Final Game. Valuta Tomas

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Final Game - Valuta Tomas Five Dogs

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gab und sie ihre Schwester war. Sie weiß nur, dass ihre Mutter einmal im Jahr nach San Francisco fliegt, dort für ein paar Minuten an einem Grab steht, auf dem der Name Eden Stewart-Sanchez geschrieben steht und dann wieder nach Hause zurückkehrt. Bis heute fragt sie immer wieder wer diese Stewart-Sanchez war. Sie musste ihrer Mutter viel bedeutet haben, wenn sie jedes Jahr diesen Weg auf sich nimmt. Sam schweigt aber. Sie schweigt und taucht nach dem Besuch am Grab wieder in ihre eigene Welt und in ihre neue Identität ab. Jean blieb Jean, aber Sam wurde zu Asella Molina. Asella das kleine Eselchen. Das kleine Eselchen das nie etwas richtig machte.

      Als Bedienung in einem Restaurant in Puerto Williams sichert Sam ihrer Tochter und sich das Überleben. Auf ihrer Flucht hob sie nur ein einziges Mal eine beachtliche Summe von ihrem Konto ab. Es sollte ihr lediglich den Start in ein neues Leben vereinfachen. Sonst verlor sich ihre Spur und ihr altes Leben. Niemals nahm sie je Kontakt mit einem der anderen Hunde auf. Niemals! Niemand sollte wissen wo sie war, wer sie war und warum sie war … . Warum sie überhaupt noch lebte. Diese Frage stellt sie sich jeden Tag selbst, bis sie Jean sieht. Bis sie Jeans Augen und Lippen sieht. Bis sie Jeans Duft riecht. Alles Dinge die Neve so sehr … .

      Nachdem die Flucht vor ihrem eigenen Leben ein Ende fand und sie ihrem Versprechen nachging, beruhigte sich alles etwas. Sam fand Zeit sich um sich selbst zu kümmern. Sie sah sich im Spiegel an und sah eine Frau, die nur einen Grund hatte noch zu existieren. Jean. Aber sobald ihre Tochter die Volljährigkeit erreicht hat, müsste Jean ohne ihre Mutter auskommen. Sam weiß, dass Jean stark genug dafür ist. Diese Stärke hat sie von ihr. Aber sie selbst verlor auf der Flucht ihre Stärke. Es war nichts mehr von Samantha Rodriguez übrig. Diese Frau ist gestorben … ist zusammen mit Neve gestorben. Samantha Rodriguez ist gestorben, es existiert nur noch Asella Molina. Und Asella Molina sah sich im Spiegel und ekelte sich vor sich selbst. Das was sie sah, widerte sie bis ins Mark an. Diese Frau im Spiegel sollte nicht mehr sein – nicht mehr so sein, wie sie hier ankam.

      Sam wusste, dass es ein Klischee war, aber sie wusste auch, dass sie einen neuen Anfang benötigte. Denn das was sie im Spiegel sah, war ihr altes Leben. Ein Leben das nicht mehr existierte. Ein Leben das sie nicht mehr wollte und von sich streifte. Denn dieses Leben ohne Neve war in ihren Augen nicht mehr lebenswert. Also schnitt sie sich kurzerhand die Haare ab. Jean war damals noch zu klein, um ihre Meinung zu dem umstylen abzugeben und gab sich bei ihrer Mutter mit einem Frisch-aus-dem-Bett-gestürzt Lock voll und ganz zufrieden. Ihr war es gleichgültig.

      Aber im Laufe der Jahre wuchs nicht nur Jeans Körper, sondern auch ihr Verstand. Zuerst fragte sie, weshalb ihre Mommy niemanden hätte, den sie liebhaben könnte. Dann wurden die Fragen deutlicher und Jean fragte nach einem Partner oder einer Partnerin für ihre Mutter. Und nach dieser Phase, faselte sie etwas davon, dass ihre Mutter einfach mal wieder flachgelegt werden müsste.

      Bis zum heutigen Tag hat Sam nie jemanden an sich herangelassen. Weder mental noch körperlich. Sie ließ sich auf ein oder zwei nette Gespräche ein, aber sobald sie einen Annäherungsversuch witterte, zog sie sich zurück. Niemand sollte ihr zu nahekommen. Sam wollte keine Beziehung. Sie wollte niemanden … niemals und zu keiner Zeit in der sie atmete. Die Einzige die sie wollte war Neve … . Neve war der Mensch den sie wollte. Neve und sonst niemanden.

       So wie sie ihre Frau auch heute noch will … heute an ihrem Todestag.

      Jeans Hand auf ihrer Schulter zu spüren, gibt Sam auch heute wieder einmal die Stärke, um den Besuch am Grab zu überstehen.

      Sams schimmernde Augen blicken auf den Grabstein. Wie jedes Jahr kann sie wegen den Tränen den Namen kaum entziffern. Sie weiß aber wessen Name dort steht. Einer der dort niemals stehen sollte. Ihr Name sollte dort stehen und nicht Neves. Nicht Neves.

