Uppers End. Birgit Henriette Lutherer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Uppers End - Birgit Henriette Lutherer страница 20

Uppers End - Birgit Henriette Lutherer

Скачать книгу

mit dem Tunichtgut ein, die Dirne mit dem Denunzianten und der Scherge mit dem Killer. Gegen diese Macht kam Hans´ Archetyp schwerlich an. Trotzdem versuchte er es beständig. Hans befand sich fortan in einem unaufhörlichen Kampf zwischen Gut und Böse. Er zerriss den armen Kerl beinahe und hinderte ihn daran einen guten Stand im Leben zu erlangen.“

      „Du Scheusal! Was hast du mit meinem Jungen gemacht?“, fuhr es aus Erhard heraus.

      „Mit dir war doch nichts los“, antwortete Heinrich lakonisch. „Eine einzige Enttäuschung warst du für mich. Ein Neutro-Sein, was konnte ich damit schon anfangen?! Bestimmt nicht als mein Nachfolger.“

      „Lass gut sein Erhard. Ich hab´ Linda versprochen ruhig zu sein. Sei du das bitte auch.“ Zähneknirschend hielt Erhard sich zurück, aber er nahm sich vor, bei nächst bietender Gelegenheit, würde er sich Heinrich vorknöpfen.

      „So Hannah, das muss fürs erste genügen. Ich mach jetzt weiter mit meinem Bericht. Schließlich hat sich da noch einiges zugetragen, was erwähnenswert ist. Die Bekanntschaft mit dem Backofen war ein heilsamer Schock für mich gewesen. Von dem Moment an trank ich jedes Milchfläschchen, das man mir anbot, bis zum letzten Tropfen aus. Ich musste stark werden und ich wollte mich so frei bewegen und so rumlaufen können wie meine Geschwister. Nur, es war nicht so einfach, wie es mir vorgestellt hatte. Ich neigte mal wieder zur Übertreibung. Ich denke, das lag damals an meinem Archetyp. Upper hatte mir ja den Aspekt der hilfreichen Gönnerin gegeben. Das war natürlich in Ordnung, denn dadurch war es mir möglich, sofern meine bis dato erlangten Fähigkeiten es erlaubten, mich selbst zu versorgen. Das machte ich zum Beispiel, indem ich meine Milchfläschchen bis zur Neige austrank. Leider fehlte mir ein Gegenpol dazu. Meine Schattenaspekte waren ja noch gut behütet bei Kanep. Mithin fehlte mir der Knauser, der mein Essverhalten in ein vernünftiges Maß gebracht hätte. Also futterte ich munter drauf los. Zunächst war es Milch, bald darauf Brei und dann endlich, ich muss etwa zehn Monate alt gewesen sein, durfte ich die erste feste Nahrung zu mir nehmen. Wie war das herrlich! Dieses angenehm raue Gefühl groben Weißbrots auf der Zunge zu spüren war ein Erlebnis. Das war schon was anderes, als dieser Breiglibber, der entweder im Mund pappte oder viel zu schnell in meinen Schlund rutschte. Dieses Stückchen Brot war herrlich! Erst trocken, dann nasser, bald breiig, aber angenehmer als Brei es je für mich gewesen war – und dieser Geschmack – einfach fantastisch! Doch das allerbeste sollte noch kommen: Als Hannah bemerkte, wie sehr ich dieses kleine Stückchen Brot genoss, reichte sie mir ein weiteres. Dieses Mal hatte sie es auf einer Seite mit Butter und Leberwurst bestrichen. Nachdem sie es mir vorsichtig in meinen Mund geschoben hatte, erlebte ich geradezu eine Geschmacksexplosion. Dieses Stückchen Brot übertraf das erste um Längen. Es war köstlich! Dieser Geschmack von Brot und Butter und Leberwurst, und das Gefühl, wie sich das gröbere Brot mit dem Belag in meinem Mund vermengte und zu einer cremigen Masse wurde, das war toll. Seit diesem Zeitpunkt wollte ich keine süße Breipampe mehr essen.“

      „Daran erinnere ich mich noch genau“, schmunzelte Hannah. „Du warst damals kaum satt zu kriegen. Du wolltest alles essen, was wir auch aßen. Nach und nach habe ich dich jeweils probieren lassen. Ich glaube, wenige Wochen später, als du etwa ein Jahr alt warst, habe ich dir gar keine Babynahrung mehr gegeben. Es machte keinen Sinn, denn du hast den Brei einfach wieder ausgespuckt. Da konnte ich schimpfen und machen, was ich wollte.“

      „Ja, das Zeug war auch abscheulich. Süße Pampe, igittigitt! Wurst und Brot und Käse und Schinken und natürlich Butter – hmm, das waren die wirklich leckeren Sachen.“ Linda schwärmte immer noch bei dem Gedanken an diese

      Leckereien.

