Final Game. Valuta Tomas
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Misstrauisch dreht sich Jean langsam um und entfernt sich einige Schritte. Ihre Augen verweilen währenddessen auf ihrer Mutter. Sie macht sich Sorgen.
»Jean ist groß geworden. Und hübsch.« Precious' Stimme holt sich Sams Aufmerksamkeit, krabbelt aber gleichzeitig unangenehm deren Wirbelsäule entlang. Sam wendet sich ihr wieder zu.
Precious‘ Augen verweilen auf ihrer Schwester.
»Weiß sie, dass es mich gibt?« Bevor Sam auch nur die Lippen auseinandernehmen kann um zu antworten, kommt Precious ihr zuvor. Sie nimmt die verschränkten Arme von der Brust und stemmt die Hände in die Hüften. Schreckhaft strauchelt Sam einen Schritt zurück. Precious hat sogar Neves Brustform bekommen. Alles an dieser Frau ist Neve. Alles. Selbst diese Polizeimarke die an einer Kette über ihrer Brust hängt und bis jetzt versteckt war.
Sam weiß nicht wie sie mit dieser Erkenntnis umgehen soll. Sie spürt ihr Herz hämmern und den Kreislauf rasen. Alles steht Kopf. Ihre Augen starren auf die Polizeimarke und verraten ihr, dass Precious es schon bis zum Detective geschafft hat. So wie ihre Mutter … .
»Lass mich raten, Samantha«, reißt Precious Sam an sich.
»Natürlich weiß sie es nicht. Sie weiß nicht, dass ich ihre Schwester bin. Sie weiß nicht«, eine nickende Bewegung zu Damon folgt »dass Damon ihr Bruder ist, richtig? Das hast du wieder toll gemacht, Samantha.« Precious' Stimme bekommt einen merkwürdigen Unterton. Sie macht einen Schritt auf Sam zu. Ihre Augen liegen brennend auf der älteren Frau. Weshalb nennt sie ihre Mutter immer Samantha? Weshalb nicht Sam? Weshalb nicht Mum?
»Nein, alles was dich interessiert und was für dich von Belang ist, ist dein eigenes erbärmliches Leben.« Was? Wie redet Precious mit ihrer Mutter?
»Nach dem Tod meiner Mutter und deiner Flucht - deiner feigen Flucht, sind die Five Dogs zerbrochen. Sie haben sich zerschlagen und existieren nicht mehr. Du hast keine Ahnung wie sehr alle unter diesem Verlust gelitten haben. Wie sie sich alle verloren haben und nichts mehr von ihnen übriggeblieben ist. Laura und Jessica haben sich scheiden lassen. Unser Vater lebt mittlerweile auf der Straße und lässt sich nicht helfen. Jill ist ausgewandert. Jessica ist die Einzige die dieser ganzen Situation die Stirn bietet und für meine Mutter da ist. Sie opfert sich noch heute auf und kümmert sich um uns. Aber auch sie konnte Damon und mich nicht davon abhalten, das weiterzuführen, was ihr begonnen habt. Damon und ich werden San Francisco für uns einnehmen und kontrollieren. Wir werden größer und mächtiger sein, als ihr es je wart. Niemand wird uns aufhalten können. Und das alles haben wir nur dir zu verdanken. Dir und deiner feigen Flucht. Mum hatte mit ihren letzten Worten dir gegenüber Recht. Du bist ein verdammter Egoist. Denn für dich geht das Leben unbescholten weiter, während du uns mit unseren Schmerzen und unserer Trauer alleine gelassen hast. Du bist einfach abgehauen und hast nur an dich gedacht.« Precious macht einen großen Schritt auf Sam zu und blickt ihr direkt in die Augen. Scharf, brennend und voller Hass.
»Du hast Mum nicht beschützt, Samantha! Wolltest du diesen Fehler bei Jean und mir tatsächlich wiedergutmachen? Hast du allen Ernstes geglaubt, dass du mit deiner Flucht alles ungeschehen hättest machen können? Genau deshalb bin ich damals von dir abgehauen. Ich wollte nicht so feige sein wie du und alle alleine lassen. Ich wollte hier sein und meine Mutter auf ihrem letzten Weg begleiten. Etwas was deine Aufgabe gewesen wäre. Aber du hast wie immer nur an dich gedacht.«
Precious geht auf Sam zu und steht ihr dicht gegenüber.
