Die letzten Farben. Jan Corvin Schneyder

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Die letzten Farben - Jan Corvin Schneyder

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des eigenen Talents, Immunität gegen Kritik, dennoch unbedingter Wille. Ergebnis: Kopf-Wand-Kopf-Wand-Kopf-Wand-Au-Au-Au. Schade für Kopf, schade für Wand, schade für alle, die zusehen und später den Kopf heilen und die Wand reparieren müssen. Nur eine gute Kombination führt heraus aus dem Schneesturm. Und nein, Realismus ist nicht das Gegenteil von Träumerei. Die Frage ist nur: Wo sollten Träume ansetzen, damit sie nicht völliger Unfug sind? Und bevor man das Mittel der Selbstisolation präferiert, sei bedacht: So schön der einsame Weg sein kann, er ist und bleibt einsam.

      Manchmal liegt es nicht am fehlenden Licht. Reichlich Licht vorhanden, doch trotzdem kein Weg zu finden. Merke: Lass Dich nicht ständig blenden, sondern schau auch mal auf und sieh Dir an, wie der Wald um Dich her sich verändert. Wo ist das Licht? Wo ist der Weg? Das Gute wird dunkel, das Dunkel wird lichter – die Welt dreht sich, stellt sich auf den Kopf, und gerät an den Rand ihres Untergangs. Oder darüber hinaus. Woran soll man sich nun noch orientieren? Welche Welt? Deine? Wie lang der nächste Weg ist, und wohin er führt, bestimmt man immer noch selbst. Manchmal ist es egal, wohin man geht. Hauptsache man geht. Gehen ist schön. Wiederkommen auch.

      Durch jene Gänge der alten Welt führt die Straße in eine neue. Hast Du den Mut sie zu gehen, wirst Du an unerwartete Orte gelangen. Aber sieh Dich vor – viele Kräfte wollen, dass sich nichts ändert. Sie werden Dir den Weg so beschwerlich wie möglich gestalten.

      Neue Welten, neue Horizonte – oder einfach neue Orte in einer Welt, die Du zu kennen glaubtest? Wir werden sie nie richtig verstehen, wir können nur kämpfen und staunen. Oder nicht kämpfen. Das wäre friedlicher. Es gibt immer neue Wege, auch wenn alles verbaut scheint. Du gehst hinaus, folgst Deinem Weg, erreichst ein Ziel. Welcher dieser drei Abschnitte der schwierigste ist, hängt von Dir ab.

      Ich sage nur, der Weg hat mehr Dornen als Blüten. Das ist alles. Aber ist er nicht trotzdem – oder gerade deshalb – wunderschön?

      Gehen wir Wege durch dieses Buch. Klappern wir die Sphären des Seins ab. Wir werden vieles finden.

      Die Bank vorm Haus modert. Das Gras ertrinkt. Das Baugerüst rattert im Sturm. Es ist Herbst. Der Graue. Und wen interessiert das? Wenn Du Gründe hast, glücklich zu sein. Wie traurig war jeder Sommertag? Es gibt Jahreszeiten. Am Ende doch nur in uns.

      Wer nichts in den Social-Media postet, lebt zu viel? Zu wenig? Hat technische Probleme? Hirnflaute? Mooskugeln und Garnelen im Kopf? Sammelt Herbstlaub und kaputte Blumentöpfe? Schreibt? Nimmt sich eine Auszeit? Woher soll ich das wissen?

      Äußerlichkeiten sind unwichtig, heißt es. Nun ja, das ist sehr idealistisch, aber sie spielen sicher eine geringere Rolle als uns allenthalben vermittelt wird. Verwundert muss ich allerdings auch diejenigen betrachten, die nichts einbringen – weder Optik noch Gepflegtheit noch Klugheit noch Freundlichkeit – und höchste Ehren und Liebesbezeugungen einfordern. Irgendetwas Gutes, Positives muss man schon zeigen, sonst kann man auch nichts bekommen. Ich komme jetzt nicht wieder mit dem „Jeder Mensch hat ein Talent, man muss es nur finden“ – Gerede. Talent ist nicht nur Singen und Tanzen. Jeder hat eines, aber es ist vielleicht nicht immer etwas Vorzeigbares. Irgendeine gute Farbe in die Welt mag jeder setzen, auf seine Weise. Aber sie spielen alle auf derselben Hochzeit. Singen, tanzen, schreiben, bloggen – obwohl das Talent irgendwo anders liegt. Und sie akzeptieren keine Kritik. Dennoch bekommen sie welche. Da leidet das Herz, und mag finster werden. Man muss es klug aus der Schusslinie nehmen. Rechtzeitig. Wir müssen uns aufraffen und ein bisschen Leistung zeigen. Einfach auf Liebe und Anerkennung warten, ist ein bisschen wenig. Ganz davon abgesehen, sind manche verfinsterten Herz-Finsterlinge äußerst ansehnlich, manche Gutmenschlein eher unansehnlich. Gutmenschlein sind allerdings nicht das Bonbon auf dieser Waage. Sie ist beidseitig mit Unrat belastet. Was vom Herz in die Hände tropft und zu Handlung wird, ist entscheidend. Herz… Wie heißt es noch gleich? Herzhaft ist nun Mal eine Wurst. Und der mit dunklem Herzen im Regen Verlassene ist eine arme Wurst. Herzförmige Würste aufgetaucht? Liebe geht durch den Magen? Sind Regeln dazu da, um gebrochen zu werden? Diese Frage geistert wie ein Mantra durch die kommunikativen Sphären, und natürlich ist sie längst beantwortet. Rhetorische Frage eben. Natürlich sollen sie das. Behaupten zumindest viele, die damit Geld verdienen oder jemand anderen unglücklich machen wollen, um sich selbst glücklicher zu machen. Hör auf Dein Herz… ja, so sagt man. Das stimmt, aber nicht so, wie es heute vielfach gemeint ist. Da bedeutet das Herz nur noch ein egoistisches Ding, das dir vorschreibt, was du anzustellen hast. Die Quelle des Negativen. Das soll unser Herz sein? Welche Farbe hat es? Schwarz muss es wohl sein. Hör auf dein böses Herz also. Geschickt gemacht. Herr Teufel?

