Mördertränen: Thriller. Alfred Bekker
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mördertränen: Thriller - Alfred Bekker страница 6
„Ganz in Ihrer Nähe hat es einen Mordanschlag gegeben. Ein Mara 13-Mann wurde bei seinem Tätowierer erschossen. Die Kollegen der City Police sind bereits dort.“
„Schon unterwegs!“, versprach ich.
Dann bekam ich eine Nachricht auf meinem Zweithandy.
Eine Nachricht von Valentina.
>Ich hoffe, die Sache geht voran<, stand da.
6
Mein Kollege Jaden Hecker sah sich unterdessen bei dem Friseursalon von Norman Echeveria um. Seltsam war, dass auf dem „For Sale“-Schild kein Hinweis zu sehen war, an wen man sich denn wenden konnte, wenn man tatsächlich an dem Laden interessiert war. Nicht einmal eine Telefonnummer war angegeben.
Dann ging Jaden in die Türnische. Dafür, dass die Tür mit Holz vernagelt war, konnte es eigentlich nur eine vernünftige Erklärung geben: Die Tür ließ sich nicht mehr schließen. Vielleicht deswegen, weil es einen Einbruch gegeben hatte. Jedenfalls war es unmöglich, einen Blick ins Innere zu werfen. Weder durch die Ritzen zwischen den einzelnen Holzplatten noch durch die engen Schlitze zwischen den Vorhängen war das möglich.
Eine ältere Frau mit einer Einkaufstasche blieb stehen. Sie war klein und zierlich. Das Haar war – passend zu ihrem dunklen Teint – sicherlich einmal blauschwarz gewesen, doch jetzt war es grau durchwirkt. Sie war schätzungsweise zwischen Mitte sechzig und Mitte siebzig und starrte Jaden mit großen Augen an, als hätte sie einen Geist vor sich.
Jaden deutete auf Echeverias Laden.
„Wissen Sie seit wann hier geschlossen ist?“, fragte er.
„No comprendo, senor!“
Jaden war sich ziemlich sicher, dass die Frau aus der näheren Umgebung stammte, und dass sie Norman Echeverias Friseursalon eigentlich kennen müsste. Vermutlich war sie sogar mit ihm persönlich bekannt.
„Mister Norman Echeveria – wo?“, fragte Jaden.
„No se habla inglés!“, behauptete die Frau.
Jadens Blick fiel auf eine zusammengerollte Zeitschrift, die aus ihrer Tasche herausragte. Es war deutlich erkennbar, dass die Überschriften in englischer Sprache verfasst waren. Die Frau hatte einfach Angst, mit jemandem zu sprechen. Sie sah zur Seite. Ein Mann, Ende zwanzig näherte sich. Er hatte die Ärmel seines Kapuzenshirts hochgeschoben. 'MS-13' hatte er sich in verschnörkelten Fraktur-Lettern tätowieren lassen. Auf dem anderen Arm stand die Aufschlüsselung dieser Abkürzung in kleineren Buchstaben: 'Mara Salvatrucha 13'.
„Problemas?“, fragte der Tätowierte.
„Nada“, murmelte die Frau und nutzte die Gelegenheit, sich davon zu machen.
Der Tätowierte kam auf Jaden zu. Er verschränkte dabei die gut trainierten Arme vor der Brust. Drei Tränen gab es auf seiner linke Wange – fein säuberlich in schwarz auftätowiert. Das Innere war mit blutroter Farbe ausgefüllt.
„Verlaufen?“, fragte er dann.
Jaden nahm seinen Dienstausweis hervor. „Anscheinend bin ich hier genau richtig“, antwortete er.
Der Tätowierte zuckte unwillkürlich zusammen. Er schien zu erwägen, einfach wegzulaufen. Die Anspannung seiner Muskulatur war deutlich zu sehen. Für den Bruchteil eines Augenblicks schien nur noch nicht entschieden zu sein, ob er Jaden vorher noch einen Faustschlag versetzen wollte. Aber dann besann er sich eines Besseren.
Er atmete tief durch und verzog das Gesicht, so als wollte er damit sagen: Was habt ihr hier schon zu suchen? Dies ist unser Gebiet.
„Hier war bis vor kurzem ein Friseursalon“, sagte Jaden.
Der junge Mann zuckte die Schultern. „Die Zeiten ändern sich und die Straße auch.“
„Ich dachte, Sie hätten vielleicht was davon gehört an wen man sich wenden kann, wenn man den Laden kaufen will!“
„Hör zu, ich habe es nicht gerne, wenn man hier herumschnüffelt! Ob du jetzt ein G-man bist oder nicht, interessiert mich dabei nicht, hast du mich verstanden?“
„Ist leider mein Job“, sagte Jaden.
Ein Cabriolet blieb stehen. Am Steuer saß ein Kerl mit einer Baseballmütze und Spiegelbrille. Der Tätowierte setzte sich plötzlich in Bewegung und rannte mit wenigen, weiten Schritten auf den Wagen zu, schwang sich hinein und der Fahrer des Cabriolets trat daraufhin das Gaspedal durch. Einen Augenblick später bog er mit quietschenden Reifen in die nächste Seitenstraße.
*
ALS ICH JADEN WENIG später wieder abholte, erzählte er mir von dem, was er erlebt hatte. „Am Liebsten hätte ich den Kerl mit in eine Gewahrsamszelle unseres Field Office genommen!“, machte er seinem Ärger Luft.
Ich grinste. „Warum hast du es nicht getan? Der Fond des Dodge ist zwar ziemlich eng – aber mehr Beinfreiheit hat man während eines Fluges in der Economy Class oft auch nicht!“
„Ich hätte keinen Grund gehabt. Hässliche Tätowierungen sind leider nicht strafbar - und mein subjektives Gefühl, dass die alte Frau Angst vor ihm hatte, dürfte wohl kaum einen Richter überzeugen.“
„Jaden, es ist immer dasselbe. Verbreitung von Furcht ist die wichtigste Methode des organisierten Verbrechens. Da ist diese Mara Salvatrucha oder MS-13 oder wie immer sie sich auch nennen mag, nicht anders als die Cosa Nostra oder die Triaden in Chinatown.“
Die Adresse, die Mr Kellerman uns angegeben hatte, war von den Kollegen der City Police weiträumig abgesperrt worden. Aber nachdem ich das Seitenfenster herabgelassen und meine ID-Card vorgezeigt hatte, ließ man uns weiter vorfahren. Ich stellte den Dodge neben einen Van, der die Kennzeichnung der Scientific Research Division trug. Dieser in der Bronx angesiedelte zentrale Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeieinheiten wurde auch von uns häufig angefordert, obwohl unser Field Office daneben noch seinen eigenen Erkennungsdienst inklusive Labors unterhielt.
Wo der Tatort war, konnte sofort erkennen. Das zur Straße ausgerichtete Fenster des Tattoo-Studio war zerschossen. Barranquez – stand in großen Neonbuchstaben über dem Fenster. Die Buchstaben flackerten auf, obwohl es eigentlich noch viel zu früh war, die Anlage einzuschalten.
Zwei uniformierte Kollegen der City Police trugen gerade den Zinksarg mit dem erschossenen Mara 13-Gangster hinaus. Dr. Brent Heinz, ein Gerichtsmediziner