Magisches Kompendium - Kabbalah - Wissen und Weisheit im Sephiroth und Qlippoth. Frater LYSIR
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Muss man jetzt diese Schriften lesen, um die Kabbalah zu verstehen? Nein! Es ist ähnlich der hebräischen Sprache, d. h., es kann dem einzelnen Menschen helfen, diese literarischen Pfeiler „der Kabbalah“ zu lesen. Ich will kurz die einzelnen Bücher skizzieren, sodass man sich zumindest einen Eindruck verschaffen kann:
Tora: Die Tora ist eine Buchrolle, die aus fünf Konventionen besteht. Es ist eine dogmatische Schrift, denn es heißt … „Die Tora ist alles und was in ihr steht, ist Wahrheit, allein die Wahrheit, denn alles, was der Mensch jemals wissen muss, steht in der Tora!“ Nun ja, sicherlich ein sehr hartes Fundament, welchen aber auch den freien Geist unterdrücken kann. Dies merkt man schon daran, dass die rabbinische Tradition sagt, dass die Tora vor ca. 3500 Jahren verfasst wurde, also zu der Zeit, als der Exodus, der Auszug aus Ägypten (Filmklassiker „10. Gebote“, egal ob mit Charlton Heston oder mit Christian Bale als „Mose“) vollzogen wurde.
Dagegen spricht die Altertumsforschung davon, dass die Tora ca. vor 2700 Jahren verfasst wurde, und eine Zusammenfassung verschiedenster Autoren ist, die alle Rabbiner waren. Dagegen spricht die rabbinische Sichtweise, in dem darauf beharrt wird, dass Moses die Tora geschrieben hat. Im Grunde vollkommen irrelevant und als Dogma zu klassifizieren, WER die Tora verfasst hat. Fakt ist, dass bis zur Ausformulierung der Tora, ausschließlich Erzählungen, Phänomene, Gebote, Überlieferungen usw. mündlich von Generation zu Generation weitergegeben wurden, was letztlich dazu führte, dass vieles vergessen bzw. auch verfälscht wurde. Wichtig ist noch das Dogma, dass die Tora exakt 304.805 Buchstaben umfasst. Diese 304.805 Buchstaben dürfen weder verändert werden, noch dürfen Buchstaben fortgelassen oder hinzugesetzt werden.
Talmud: Beim Talmund gibt es verschiedene Versionen. Es gibt den sog. „babylonischen Talmud“, der vor ca. 2500 Jahren entstanden ist, in der Zeit der Zerstörung des salomonischen Tempels, welcher sich im Zweistromland befand – im heutigen Irak. Die andere Version ist der „Talmud Jeruschalmi“, der in seinen Zielsetzungen und Ansprüchen weniger dogmatisch verfasst wurde, wodurch er eine weniger wichtige Rolle bekam. Dieses Werk wurde etwa vor 2200 Jahren vom Rabbi Jochanan verfasst. Wenn jedoch einfach vom „Talmud“ gesprochen wird, ist immer der „babylonische Talmud“ gemeint. Allgemein kann man sagen, dass der Talmud eine Art Diskussion der Mischna ist. Die Mischnah ist eine „Wiederholungssammlung“ der mündlichen Lehre des Judentums und wird in sechs Ordnungen geteilt: Seraim (Saaten), Moed (Festzeiten), Naschim (Ehe und Familienrecht), Nesikin (Beschädigungen, Zivil- und Strafrecht), Kodaschim (heilige Dinge - Tempel und Opferriten) und Toharot (die Reinheitsgebote). Man könnte auch einfach behaupten, dass der Talmud eine „Spielregelinterpretation“ ist. Nebenbei muss man aber auch die Gemarah erwähnen, was eine „satzweise Erklärung“ der Mischnah ist.
Zohar / Sohar: Der Name bedeutet wortwörtlich „Glanz“ und wurde in Aramäisch und zu Teilen auch in Hebräisch verfasst. In diesem Werk sind viele Schriften der jüdischen Mystik vorhanden, wobei die Texte sich auf die biblischen Texte bei den Propheten Ezechiel und Daniel beziehen. Die erste Publikation des Sohar fand „erst“ im 13. Jahrhundert statt, wobei die rabbinische Tradition davon ausgeht, dass der Sohar ca. 100 Jahre nach dem Talmud entstanden ist, also vor ca. 2400 Jahren.
