Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth. Imra Gräfin Sztaray

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Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth - Imra Gräfin Sztaray

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zweiten aber vertraute ich auf Gott und gelobte mir die größte Selbstbeherrschung. Am nächsten Morgen empfing mich Gräfin Mikes mit dem Bedeuten, dass ich aller Wahrscheinlichkeit nach noch im Laufe des Vormittags vorgestellt werden würde, es sich daher empfehle, mich rechtzeitig bereit zu halten. Doch kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, kam schon der Befehl, wir sollten unverzüglich kommen, Ihre Majestät erwarte uns.

      So geschah es, dass ich nicht einmal mehr in meine Wohnung gehen konnte; die Gräfin half mir mit ihrer Toilette aus und ich trat in fremden Kleidern zum ersten Male vor die Kaiserin.

      Der große Augenblick war nun da.

      Pochenden Herzens stand ich mit meiner Gefährtin an der Ecke der Villa und gleich darauf erblickte ich Ihre Majestät; sie promenierte. Unter ihrem großen weißen Schirme ergoss sich das Licht auf das aufgelöst herabwallende Haar, das wie eine schimmernde Hülle ihre königliche Gestalt umfloss. Jetzt wandte sie sich, wir näherten uns und ich wurde vorgestellt.

      Sie hatte etwas in ihrem Wesen, das faszinierte. Während ihr leuchtendes trauriges Auge zum ersten Male auf mir ruhte, stand ich wie im Banne eines überirdischen Wesens und meine Seele empfand gleichsam schmerzlich ihre Minderwertigkeit und Alltäglichkeit. Ob sie es wahrnahm, weiß ich nicht, doch kam sie mir selbst zu Hilfe mit ihrem holdseligen Lächeln, das bezauberte und — befreite. Es war eine einzig unvergessliche Audienz.

      Durch Fragen, die sie an mich richtete, und durch Antworten auf meine Fragen suchte mich die hohe Frau in entzückend freundlicher Unmittelbarkeit kennen zu lernen.

      Meine Befangenheit schwand wie Nebeldünste im Sonnenschein. Ich fühlte die Nähe einer großen und guten Seele, die mich ermutigte, ja erhob.

      Ich empfand, dass ich die Höhe ihres Fluges niemals erreichen würde, und doch fühlte ich mich durch ihre Güte wie mit emporgehoben.

      Ich fühlte ihre sieghafte Macht, und schon hier, bei der ersten Begegnung, gab ich ihr meine ganze Seele zu eigen, kraft jener unwiderstehlichen Anziehungskraft der Seelen, die nach höheren Regionen streben.

      Beim Abschied küsste mich die Kaiserin. Wie glücklich war ich!

      Wenn sich in diesem Augenblicke der Schleier des Schicksals gehoben und ich die letzte Station dieses Kalvarienberges erblickt hätte! — Aber auch dann wäre ich mit ihr gegangen.

      Noch lange sah ich der 'herrlichen Gestalt nach, die sich entfernte, dann ging auch ich. Und in dieser glücklichen Stunde wurde mein Schicksal besiegelt — mit schwarzem Siegel besiegelt.

      Am selben Tage war ich zur Hoftafel geladen, an der jedoch die Kaiserin nicht teilnahm. Ich saß neben dem kleinen bayrischen Prinzen Konrad und ergötzte mich an ihm, denn er war ein ebenso unverfälschter kleiner Schelm wie andere Schelmchen dieses Alters, die nicht im Purpur geboren sind. Seine Erziehung war sehr streng. Er bekam keine Mehlspeise, bis er seinen Braten nicht verzehrt hatte, und mich belustigte gerade die Spitzfindigkeit, mit der Konrad diesem Zwange teils auswich, teils ihm ein Schnippchen schlug.

      Einen tiefen Eindruck machte auf mich die außerordentliche Zuvorkommenheit unseres erhabenen Kaisers Damen gegenüber; er lässt diesen stets den Vortritt in den Saal und nimmt aus der Schüssel immer erst nach der präsidierenden Dame, wäre diese auch die jüngste Diensttuende. Mit Rücksicht auf dieses Gehaben hörte ich oft die Bemerkung, dass Seine Majestät nicht nur ein großer Herrscher, sondern auch der erste Ritter sei. Aber es ist mehr als das: es ist die ihm angeborene kaiserliche Vornehmheit!

      Unsere Abreise fiel auf den ersten Tag des Dezembers. Die Burg verlassend, fuhr ich, von den guten Wünschen meiner Kolleginnen und Bekannten begleitet, zum Bahnhofe, wo einige Minuten später auch Ihre Majestäten eintrafen.

