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Читать онлайн книгу - страница 12
»Aua aua, ich sterbe«, jault Damon gespielt theatralisch und hält sich den Arm. Grinsend blickt er in die Runde. Jessica und Laura haben Dylan in seinem Kinderstuhl auf der gegenüberliegenden Seite soweit zu sich in die Mitte geschoben, dass es nicht auffällt, dass neben dem kleinen Hosenscheißer eigentlich sein großer Bruder sitzt, die Ordnung aber wegen einer fehlenden Person umdisponiert wurde. Matt und Jill haben sich im Laufe des Abends dazugesellt und nehmen die Plätze am Tischende und Anfang ein.
»So, jetzt geht’s aber mal langsam los hier.« Als wenn er eine Schafherde zusammentreiben würde, klatscht Damon aufscheuchend in die Hände und blickt hungrig über den gedeckten Tisch.
»Lasst uns anfangen, ich habe später noch eine Verabredung.« Bevor aber auch nur eine Hand beginnt in den Schüsseln zu wühlen, hebt Damon sein Glas.
»Auf Neve, die wegen ihrer Faulheit ein wundervolles Abendessen verpasst«, prostet er in die Runde. Die ersten Sekunden bleibt es still. Damon weiß aber, dass er keinen Fehler gemacht hat.
»Auf Neve, deren Cellulitis-Arsch ich gründlich versohlen werde.« Niemand hätte gedacht, dass Sam die Erste ist, die ihrem Patensohn mit dem Prost folgt. Es scheint ihr aber gut zu tun, denn das freche Grinsen auf ihren Lippen wirkt aufrichtig und ehrlich.
»Auf Neve«, folgen die anderen ihrem Beispiel.
Während Sam ihren ersten Schluck Wein zu sich nimmt, blickt sie aus dem Augenwinkel zu Damon hinüber. Der Junge ist so unglaublich groß und erwachsen geworden. In einigen Monaten wird er achtzehn, wirkt aber wie ein fünfundzwanzigjähriger. Er hat sehr viel mitmachen und erleben müssen, trotz dessen, dass alle noch immer versuchen ihn und die anderen Kids aus dem Leben der Hunde rauszuhalten. Zwar weiß Damon was seine Eltern sind und welchen Nebenjob sie haben, dennoch interessiert es ihn keineswegs. Niemals fragt er irgendetwas oder unterstellt ihnen etwas. Er nimmt es einfach hin, ohne es zu verurteilen.
»Damon.« Fragend blickt der Junge zu Sam hinüber. Die streicht sich mit einer Hand über das Kinn und zeigt dann auf das ihres Patenjungen.
»Du hast da was. Ich glaube ein Fussel, oder so.« Kaum verengen sich Damons Augen zu einem giftigen Blick, beginnt Sam schallend zu lachen. Sie weiß, dass der Junge es keineswegs ausstehen kann, wenn man ihn auf seinen Bart anspricht, den er sich voller Stolz und mit großer Mühe wachsen lässt. Das was ihm da aber aus dem Gesicht sprießt hat noch keineswegs Ähnlichkeit mit einem Bart. Es sieht eher aus, wie eine Horde schwarzgefärbter Spinnweben.
Dafür kann er aber mit einem kräftigen Körper punkten. Der dauerhafte Besuch eines Fitneßstudios trug schon früh Früchte. Und als Damon in der Schule dann auch noch feststellte, dass die Mädchen darauf abfahren, war es schwer ihn von den Gewichten loszureißen. Er mutiert mehr und mehr zu einem Mann, der sich tatsächlich sehen lassen kann. Er kommt seinem Vater unfassbar gleich.
Sams Gelächter wandert über den ganzen Tisch und nimmt ihre Freunde fast gefangen. Nach und nach beginnen alle zu lachen, auch wenn es auf Damons Kosten ist. Sie sind froh, dass das Abendessen und das kleine Zusammentreffen nicht so steif ablaufen, wie es eigentlich jeder erwartet hat.
Round 16
Erschrocken schießt Sam hoch. Verschlafen blickt sie um sich. Das Wohnzimmer liegt dunkel vor ihr. Schritte sind zu hören. Sie kommen von oben. Desorientiert schaut sie zuerst in die falsche Richtung und sieht den Flatscreen von Laura und Jessica an der Wand hängen.
Nach dem Abendessen spielte sie noch etwas mit Jean und Dylan, bis sie sich erschöpft auf die Couch setzte. Sie muss eingeschlafen sein, denn das Haus Campbell ist dunkel und still. Bis auf die Geräusche von eben kann Sam nichts hören.
