Final Game. Valuta Tomas
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Jeans Augen wandern fragend zu dem farbigen Mann.
»Mamá, ¿por qué dice eso?« Sam macht einen Schritt in Precious' Richtung, als die in ihre Hosentasche greift. Als sie allerdings ein Handy in der Hand ihrer Tochter sehen kann, beruhigt sich ihr nervös flatterndes Herz.
Precious hält Jean das Handy direkt vor die Augen.
»Das ist dein Vater, Matt. Er ist mein Vater und der Vater von Damon.« Precious zeigt flüchtig nach hinten. Verwirrt blickt Jean auf das Handy, während Sam bei jedem übersetzten Wort immer schlechter wird. Zögernd nimmt Jean das Handy in die Hand und blickt auf das Display. Regungslos betrachtet sie das Bild ihres Vaters und schaut danach Precious an. Sie sucht in dem Gesicht ihrer Schwester Ähnlichkeiten. Ähnlichkeiten mit dem Mann auf dem Foto. Auch Damon betrachtet sie eingehend. Ihr Blick gleitet zu ihrer Mutter. Sie zeigt ihr das Handy.
»Mamá, ella está diciendo la verdad? Es esta mi padre?« Sams Zähne beginnen zu knirschen. Sie will diese Frage nicht beantworten. Jean sollte nie erfahren wer ist Vater ist. Sie sollte einfach aus einer stürmischen Nacht entstanden sein, mehr nicht. Es gab keinen Vater in Jeans Leben. Es sollte ihn nie geben. Niemals!
»Mamá«, fordert Jean ihre Mutter auf, ihr endlich zu antworten. Mit brennendem Blick schaut Sam zu Precious hinüber. Sie nickt. Das sollte nicht passieren. Jean sollte einfach im Glauben leben, dass es keinen Vater gibt, basta. Das wäre für sie einfach am besten gewesen. Für sie und Sam.
Fassungslos schaut Jean ihre Mutter an. Nach fast achtzehn Jahren erfährt sie, dass sie einen Vater hat? Was zur Hölle soll das?
»Warum hast du mir nie von ihm erzählt?«, übersetzt Sam Jeans Frage, bevor sie diese in spanischen Worten beantwortet.
»Weil deine Mutter feige ist. Erbärmlich und feige«, grunzt Precious wütend. Ihr Blick ruht auf Sam, die diese Worte nur widerwillig übersetzt.
»Deine Mutter hat meine Mutter geliebt. Sie war ihr ganzes Leben. Sie war alles für sie.« Precious zeigt zu Neves Grab. Jean folgt ihrer Hand.
»Meine Mutter hat dich ebenso geliebt wie mich und dich fast zwei Jahre mit aufgezogen. Du kannst dich nicht an sie erinnern, du kennst sie nicht. Aber glaube mir, sie war der gütigste Mensch den ich je kennenlernen durfte.« Ein flüchtiger Blick zu Sam wird getan, die jedes einzelne Wort übersetzt. Sie wandelt die Worte einfach nur noch um, ohne über dessen Bedeutung nachzudenken. Sie wirft Jean Worte um die Ohren, die die junge Frau kaum glauben kann. Allerdings spürt sie selbst, dass sie mit jedem Wort mehr und mehr an ihre geliebte Frau erinnert wird. Ihre Gefühle erwachen allmählich wieder zu neuem Leben, weil sie diese mit jedem Wort über Neve ganz langsam aufweckt.
»Meine Mutter ist vor sechszehn Jahren gestorben und deine Mutter hatte nichts besseres zu tun, als abzuhauen. Sie hat mir erst nach Tagen erzählt, dass meine Mum tot ist, weil sie mit uns beiden vor dieser Situation floh. Sie entriss mich, ohne mich zu fragen, meiner eigenen Mutter.« Precious' bohrender Blick reißt ein schmerzhaftes Loch in Sams Herz, die noch immer jedes Wort übersetzt. Sie kann sehen, dass sie Jean in einen Schock versetzt, den sie niemals erfahren sollte. Bis heute ist Jean gut behütet aufgewachsen. Nie musste sie irgendwelches Leid erfahren. Sie wuchs in einer regelrechten Blase auf. Diese bekommt nun aber Risse. Risse für die Precious verantwortlich ist. Oder doch eher Sam?
Die Polizistin blickt zu Sam hinüber. Sie kann an ihrem Gesicht ablesen, dass es in der Südländerin arbeitet. Dass ihr bewusst wird, was sie damals getan hat. Aus dieser Sicht hat Sam die Situation noch nie betrachtet.