      Hannah erinnerte sich weiter: „Es machte mir Spaß, zuzusehen, wie es dir schmeckte. Ich hielt dir ein Stück frischen Gouda hin, und du hast mit Wonne hineingebissen. Wenn ich dich nicht gebremst hätte, hättest du den ganzen großen Block Käse aufgegessen. Es gab wenig, was du nicht mochtest. Wenn ich es so recht bedenke, war das nur Milchsuppe mit Haferflocken, Makkaroni in Milch gekocht mit Dörrobst und Rübenkraut. Da konntest du richtig wütend werden, wenn das auf den Tisch kam. Aber das waren glücklicherweise die einzigen Dinge, die du damals verschmäht hast. Jedenfalls musste ich mir endlich keine Sorgen mehr machen um dein Gedeihen. Deine Entwicklung ging prächtig voran.“

      „Zu prächtig“, erinnerte sich Linda. „Bald war ich so dick, dass meine Speckrollen mich daran hinderten, mich so zu bewegen, wie ich wollte. Ich weiß noch, wie Ute und Hans mich gehänselt haben. Dicke, fette Fumm haben sie mich genannt und gelacht, wenn ich versucht habe mich am Tisch hochzuziehen, weil ich stehen wollte, es mir aber nicht gelang. Ich wurde fuchsteufelswild, wenn sie das machten. Meine Wut steigerte sich dann ins Unermessliche. Das hatte zur Folge, dass ich noch wütender wurde. Vor lauter Wut lief mein Gesicht rot an. Das nahmen die beiden natürlich zum Anlass, mich noch mehr zu ärgern. Ich hätte platzen können vor Wut. Rote, dicke, fette Pute nannten sie mich und lachten mich aus. Wenn unsere Mutter hinzukam, um nach dem Rechten zu sehen, rettete mich das auch nicht. Sie lachte einfach mit. Ich war stocksauer.“

      „Das sah aber auch zu drollig aus, was du da so gemacht hast.“

      „Drollig?! Ich glaub es hackt! Weißt du, wie das ist, wenn man sich nach Kräften bemüht, trotzdem scheitert und zum guten Schluss auch noch ausgelacht wird? Deine Hilfe hätte ich gebraucht. Ein paar aufbauende Worte hätte ich gebraucht. Deine fürsorgliche Begleitung hätte ich gebraucht – aber ganz bestimmt nicht das! Und genau das habt ihr immer und immer wieder mit mir gemacht. Egal, was ich auch vollbrachte, es war immer nur drollig. Keiner von euch hat jemals meine Leistungen gewürdigt – ganz im Gegenteil! Und wenn ich dann besser war als meine lieben Geschwister, dann war es erst recht nicht gut, denn das durfte auf gar keinen Fall sein. Weißt du noch Hannah, als du versucht hast, Hans den einfachen Dreisatz zu erklären? Ich weiß es noch genau. Hans ging schon fünf Jahre lang zur Schule, ich noch nicht. Ich sollte in einigen Monaten endlich eingeschult werden. Ich freute mich so sehr darauf. Nun ja, Hans brütete über seinen Hausaufgaben. Es wollte ihm nicht gelingen, seine Rechenaufgaben zu lösen. Du kamst ihm zu Hilfe und ich gesellte mich dazu, denn mir war langweilig. Also hörte ich zu: ´Peter hat zwölf Bonbons. Er möchte sie mit seinen beiden Freunden teilen. Wie viel Bonbons bekommt jeder von ihnen? ´. Ich weiß, ich weiß es, rief ich. Du schautest mich an, seufztest und schicktest mich weg. Ich war so stolz, die Lösung zu wissen, aber ich wurde von dir einfach nur missbilligend weggeschickt. Im Weggehen rief ich: vier! Ich ging enttäuscht ins Kinderzimmer und malte ein Bild. Mit Buntstiften malte ich Bäume, Gras, Pilze und mittendrin einen Hirsch. Ich fand das Bild wunderschön. Besonders schön fand ich meinen Hirsch mit dem großen Geweih auf dem Kopf. Als ich fertig war ging ich wieder ins Wohnzimmer. Hans hatte endlich seine Schularbeiten erledigt. Mittlerweile war auch Ute vom Spielen mit ihrer Freundin wieder zurück. Stolz präsentierte ich mein Gemälde. Ich wollte es Mama schenken. Doch statt Lob erntete ich Hohn. Ute und Hans prusteten sofort los, als sie meinen Hirsch sahen. `Wie sieht der denn aus? Hahaha, was hat der denn auf dem Kopf? Sind das Antennen? Nein, wie süß! Kann der die Kinderstunde im Fernsehen empfangen? Hahaha`. Auch du hast mitgelacht, Hannah.“

      „Linda, jetzt stellst du dich aber was sehr an! So schlimm, wie du das machst war das nun auch wieder nicht! Wenn du das erlebt hättest, was man mit mir gemacht hat, dann hättest du Grund dich zu beklagen.“

      „Das ist mal wieder typisch für dich. Immer musst du mich übertrumpfen wollen. Bei dir war immer alles viel schlimmer. Meins war nie schlimm genug, um überhaupt ernst genommen zu werden. Hannah, du hast da was gehörig verwechselt: Du warst meine Mutter und ich das Kind. Es war nicht meine Aufgabe, dich zu bemitleiden, sondern umgekehrt! Deine Aufgabe war

      es für mich zu sorgen und mich zu beschützen – verdammt noch mal!“

      „Was du wieder hast, Linda. Weißt du was, wenn du erst mal …“. Weiter kam Hannah nicht.

      „Fängst du schon wieder so an? Lass es doch einfach sein!“

      Hannah

Скачать книгу