Leise steht sie von der Couch auf und schleicht die Treppe hinauf. Zielsicher steuert sie auf das Kinderzimmer zu. Das Kinderzimmer das in diesem Haus Precious und Jean gehört. Die beiden sind hier ebenso zuhause, wie Damon und Dylan bei Sam und Neve. Jeder kennt jeden Winkel des anderen Hauses und bewegt sich durch und durch vertraut in den vier Wänden. Jedes Haus ist wie ein zweites Zuhause.
Erleichtert blickt Sam zwischen ihren schlafenden Kindern hin und her. Precious auf der rechten, Jean auf der linken Raumseite.
Sie schaut zu Jean ins Bett. Auf dem Rücken liegend und die Hände nah am Gesicht, liegt ihr Kopf auf der rechten Seite. Ihr Mund ist wie immer mit ihrem Lieblingsschnuller gefüllt, der nur hin und wieder wackelt. Verliebt in ihren eigenen Hosenscheißer beugt sich Sam in das Bettchen und streicht ihrer Tochter sanft über den Kopf. Sie weiß, dass sie nicht eine Sekunde ohne den Windelscheißer existieren könnte. Allerdings kann sie das auch ohne Neve nicht.
Alleine dieser Gedanke bringt Sam dazu, zu Precious hinüberzuschauen. Leise wandert sie zur anderen Raumseite und beobachtet die Maus einige Zeit beim Schlafen. Der Zwerg musste schon so vieles in ihrem jungen Leben mitmachen. Wenn sie jetzt auch noch ihre Mutter verlieren sollte, weiß Sam, wird sie den Halt verlieren. Precious würde trotz Sams Fürsorge abstürzen und irgendwo landen, wo sie keiner sehen will. Sam hat also die Aufgabe Precious ebenso vor allem zu schützen, wie sie es ihrer leiblichen Tochter gegenüber verpflichtet ist. Sie weiß nur nicht wo sie die Kraft dafür hernehmen soll.
Irgendwie verzweifelt seufzt Sam, als sie mit einem letzten Blick zu den Kids das Zimmer verlässt.
Jessicas Augen schauen Sam wachsam an, als die junge Frau in das Schlafzimmer ihrer Freundinnen schielt. Sie wollte nur schauen ob sie schlafen. Aber Jessica scheint kurz zuvor die Geräusche verursacht zu haben, die Sam weckten. Denn kaum hat sie einen Laut an der Tür gehört, hob sie den Kopf. Laura, die in ihren Armen vor ihr liegt, geht achtlos ihren Träumen nach.
»Was ist los?«, flüstert Jessica fürsorglich.
»Hat das Krankenhaus angerufen?« Besorgt dreht sie sich soweit zum Nachttisch um wie Laura es ihr ermöglicht und schaut zum Telefon.
»Nein, es ist alles in Ordnung«, flüstert Sam und betritt das Schlafzimmer. Erschöpft setzt sie sich auf die Bettkante. Kraftlos lässt sie den Kopf hängen.
»Danke, dass ihr euch um die Kinder gekümmert habt. Ich muss wohl eingeschlafen sein.« Sams Stimme ist kaum zu vernehmen.
Vorsichtig hebt Jessica Lauras Kopf an und zieht ihren Arm drunter weg. Sie setzt sich aufrechter hin und streicht Sam beruhigend über den Rücken.
»Kann man so sagen«, lacht sie leise.
»Du saßt auf der Couch und bist irgendwann einfach ganz langsam zur Seite gekippt. Wie ein Welpe der im stehen schläft.« Jessicas leises Lachen heitert Sam für einen kurzen Augenblick auf. Wenigstens schafft es die junge Frau noch ihre Freunde bei Laune zu halten, auch wenn es ungewollt ist.
Als wenn sie Kraft tanken will, holt Sam tief Luft. Nervös fährt sie sich mit einer Hand durch die Haare.
»Ich hole die Kids morgen früh ab. Versuche du etwas zu schlafen.« Gerade als Sam aufstehen will, hält Jessica sie fest.
»Du willst doch jetzt nicht etwa nach Hause, oder? Sam, du weißt wo das Gästezimmer ist und du weißt ganz genau, dass du solange bleiben kannst wie du willst. Du brauchst jetzt nicht in das leere Haus. Du würdest da nur durchdrehen und wahrscheinlich deinen Kopf gegen sämtliche Wände schlagen.« Dem letzten Satz gibt Jessica einen lachenden Unterton, damit er nicht ganz so bitter