Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth. Imra Gräfin Sztaray

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Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth - Imra Gräfin Sztaray

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sich nur ihr zu, erkennen Sie die erhabene große Vermittlerin! Sie allein spricht mir würdig von Gott. Sie allein ist meine einzige Fürsprecherin bei ihm!"

      Und der Sturm tobte fort, gleichsam als eine erhabene würdige Begleitung dieser herrlichen Offenbarung. Die "Miramare" hielt sich tapfer, obschon die Situation gefahrdrohend schien, wie dies in den besorgten Mienen des wackeren Kommandanten Wachtel deutlich zu lesen war. Und hier hatte ich wieder Gelegenheit, einen Blick in die Seele der Kaiserin zu tun. Man sah, wie sie im Sturme gleichsam auflebte, dass ihr Auge bewundernd an dem wechselvollen Farbenspiele hing, das sich ihr ringsum bot, allein in Kenntnis der Verantwortlichkeit, die den Kommandanten belastete, beraubte sie sich dieses seltenen Naturschauspieles und gestattete, dass wir umkehrten und uns in den Hafen von Pola flüchteten. Hier warteten wir zwei Tage.

      Der Sturm aber tobte immer stärker. Die hohe Frau wurde des Wartens müde und so kam es, dass unsere so poetisch begonnene Seereise in Form einer alltäglichen Eisenbahnfahrt von Pola nach Marseille endete, die mit dem Expreßzuge fast drei Tage währte. Die Kaiserin liebte Eisenbahnfahrten überhaupt nicht, weil sie der Bewegung und der reinen frischen Luft entbehren musste. Sie schritt im Gange des Schlafwagens auf und nieder und blickte, unbekümmert um die Reisenden, durch die Fenster auf die vorüberziehenden, abwechslungsreichen Bilder. Oberitalien mit Venedig und dem alten Campanile, Romeos und Julias Geburtsstadt, der herrliche Gardasee mit dem Hintergrunde der Alpen, dann Mailand mit seinen schlanken Türmen erschienen und entschwanden im Nebelschleier des Herbsttages. Ab und zu kam Ihre Majestät in mein Coupé und erkundigte sich mit Interesse, ob mich die lange Reise nicht ermüde.

      Sie selbst ermüdeten derlei Reisen nicht, doch machten sie sie zuweilen ungeduldig; dann ließ sie sich von ihrem griechischen Vorleser einiges vorlesen.

      In Marseille kamen wir um 6 Uhr früh an. Am Abend vorher ließ mir Ihre Majestät sagen, ich sollte bereit sein, da wir in der Stadt einen größeren Spaziergang machen würden. Bei dieser Gelegenheit prüfte sie mich zum ersten Male auf meine touristische Befähigung. Wir gingen mit einem Führer nach Notre Dame de la Garde, der Wallfahrtskirche der Seeleute. Auf einem hohen Berge steht sie da, wie ein Pharos die schneebedeckten Berge und die Stadt beherrschend, weit hinausblickend ins Meer, ermutigend und jenen den Weg weisend, die mit den Wellen kämpfen.

      Unser Führer machte uns auf den bereitstehenden Lift aufmerksam, allein wir erstiegen die Höhe zu Fuß.

      Als wir die Kirche betraten, ließ Ihre Majestät durch mich zwei große Kerzen kaufen, zündete sie an und stellte sie wortlos vor das Bild der Mutter Gottes hin: für den Kaiser und für Valerie.

      Wir traten dann hinaus auf den Platz vor der Kirche, von wo sich uns ein herrlicher Ausblick darbot. Die Kaiserin blickte nur flüchtig auf die Stadt; der Hafen und das Meer nahmen ihre Aufmerksamkeit gefangen. Sie wandte sich zu mir und wies mit der Hand auf das tief unter uns gelegene Schloss If: "Sehen Sie, dieses inspirierte Dumas zu seinem Monte Christo."

      Abwärtssteigend erfragte Ihre Majestät von unserem Führer ein Restaurant, wo wir frühstücken könnten. Der gute Mann nannte nach einigem Zögern ein solches, das hieß "zum blutigen Beefsteak" und empfahl es wärmstens. Er hielt uns natürlich für Engländer. Hieraus entwickelte sich dann eine spaßige Szene. Wir treten in das Restaurant. Ich blicke um mich und sehe mit Besorgnis, dass man hier an vornehme Damenbesuche nicht gewöhnt ist und die Anwesenden uns staunend anblicken. Es war eine echte Matrosenkneipe.

      Dessen ungeachtet frühstückten wir sehr gut, die Sache amüsierte Ihre Majestät und so vergaß ich meine Besorgnisse. Auch später lachten wir noch viel über diesen Fall, und ich muss gestehen, dass unsere Mitgäste, vielleicht infolge der Überraschung, oder wegen einer gewissen Empfindung, sich recht anständig betragen haben.

