Little Pearl. Madlen Schaffhauser
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Little Pearl - Madlen Schaffhauser страница 16
Ich stoße mich von der Wand ab, an der ich gelehnt habe und drehe mich Richtung Ausgang, da hält mich plötzlich eine Hand fest. Ich zucke zusammen und wirble herum.
»Was führt dich denn hierher?«
Ich bin baff, weil Evan plötzlich vor mir steht. Stotternd versuche ich mich an einer Begrüßung. »E ... Evan, schön dich wiederzusehen.« Mir brennen die Wangen, als mir klar wird, was ich soeben gesagt habe.
»Trotzdem wolltest du dich davonstehlen, ohne Hallo zu sagen?« Er lächelt, ein sympathisches Lächeln, aber es erreicht seine Augen nicht.
»Du sahst beschäftigt aus. Ich wollte dich nicht unterbrechen.«
Evan sieht über die Schulter zum Gerät, auf dem er vor wenigen Sekunden noch gesessen hat. Dann blickt er wieder mich an. Dieses Mal liegt Skepsis in seinen tiefen dunklen Augen. »So beschäftigt war ich gar nicht.«
Die Frage, warum er derart niedergeschlagen ist, liegt mir so weit vorne auf der Zunge, dass sie mir fast über die Lippen kommt. Doch ich schlucke sie schnell wieder runter. »Machst du jeden Tag Fitness?« Blöde Frage, ich könnte mir eine an die Stirn klatschen. Aber raus ist raus. Also mache ich das Beste daraus und lächle ihn an.
»Ist mein Job. Allerdings mache ich jeden Tag etwas anderes. Was ist mit dir, treibst du irgendwelchen Sport?«
Wenn er nicht so bekümmert dreinschauen würde, würde ich denken, er flirte mit mir. Jetzt glaube ich, es ist einfach seine Neugier. Schließlich stehen wir in einem Fitnessstudio.
Ich zucke mit der Schulter, hoffe, dass ich dabei gleichgültig wirke. Dabei kippt mir fast die Stimme. Ungebetene Erinnerungen steigen vor meinem inneren Auge auf. Es erstaunt mich, als ich zu reden anfange. »Früher bin ich viel gejoggt. Ich habe es geliebt, durch den Wald und über weite Wiesen zu rennen, und die frische Morgenluft einzuatmen.«
»Früher? Das heißt, dass du nicht mehr joggst oder dass du gar keinen Sport mehr machst?«, möchte er wissen, dabei mustert er mich mit einem bewundernden Blick von Kopf bis Fuß.
Ich atme erleichtert auf, da es ihm zu entgehen scheint oder einfach darüber hinwegsieht, wie aufgewühlt ich mit einem Mal bin. »Ich mache jeden Morgen ein paar Gymnastikübungen.«
Ich lese in seinem Gesicht, dass er mich gern fragen möchte, warum ich nicht mehr durch Wälder und über Wiesen jogge, doch er hält sich zurück. »Dann willst du jetzt mit Fitness beginnen? Willst du ein Abo bei uns machen?«
Ich schüttle vage den Kopf. »Eigentlich nicht.«
Evan zieht nachdenklich die Stirn in Falten, ehe er seinen Kopf etwas zur Seite legt. »Warum bist du dann hier?«
Jetzt oder nie. Das ist meine Chance. Ich schaue von meinen verschränkten Händen auf. »Ich habe gehört, ihr könntet jemanden für die Bar gebrauchen und vielleicht für sonst irgendwelche Arbeiten. So etwas wie ein Mädchen für alles.«
Gott, habe ich das jetzt wirklich laut ausgesprochen? Nach Evans schmunzelnden Gesichtsausdruck zu urteilen, würde ich sagen, ja. Ihn scheint das aufzuheitern, trotzdem würde ich mich gerne im Erdboden verkriechen.
»Von wem hast du das denn gehört? Ich habe nämlich keine Stelle ausgeschrieben.«
»Von Cécile. Sie führt das Blue House Inn auf der anderen Seite von Little Pearl. Ich habe ein Zimmer bei ihr.«
»Ach ja?« Er zieht verwundert die Brauen in die Höhe.