»Und genau aus diesem Grund gebe ich dir einen gut gemeinten Rat. Verschwinde! Verschwinde und komme nie wieder hierher. Lass meiner Mutter ihren Frieden. Solltest du dich nicht daran halten, Samantha, werde ich dich töten und Jean zwingen sich das anzusehen.«
Jedes einzelne Wort von Precious ist für Sam wie ein Schwerthieb. Jedes einzelne Wort zerfetzt ihre Seele. Jedes einzelne Wort zerfrisst ihr ganzes Sein. Jedes einzelne Wort tötet Sam mehr und mehr.
Wie eine leblose Hülle steht Sam regungslos vor Precious und Damon, schaut sie an und erinnert sich an jeden einzelnen Tag mit ihnen. Wie die beiden ihr Leben bereichert haben. Wie sie von ihnen gelernt hat. Wie sie sie geliebt hat. Wie sie alles für diese beiden Kinder tat. Sie hätte ihr Leben für die Kinder gegeben. Aber das Leben hatte einen anderen Plan. Einen, der Sam hier nun stehen lässt. Einen, der Sam Precious dabei beobachten lässt, wie die bildhübsche Frau an ihr vorbei zu Jean geht. Sams trommelndes Herz lässt sie einfach nur agieren. Ihre Augen verfolgen Precious, die bei ihrer Schwester ankommt und sie von oben bis unten regelrecht mustert. Jean betrachtet sie skeptisch aus dem Augenwinkel. Sie kennt diese Person nicht und von daher ist ihr diese Situation sichtlich unangenehm.
Precious bleibt neben Jean stehen und neigt den Kopf.
»Weißt du wer ich bin?« Jean blickt zur Seite und schaut Precious fragend an.
»Sie versteht dich nicht. Sie spricht nur spanisch«, erklärt Sam ihrer Tochter. Oder dieser Frau, die sie einmal Tochter nennen durfte.
»Dann übersetze«, raunt Precious und behält Jean im Auge. Sam schweigt. Warum sollte sie auch übersetzen? Weil Precious sich das in den Kopf gesetzt hat? Nach den Worten, die den Mund dieser jungen Frau verlassen haben, soll Sam ihr tatsächlich einen Gefallen tun? Wie viel hat Precious von ihrer Mutter bloß mitbekommen?
Weil Sam kein Wort spricht, greift sich Precious an den Rücken. Langsam holt sie dort ihre Waffe aus dem Holster. Ganz die Mutter.
»Übersetze«, warnt sie Sam ein weiteres Mal und belässt die Waffe an der Seite des Oberschenkels. Gesichert, aber geladen. Sams Augen weiten sich auf Grund dessen. Was soll das? Will Precious Jean umbringen? Will sie ihre eigene Schwester umbringen? Ist diese Frau wahnsinnig?
Jean ist die Handlung der unbekannten Frau nicht entgangen. Etwas verängstigt blickt sie zwischen der Waffe und ihrer Mutter hin und her. Sie kann sehen, dass Sam mit ihrer eigenen Angst kämpft. Angst, weil sie nicht weiß, was Precious mit dieser verdammten Waffe vorhat.
»Jean, esto es Precious. Ella quiere hacerle unas cuantas preguntas y voy a traducir.« Auch wenn Jean nicht weiß, weshalb ihre Mutter irgendwelche Fragen dieser fremden Person übersetzen soll, stimmt sie ihrer Mutter nickend zu.
Sam braucht noch ein paar Sekunden, bis sie Precious' Frage übersetzt und diese Jean stellt. Ihre Tochter schaut Precious an und schüttelt den Kopf.
»No«, antwortet sie zurückhaltend.
»Deine Mutter hat dir nie von mir erzählt?« Zähneknirschend fixiert Sam Precious.
»Su madre nunca le ha hablado de mí?« Ein fragender Blick zu Sam wird getan, bis Jean erneut mit einem kurzen »No« antwortet.
»Du weißt also nicht, dass ich deine Schwester bin?« Verwirrt schaut Jean Precious an, kaum dass Sam die Frage übersetzt. Ihr Blick wandert blitzschnell an Precious rauf und runter, bis er zu Sam gleitet.
»Mamá, ¿qué quiere decir?«
»Was hat sie gesagt?«, bohrt Precious sofort nach, bevor die Frage im Nirwana landet. Sam schnaubt. Sie kann nicht glauben was hier im Augenblick passiert.
»Sie hat mich gefragt, was du damit meinst.«
»Du weißt nicht, dass Damon dein Bruder ist?« Precious zeigt zu dem Mann nach hinten, der sich bis jetzt in all das nicht einmischt. Er bleibt, ebenso wie sein