      Nach diesem intimen Frühstück blieb uns nur mehr Zeit, an Bord zu gelangen, damit sagten wir Europa Lebewohl! Auf gute Landung in Afrika.

      Der "General Chanzy" war ein großes und schönes Schiff, das bis Algier nicht mehr als 26 Stunden brauchte.

      Wir standen mit der hohen Frau auf dem Verdeck. Langsam entschwindet die Stadt unseren Augen, das Ufer zeigt sich nur mehr als ein langer schwarzer Streifen; doch von dem Turme der Notre Dame de la Garde sehen wir noch deutlich die weithin leuchtende Marienstatue mit der Krone auf dem Haupte und dem Jesuskind im Arme.

      Der Golfe du Lyon verdient mit Recht seinen Ruf der Gefährlichkeit und Unverlässlichkeit. Das Meer, zuvor noch spiegelglatt, ließ nach kaum einer Stunde unser Schiff schon ganz gehörig tanzen.

      Ich hielt mich möglichst lange tapfer, das Schäumen und das wechselnde Farbenspiel der Wogen betrachtend, bis ich selbst die Farbe wechselte und an den schleunigen Rückzug denken musste. Ihre Majestät bemitleidete mich mit gütigem Lächeln, namentlich weil ich mein Auge an den wilden Szenen des Sturmes nicht mehr weiden konnte. Sie widerstand wunderbar der Wellenbewegung und Seekrankheit war ihr unbekannt.

      Es kam vor, dass sie sich anbinden ließ, um nicht hinweggespült zu werden und so unbehindert die Großartigkeit des Wellenkampfes bewundern zu können.

      Afrika empfing uns nicht mit sonderlicher Gastfreundschaft. Das Ufer verbarg sich im Nebel, das nahe Gebirge in den Wolken, bloß der vom Bergeshange her weißleuchtende arabische Stadtteil Algiers bietet dem Auge einen Ruhepunkt. Unsere Wohnung war in dem auf Mustapha superieur gelegenen Hotel Splendide bestellt, wohin wir uns jetzt zu Wagen, auf einer schön geführten, aber stellenweise etwas steilen Serpentine begaben. Gelegentlich dieser etwa halbstündigen Wagenfahrt gewahrte ich mit Überraschung, dass unsere Kaiserin, die bekannt kühne Reiterin, im Wagen sitzend, nervöse Ängstlichkeit verriet. Es gab einen Augenblick, da hing es nur an einem Haare, dass sie nicht aus dem Wagen sprang, aus quälender Angst, die Pferde könnten den Dienst versagen und der Wagen die abschüssige Bahn zurückrollen.

      In solchen Momenten musste ihre Begleiterin umso mehr Kaltblütigkeit bewahren. Die Nerven haben eben ihre Idiosynkrasien. Es gibt Nerven, die dem Sturme der Elemente trotzen, die aber ein unangenehmer Ton, ein aufdringlicher Duft oder das momentane Gefühl der Unsicherheit sofort aus dem Gleichgewichte bringt. So war auch das Nervensystem unserer Kaiserin beschaffen, das gleichsam ihrem Wesen zu entsprechen schien. Starken Eindrücken widerstand es, einzelnen geringfügigen Angriffen gegenüber aber zeigte es große Empfindlichkeit und Schwäche.

      Zwischen Tropenpflanzen halb verborgene, von Bougainvillea umrankte Villen ließen wir hinter uns. Links von der mit Eukalyptus, Mimosen und Brotbäumen umsäumten Straße taucht die herrliche Sommerresidenz des Gouverneurs auf und über ihr das in einem Gemisch von arabischem und modernem Stil, aber schlossähnlich erbaute Hotel Splendide.

      Soweit das Auge blickt, werfen Palmen, Kakteen und mir noch unbekannte südliche Pflanzen ihre Schatten auf den blendend weißen Weg und diese große, üppige Vegetation verwandelt die ganze Gegend in ein Paradies. Wie herrlich wird es sein, all dies im Mondschein zu bewundern!

      Die Wohnung der Kaiserin bestand, wie immer, wenn sie auf Reisen war, aus drei Räumen. Ihre Fenster blickten auf das Meer, unten breiteten sich Gärten aus, westwärts fiel ihr Blick auf die Stadt und unfern auf den herrlichen Jardin d'Essai. Das Hotel war ringsum von Terrassen umgeben, die sich der Kaiserin gleichsam als Promenade boten. Meine Wohnung trug innen und außen arabischen Charakter, was ich sehr reizend fand.

      Der erste Eindruck war sehr günstig und ich sah daher mit umso größeren Erwartungen den hier zu verlebenden zwei Monaten entgegen.

      Einige Tage war ich dienstfrei. Diese Zeit benützte ich, um mich im Gehen zu üben. General Berzeviczy, der derzeitige Obersthofmeister-Stellvertreter, war mein gefälliger und freundlicher Trainer. Ich erprobte mich auf Höhen und Ebenen und fühlte schließlich unbedingtes Vertrauen zu meiner Marschfähigkeit.

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