Ich verstehe nicht, warum er mich stutzig ansieht. Dass ich ein Zimmer bei ihr habe? Wohl kaum. Dass sie gemeint hat, es gebe einen Job im Fit for Fun? Sehr gut möglich. »Kennst du sie?«
»Oh, ja.« Ein Glitzern tritt in seine Augen. »Sie ist meine Schwester.«
Seine Schwester?
Für einen Moment starre ich ihn fassungslos an, bin überrascht. Nicht weil Cee seine Schwester ist, sondern weil ich ein paar Sekunden eifersüchtig war.
Ich muss fast lachen. Ich und eifersüchtig, das ist lächerlich und unmöglich. Ich will mich nicht verlieben und sicher nicht binden. Nicht mehr.
Nach kurzer Überlegung legt Evan eine Hand auf meinen unteren Rücken. Genau wie das letzte Mal. Und genau wie damals, strahlt seine kleine Berührung Geborgenheit und Wärme aus. Ich wünschte, er würde seine langen Finger für immer da liegen lassen.
»Lass uns in mein Büro gehen. Dort können wir uns in Ruhe unterhalten.« Evan führt mich in sein Büro, in dem nach wie vor ein großes Chaos herrscht. Das letzte Mal meinte er, es gleiche mehr einer Abstellkammer als einem Büro. Da kann ich nur zustimmen.
»Wenn du mir einen Job geben würdest, würde ich als erstes dein Büro auf Vordermann bringen.«
Er sieht sich in dem kleinen Raum um, in dem sich so viele Kartons türmen wie in einem Schuhladen. »Das wäre gar nicht mal so eine schlechte Idee. Nimm doch Platz.« Er zeigt auf die Couch, während er sich den alten Stuhl unter dem improvisierten Tisch hervorzieht und ihn gegenüber dem Sofa hinstellt. Als sich Evan auf den Stuhl setzt, gibt der ein geräuschvolles Knarzen von sich. »Hast du irgendwelche Bewerbungsunterlagen dabei?«
»Nein, es war eine ganz spontane Entscheidung«, sage ich was nur zur Hälfte der Wahrheit entspricht. Ich lege die Tasche auf meine Beine, als ich mich setze und warte gespannt ab, was Evan als Nächstes sagen wird. Wird er mich darauf hinweisen, dass es ohne Bewerbungsunterlagen schwierig werden wird, Arbeit zu finden und mich fortschicken? Oder gibt er mir trotzdem eine Chance?
Ich hoffe so sehr auf Letzteres. Seit einem Jahr reise ich in den Staaten herum, auf der Suche nach einem Platz, an dem ich so etwas wie Geborgenheit empfinde. An dem ich ein neues Leben aufbauen kann. In Little Pearl, ausgerechnet in einem Kaff, wo jeder jeden kennt, fühle ich mich willkommen.
»Dann erzähl mal, warum du diesen Job haben willst.« Er spielt mit dem Handtuch, das er die ganze Zeit um seinen Hals hatte und das jetzt auf seinem Schoß liegt, dabei sieht er mich abwartend an.
»Ich kann keinen genauen Grund nennen«, beginne ich zögernd. Nervös nestle ich an meiner Tasche herum, mein Blick ist auf das schwarze Kunstleder geheftet. »Ich bin längere Zeit herumgereist und habe hie und da Arbeit angenommen, um meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ich habe keinen Job aus Freude gemacht. Es war immer nur ein Mittel zum Zweck.« Überrascht, weil ich so ehrlich zu Evan bin, stoße ich hörbar die Luft aus. »Aber ich mache meine Arbeit gut und mit großer Sorgfalt«, füge ich schnell an. Ich will nicht, dass er glaubt, ich würde die Sache nicht ernst nehmen, oder nur dem Geld wegen.
Evan schweigt eine Zeitlang. Als ich schon glaube, das wars, stellt er mir weitere Fragen. »Hast du eine Lehre gemacht? Vielleicht aufs College gegangen oder so?
Innerlich krümme ich mich. Das ist kein einfaches Thema für mich. Doch wenn ich die Gelegenheit bekommen will, hier zu arbeiten, muss ich Evan ein wenig entgegenkommen. »Ich war auf dem College, aber ... ich habe es vor zwei Jahren abgebrochen.«
»Warum?«
Ich lecke mir über die Lippen, suche nach einer Erklärung, die der Wahrheit am nächsten kommt. »Es stimmte nicht mehr für