lief über die Weide und ‚verlor‘ irgendwo ihr Tuch. Ich lief es suchen und tauschte es dann bei ihr gegen Möhren. Mit der Zeit wurden ihre Verstecke immer raffinierter, aber ich habe das Tuch IMMER gefunden!
Schade, dass dies schon Fresssacks Menschen-Frau war. Ich mochte sie sehr gern!
Dann kam Fresssacks Menschen-Frau eines Nachmittags und holte mich. Sie brachte mich zu dem Platz, an dem Fresssack und Lassdas immer gesattelt wurden.
Dort stand ein Mensch und wartete auf uns. Seiner Größe und der kurzen Mähne nach zu urteilen, ein männliches Exemplar.
Wir musterten und gegenseitig. Mein erster Eindruck war sehr positiv: korrektes Gebäude, klare Beine und wacher Blick.
Möglichst unauffällig schnüffelte ich an ihm. Er roch nach anderen Kollegen, nach gutem Futter und frischem Heu. Doch vor allem roch er nach DRINNEN. Da fehlte völlig der Geruch von regennassem Pferdefell oder Morast.
Stattdessen roch ich frisches Stroh!
Ich versuchte, mich von meiner besten Seite zu zeigen. Was gar nicht so einfach war. Bei der Unterbringung in einem offenen Stall ist es schwierig, ein gepflegtes Äußeres zu behalten. Ich tat zwar, was ich konnte - ich trug sogar jeden Tag sorgfältig eine neue Sandschicht auf - aber meine Mähne wollte einfach nicht so stehen, wie sie sollte.
Der Menschen-Mann brachte mich auf den Platz, wo Lassdas und Fresssack immer ihre Menschen dressierten.
Ich hoffte inständig, dass nicht wieder so ein riesiges Leder-Dings auf meinen Rücken geschnallt wurde!
Doch was war das? Der Menschen-Mann bog mit ein paar Holzstangen um die Ecke.
Wozu die wohl gut sein sollten? Interessiert beobachtete ich, wie die Holzstangen aufeinandergestapelt wurden.
Der Menschen-Mann machte einige aufmunternde Laute und brav begann ich, auf dem Platz herumzutraben.
Ich war so damit beschäftigt, einen möglichst guten Eindruck zu machen, dass ich die Holzstangen völlig vergessen hatte. Bis sie auf einmal direkt vor meiner Nase auftauchten.
Zum Bremsen war es viel zu spät, also nahm ich all meinen Mut zusammen, sortierte kurz meine Beine und sprang darüber.
Sofort begann der Menschen-Mann, lobende Geräusche von sich zu geben. Anscheinend war es genau das, was von mir erwartet wurde!
Ich war so stolz auf meine Leistung, dass ich gleich noch eine Runde drehte und wieder über die Holzstangen sprang.
DAS war also Springen!!! Herrlich! Was für ein Spaß!
Meine Entscheidung war gefallen: Dieser Menschen-Mann war der Richtige für mich. Das sollte MEIN Mensch werden. Und er sollte mit mir Springen! Mit ihm wollte ich unbedingt mit!
Und mein Wunsch ging in Erfüllung! Schon einige Tage später – ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben – stand die Box auf Rädern an unserem Stall.
Wie groß war meine Freude, als der geliebte Menschen-Mann aus dem Auto stieg. Ein bisschen traurig verabschiedete ich mich von Fresssack und Lassdas, aber ich schaute voller Freude in meine Zukunft!
Wir waren angekommen. Der Menschen-Mann, die anderen Menschen nannten ihn Philipp, brachte mich in ein Gebäude, das so ähnlich aussah, wie Mamas und mein erstes Zuhause. Hier gab es keine Wiese mit Unterstand. Stattdessen gab es eine Reihe von Einzimmer-Appartments, von denen alle bis auf eines bewohnt waren.
Meine erste eigene Wohnung. Kein Wind, kein Regen. Weit und breit kein Wetter! Als i-Tüpfelchen wurde ich dann auch noch in eine mollig warme Decke gewickelt. War das herrlich. Erstmal hinlegen und ein Nickerchen machen.
Die Zeit mit meinem Menschen war toll. Die ersten Tage vergingen wie im Flug. Ich war hauptsächlich mit seiner Grundausbildung beschäftigt. Ich habe ihm beigebracht, welche Körperstellen besonderer Pflege bedürfen, wie ich meine Mähne am liebsten trage und welches Futter ich bevorzuge.
Er hat auch sehr schnell gelernt, sich an eine lange Leine nehmen zu lassen und stillzustehen, während ich im Kreis um ihn herumlaufe. Es kam mir fast vor, als würde er das alles nicht zum ersten Mal tun. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es immer so weitergehen können.
Der einzige Wehmutstropfen: Mein Menschen-Mann gehörte mir nicht allein. Ich musste ihn mit einigen anderen Kollegen teilen.
Eines Tages kam der Mensch-Mann mit einem seltsamen Leder-Dings an. Gut, es war nicht ganz so riesig und unförmig, wie das letzte, aber Leder-Dings bleibt Leder-Dings. Und es kam, wie es kommen musste: Das Leder-Dings wurde auf meinen Rücken geschnallt. Wobei ich