      Der Kaiser verabschiedete sich mit Wärme und Herzlichkeit von der hohen Frau und reichte mir dann mit einigen gütigen Worten die Hand, worauf wir abreisten.

      Mir war's, als ob mit dem Sonderzuge das Rad des Schicksals mich dahintrüge und von diesem Augenblicke ab mein Geschick mit der Kaiserin für immer unzertrennlich verbunden wäre.

      Ich erwachte an einem herrlichen Morgen. Himmel und Erde strahlten, selbst der Karst glitzerte und glänzte mit beschneitem Haupte herab auf die sommerlich lächelnde Gegend.

      Ein voller Strahl dieses Leuchtens fiel auf das Tuskulum des verewigten Kaisers Maximilian, das schöne Miramare, wo wir jetzt anlangten. Noch blühten in voller Pracht die Rosen. Wie schön wäre es, hier länger zu weilen, wo die poesievolle Umgebung dem Wesen der Kaiserin so sehr entspricht! Leider blieben wir nur wenige Stunden; denn dort in der kleinen Bucht unter dem Schloss wiegt sich schon die weiße Jacht, die "Miramare." Sie harrt unser, uns hinauszutragen in die azurne Unendlichkeit.

      Der Augenblick der Einschiffung war gekommen. Zwischen dem Spalier der Offiziere bestiegen wir das Verdeck.

      Kommandant Wachtel stellt die Herren der hohen Frau vor, die für jeden einzelnen ein freundliches Wort hat, und erbittet dann die Erlaubnis, das Zeichen zur Abfahrt geben zu dürfen.

      Die Kaiserin gab die Erlaubnis und begab sich sofort auf das für sie reservierte Promenadendeck, von wo sie die Abfahrt mit ansah.

      Von dieser ungefähr fünfzig Schritte langen Brücke betrachtete die Kaiserin das friedliche Spiel und die tosenden Kämpfe der Elemente; hier pflegte sie sich auch vorlesen zu lassen, wenn sie im Auf- und Niedergehen ermüdete oder ihrer immer regen Phantasie eine andere Richtung zu geben wünschte.

      Wie ich sie jetzt dort oben auf- und niederschweben sah, vermochte ich nicht das Auge von ihr zu wenden. Ihrer schlanken Gestalt schienen Fittiche zu wachsen und ihr leuchtender Blick verriet, dass ihre Seele hier an der Schwelle der Unendlichkeit fessellos sich erhob, hinaus in das Unermessliche, in das Geheimnisvolle.

      Jetzt wurden die Anker gelichtet. Als ob diese Kette in meinem Herzen erklirrt wäre und mich hinweggerissen hätte aus einem sicheren ruhigen Hafen. Der schwimmende Palast verlässt leicht schaukelnd und majestätisch die Bucht, während Wasservögel in auffallend großer Zahl ruhelos das Schiff umkreisen.

      Dieses geräuschvolle Flattern der Möwen und der sich soeben erhebende Wind, der noch keine Wellen wirft, aber doch schon das Meer erzittern macht, wecken meine schlimmsten Ahnungen.

      Was da wohl kommen mag? Nur zu bald kam ein Sturm heran. Der Himmel weiß, woher urplötzlich die vielen Wanderwolken kamen und woher mit so wilder Kraft die Bora heranbrauste; ich sah nur, dass es brauste, stürmte und wogte, und nach kaum einer Stunde hatte unsere Jacht gegen den wütendsten Seesturm anzukämpfen.

      Ihre Majestät mochte wohl fühlen, welch schwere Augenblicke ich jetzt durchlebte. Ich riss mich von meiner Vergangenheit los, fort von meinem ruhig dahinfließenden Leben, und vor mir lag die Ungewissheit, und das Meer, das große unbekannte, ist mir nicht freundlich gesinnt.

      Die Kaiserin sah in meine Seele. Sie rief mich zu sich. An ihrer Seite, auf dem Verdeck auf- und abwandelnd, lauschte ich mit Ergriffenheit ihren Worten. Ich fühlte, dass sie mein Gemüt erhellen wollte. Ihre Stimme war einschmeichelnd milde, ihr Wort ermutigend und liebkosend. Sie blickte mich mit gütigen Augen an, wie man es mit einem scheuen Kinde tut, wenn man mit einigen lieben Worten aus seiner Seele Kummer und Angst bannen will. Nur große, gütige Seelen verstehen es wie sie, befreiend auf das Gemüt einzuwirken. Und dies genügte ihr nicht; sie erhob meine Seele, um sie an den Ausbrüchen der Natur bewundernd teilnehmen zu lassen.

      Zum Lobe des herrlichen Anblickes fand sie die köstlichsten Worte, sie sprach als geweihte Priesterin der

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