»Mit deiner scheiß Flucht hast du mir alles genommen, Samantha! Du hast mein Leben zerstört! Es ist nur fair, wenn ich nun dein Leben zerstöre«, wispert Precious scharf. Ehe Sam überhaupt reagieren kann, packt Precious Jean mit aller Gewalt in den Nacken, drückt sie herunter und richtet plötzlich ihre Waffe gegen den Kopf ihrer Schwester. Entsichert und mit dem Finger am Abzug.
»Jean!«, kreischt Sam ängstlich. Sie macht einen Schritt auf ihre Tochter zu, bis Precious sie voller Hass anschaut.
»Bewege dich auch nur noch einen Zentimeter und Jean ist tot«, versprüht Precious ihr Gift. Wer ist das? Wer zur Hölle ist diese Frau?
»Mamá«, wimmert Jean unter Precious Griff.
»Precious! Höre auf! Ich flehe dich an! Bitte höre auf!« Sam stehen die Tränen bis zum Hals. Sie kann nicht fassen was sie sieht. Niemals hätte sie geglaubt, dass Precious zu so etwas im Stande ist. Was ist nur aus diesem liebevollem Kind von damals geworden? Wo ist das zuckersüße Mädchen hin? Das Kind, das jubelnd und mit rudernden Armen voller Tatendrang durch das Haus rannte und dabei wie eine Sirene quietschte. Wo ist dieses Kind nur geblieben?
»Ist dir überhaupt bewusst was du damals angerichtet hast, Samantha?«, brüllt Precious wütend.
»Precious, bitte … .« Weinend sinkt Sam auf die Knie. Die Augen behält sie bei ihrer Tochter, die sich noch nicht einmal traut zu atmen. Precious' Waffe liegt noch immer auf ihrem Hinterkopf. Vor lauter Angst beginnt auch sie nun zu weinen.
Was ist nur aus dem Besuch am Grab geworden?
»Matt hat Neve verloren. Matt hat dich verloren. Er hat seine Tochter Jean verloren. Ebenso wie Laura und Jessica, hat unser Vater alles verloren. Mit dem Tod meiner Mutter und deiner scheiß verfickten Flucht hast du alles zerstört, was uns zusammengehalten hätte. Wir hätten es ohne meine Mutter geschafft. Aber du verdammtes egoistisches Arschloch hast nur an deinen Arsch gedacht und hast dich verpisst. Nur weil du mit dem Tod meiner Mutter nicht zurechtgekommen bist.«
»Precious, bitte … ich flehe dich wirklich an, lass Jean in Ruhe. Sie kann doch nichts dafür. Sie hat mit alldem nichts zu tun.« Precious fixiert Sam scharf. Sie wechselt den Blick zwischen ihrer Schwester und der Frau, die sie einmal Mutter nannte.
»Du hast Recht, Samantha. Jean kann nichts dafür. Sie verurteile ich auch nicht, sondern dich.« Blitzschnell nimmt Precious die Waffe von Jeans Kopf, richtet diese auf Sam und drückt ab … .
***
Schreiend schießt Sam im Bett hoch. Verängstigt schlägt sie sich eine Hand auf den Mund, um ihren Schrei zu unterdrücken, legt sich die andere Hand auf ihr rasendes Herz und blickt gleichzeitig zur angelehnten Zimmertür.
Precious wollte die Nacht in ihrem eigenen Bett schlafen. Sie wollte den Verlust eines Familienmitgliedes mit sich alleine ausmachen. Sam fand es nicht gut und förderlich, aber sie konnte ihre Tochter auch nicht davon abhalten.
Während sie mit Jessica zusammen an Neves Bett wachte, rief Laura irgendwann an und teilte ihr mit, dass Marley gestorben sei. Sie wäre zu Sam und Neve nach Hause gefahren um mit dem alten Mann Gassi zu gehen, als sie ihn auf seinem Platz liegend tot vorfand. Er wäre wohl schon vor einigen Stunden von ihnen gegangen.
Sam war in diesem Moment ihren Gefühlen hilflos ausgeliefert. Sie fing zu weinen an, weil der doofe Kerl einfach so gegangen ist und sich noch nicht einmal verabschiedete. Dieser verdammte Mistkerl, der ihr immer die Kleidung versaute, wenn er wieder verstecken spielen wollte. Dieser blöde Köter, der seine Familie mit allen Mitteln verteidigte und sich nur zu gerne vor seine kleinen Frauchen stellte um sie zu beschützen. Diese Töle, die Neve so viele Jahre begleitet hat. Marley hat sie alle einfach alleine gelassen.
Auch wenn sie gerne bei ihrer Frau geblieben wäre, fuhr sie natürlich nach Hause und kümmerte sich um die Kinder. Sie schaffte es kaum Precious zu beruhigen. Sie weinte schon fast genauso herzzerreißend, wie als sie die Nachricht von der OP ihrer