      Brauchst Du wirklich Anerkennung? Wichtiger ist die Blume, die in Deinem Herzen erblüht ist. Was ist schon äußere Anerkennung? Nichts mehr. Illusion und Selbstbetrug. Man muss sich im realen Leben Menschen suchen, die ehrlich sind. Nicht 24 Stunden am Tag, Bitte nicht. Aber ehrlich und geerdet, keine Eventis, keine 21st Century Postfaktoten. Anerkennung kriegst du, wenn du das Richtige tust. Etwas Gutes. Uneigennützig. Kennt das Wort noch jemand? Und was ist mit Großmut statt Hochmut? Das wäre mal wieder etwas. Erklären sie mir mal Großmut. Ist das etwa auch schon vergessen worden? Demut. Eines der wichtigsten Worte.

      Zerstört. Gesprengt. Und würde ich jetzt von Barmherzigkeit und Nächstenliebe anfangen, wäre ich wohl in einem Paralleluniversum gelandet. So soll es zumindest aussehen. So ist es medial vermittelt. Die Welt aus Ironie, Zynismus und Sarkasmus, die sie „die Welt“ nennen, die es aber gar nicht ist. In jedem unserer Herzen ist mehr Welt als im gesamten TV-Abendprogramm. Wecken wir es. Sie. Die Welt in uns.

      Das Herz der Dinge ist die Finsternis. Das mag leider so sein. Aber ist mein Herz mitnichten das Herz der Dinge. Deines auch nicht. Was soll uns das schon sagen? Wir wissen es und leben nicht danach. Willst du nicht finster sein, sei nicht finster. Kein Herz wird geboren mit dem Willen zur Finsternis. Schwarze Herzen werden gemacht - und zu wenig bekämpft, eher abgefeiert.

      Es ist dort drin. In Deinem Hirn. Schönheit? Haut und Haar? Fallen. Trugbilder. Und wo ist das Herz? Ein Symbol ohne Leben, das Du nicht mehr füllst. Niemand nimmt Dir alles ab. Das Geschenk ist, das Du entscheiden darfst. Entscheide Dich richtig. Allein. Das kann uns niemand abnehmen. Wie wir diese Satellitenschüssel gen Himmel ausrichten. Kein Online-Quiz, keine App, keine Facebook-Freunde. Du entscheidest das, auch über den Kitschfaktor.

      Viele um uns her meinen, alles besser zu wissen, um uns auf ihren falschen Weg zu lenken. Wir mögen manchmal schwach oder verzweifelt sein, aber weder dumm noch kalt im Herzen sollten wir sein. Sie werden verlieren. Das dürfen wir nie vergessen.

      Jeder Schritt so schwer, doch das Herz so warm. Trage robuste Stiefel, wickle warme Decken um die Brust. Wir sollen, müssen und wollen voranschreiten, doch ohne Nähe, ohne Liebe, was wäre es für ein trauriger Weg? Wieder der Weg. Er wird sich nicht durchs ganze Büchlein ziehen.

      Wenn Du dein Zuhause mit allen Menschen, die dazu gehören, so sehr liebst, dass Dein Herz bei jeder Sekunde fern des Zuhauses schmerzt, dann hast Du wohl doch einiges richtiggemacht. Das ist kein Grund für Jammer, das ist Freude. Schmerzvolle Freude mit Erlösung als Finale. Und das bauen sich viele nicht aus mangelndem Vertrauen, aus Furcht vor Enttäuschung? Sie verzichten. Gegen den Willen ihres Herzens. Sie verfärben es. Sich. Ihre Seele. Zu einer Farbenwelle des Unglücks. Da strampelst Du dich ab, trampelst andere nieder, boxt sie aus dem Weg, um auf den Gipfel zu kommen, um etwas zu erreichen. Und dann erreichst Du den Gipfel und erkennst, dass Du einsam bist, dass Du alles Gute hinter Dir gelassen hast, und Du schaust auf die erfrorenen und versteinerten Leichen Deiner Vorgänger, die in Größe, Schönheit und endloser Trauer auf dem Dach der Welt vor sich hin litten, um erbärmlicher und unglücklicher als jeder kleine Arbeiter drunten im Tal zugrunde zu gehen. Ist Dein Herz kalt, kann Deine Seele nicht mehr leuchten. Vielleicht ist es ja doch noch nicht zu spät für Dich. Unsere Probezeit hier unten ist endlich. Es heißt, man lernt aus seinen Fehlern und kann quasi unendlich viele davon aneinanderreihen, ohne

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