      Wie jedes Jahr hockt Sam vor dem Grab und ist froh darüber, dass dieses Grab mit Hingabe gepflegt wird. Man sieht es. Kein Unkraut wächst in der Nähe des Grabsteins. Kein Kalkfleck befindet sich auf dem teuren Marmor. Kein Dreck, kein Blatt, kein Ungeziefer. Das Grab sieht wie neu aus. Sam weiß wer das Grab pflegt. Jessica. Nur sie wird die nötige Kraft dafür haben, um Neve zu besuchen, ohne gleich den Verstand zu verlieren. Jessica, sonst niemand.

      »Mama, como hemos observado alguien. ¿Quién es?« Jeans flüsternde Stimme reißt Sam aus ihren Gefühlen. Die Hand ihrer Tochter drückt sich vorsichtig in ihre Schulter. Langsam dreht sich Sam um. Benommen schaut sie hinter sich. Hitze steigt in ihr auf. Röte ziert ihr Gesicht. Das Herz beginnt wild zu schlagen.

      Zaghaft nimmt Sam Jeans Hand und küsst sie flüchtig, während ihre Augen auf zwei farbigen Personen verweilen, die mehrere Meter entfernt von den beiden auf dem Friedhof stehen. Sie kann nicht glauben was sie sieht. Das ist unmöglich. Das ist absolut unmöglich … .

      »Espérame aquí.« Sams Stimme ist kaum zu vernehmen. Sie ist Tränenuntersetzt.

      Nur langsam wagt sich Sam auf den Weg zu den beiden Personen. Sie traut ihren Augen noch immer nicht.

      Ein paar Meter vor den beiden Personen bleibt sie stehen. Mit Tränen in den Augen, blickt sie zwischen dem Mann und der jungen Frau hin und her, bis sie bei dieser bildhübschen Frau stehen bleibt.

      »Precious«, haucht Sam wie hypnotisiert. Sie kann es nicht glauben. Ihre Augen tasten jeden Zentimeter von dem Gesicht dieser jungen Frau ab, die so schmerzlich große Ähnlichkeit mit ihrer Mutter hat. Die Gesichtszüge haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr in Neves verwandelt. Selbst Precious' Figur ähnelt ihrer Mutter. Das einzige was sie von ihrer Mutter unterscheidet ist die Haut- und Haarfarbe. Aber sonst könnte man glatt meinen, dass dort Neve steht. Neve in ihrer ganzen Präsenz. Selbst die, vor der Brust, verschränkten Arme geben ihr Bestes, um diesem Bild den richtigen Ausdruck zu geben.

      Mit ausgestreckten Händen, um sie zu berühren, geht Sam zwei Schritte auf die junge Frau zu. Diese macht allerdings diese zwei Schritte zurück und weicht Sam somit aus. Den Blick den sie der Südländerin zuwirft, könnte von ihrer Mutter sein. Er ist mit so viel Wut und Hass gefüllt, dass sich Sam vor diesem Blick fast zu Tode erschrickt. Precious' ganzes Gesicht drückt pure Verachtung ihr gegenüber aus. Was ist passiert, dass Precious ihr plötzlich diese Gefühle entgegenbringt? Hat Sam sie etwa alleine gelassen? Hat sie nicht lange und intensiv genug nach ihr gesucht? Was hat Sam damals falsch gemacht, dass Precious nun lebendig, aber mit diesem blinden Hass ihr gegenübersteht? Was ist geschehen?

      »Keine Sorge, Samantha. Du bist zur Abwechslung mal nicht verantwortlich. Ich bin aus freien Stücken vor dir geflüchtet und per Anhalter zurück nach San Francisco gekommen. Du glaubst gar nicht, wie viele freundliche LKW Fahrer ein kleines hilfloses Kind mitnehmen, das auf Knopfdruck ein paar Tränchen vergießen kann.« Geschockt starrt Sam ihre Tochter an. Precious ist was? Das kleine Kind ist … ?

      Der Mann neben Precious lehnt sich zu ihr und flüstert ihr etwas ins Ohr. Sams Augen fallen währenddessen auf dessen muskulösen Hals. An der Seite prangt eine Tätowierung. Zwei Waffen die sich überkreuzen. Sam schaut den Mann genauer an und kann nicht glauben was sie sieht.

      »Damon?«, haucht sie entgeistert. Der Mann, der dort neben ihrer Tochter steht und das Abbild seines Vaters ist und der alleine durch seine kräftige Statur schon fast A.J.s Zwillingsbruder sein könnte, ist Damon? Der kleine Junge mit der Mathelernschwäche?

      Damon blickt zu Sam zurück. Auch sein Blick drückt pure Verachtung aus. Was ist nur in die beiden Kinder gefahren, dass sie Sam diesen Missmut entgegenbringen?

      Precious blickt an Sam vorbei nach hinten. Ein Geräusch holt die ältere Frau aus ihrer Fassungslosigkeit. Jean steht nur wenige Schritte hinter ihr. Verunsichert schaut sie zwischen allen Erwachsenen hin und her.

      »Mama, todo está bien con usted?« Jean spürt, dass an dieser Konstellation etwas nicht stimmt.

      Sam

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