Sepher Jetzirah: Es ist „das Buch der Schöpfung“ bzw. eine antike kosmologische und naturwissenschaftliche Abhandlung, welche sich auf die Elemente der göttlichen Schöpfung der Materie und auf die strukturelle Darstellung und Aufbau dieser Schöpfung bezieht. Das Sepher Jetzirah hat einen sehr speziellen Bezug zum Sephiroth, da es hier um die 10 Sphären und die 22 hebräischen Buchstaben geht. Man geht davon aus, dass dieses Werk im 2. Jahrhundert geschrieben wurde, wobei es auch Meinungen gibt, dass man es 200 Jahre v. Chr. datieren muss. Doch erst ab dem 10. Jahrhundert wurde diese Heilige Schrift kommentiert, sodass die philosophischen und wissenschaftlichen Sichtweisen primär im Vordergrund gerückt sind. Mehr und mehr keimte eine metaphysische Weltanschauung, was dann natürlich auch die kabbalistischen Lehren veränderte. Da die Schöpfungsvorstellung im Sepher Jetzirah sich von Schöpfungsvorstellung im Talmud und im Midrasch unterscheidet, ist das Sepher Jetzirah als kontroverse Schrift zu deuten. Kontrovers wird aber auch der Autor des Sepher Jetzirah gedeutet, da dies der biblische Abraham sein soll. Ferner gibt es viele handschriftliche Kurz- und Langfassungen dieses Werkes, sodass hier weiterer Diskussionsstoff zu finden ist, denn erst im Jahr 1552 wurde das Sepher Jetzirah wirklich schriftlich gedruckt. In diesem Kontext kann man auch nun die VIER ZEITPHASEN der Kabbalah klassifizieren!
Phase 1: > 200 v. Chr.
In diesem Zeitabschnitt sind primäre Spekulationen über Gott, seinen Thronwaagen und den Lebensbaum zu finden. In dieser Phase wurde eben das Sepher Jetzirah, das Buch der Schöpfung verfasst, sodass die Grundidee der zehn Welten in Form eines Mandala bzw. des Sephiroth erfunden wurde. Ferner umfasst diese Phase auch die poetische Beschreibung, wie die Welt und der Kosmos (mit allen Fragmenten, also auch der Mensch selbst) entstanden sind. Da der Mensch ein Teil des Kosmos ist, konnte er auch auf diesen Kosmos eine Wirkung bzw. eine Beeinflussung ausüben.
Phase 2: 800 Jahren – 1300 n. Chr.
In dieser Phase wurde die Kabbalah als eine eigenständige Strömung erkannt und verstanden. Der primäre Arbeitsbereich war hier das mittelalterliche Spanien, welches zu großen Teilen von den muslimischen Truppen besetzt war. Aufgrund der toleranten Verhältnisse der islamischen Besetzung konnten neuen Ideen und Philosophien erdacht werden. In dieser Phase wurden mystische Bedeutungen diskutiert, die sich auf die Genesis und um das Grundverhältnis zwischen Gott, Kosmos und Menschen beziehen. In dieser Phase keimt das erste Mal die Idee der vier kabbalistischen Welten Assiah, Jetzirah, Beriah und Aziluth auf, Konzepte, die man als „materielle Welt“ (Assiah), „archetypische Welt“ (Jetzirah), „himmlische und duale Welt“ (Beriah) und „göttliche Welt, die Monade“ (Aziluth) beschreiben kann.
Phase 3: 1500 – 1600 n.Chr.
In diesem Zeitabschnitt wurde die Mystik stärker forciert, was bedeutet, dass mystische Spekulationen über den Kosmos, über Gott und natürlich über die menschliche Existenz hier entstanden. Wenn man so will, kann man sagen, dass hier die Kabbalah ihre magische Seite bekam. Dies ist nicht verwunderlich, da gerade in dieser Epoche die magischen Bücher überall in Europa erschienen (Agrippa von Nettesheim, John Dee, Edward Kelley etc.), sodass man hier eine „natürliche kulturelle Entwicklung“ sehen kann. Die Kabbalah „erhielt“ das Verständnis, dass man mit gemeinschaftlichen Meditationen sich selbst erkennen und auch verändern kann. Gleichzeitig wurden aber auch der Kosmos und das Leben selbst einer „dualen Prüfung“ unterzogen, sodass hier die die Ideen des Adam Kadmon, des ersten Menschen, des Qlippoth, der Gegenseite des Sephiroth und der Sphäre Daath, als Schmelztiegel der Selbstevolution, geboren wurden. Ferner muss in diese Zeit auch der „neue Lebensbaum“ (drei Pfade gehen von Malkuth ab; nicht mehr nur ein Pfad) berücksichtigt werden, den der Jesuit Athanasius Kircherus Fuldensis (1602-1680) erfand, und somit die christliche Kabbalah begründete.