Compliance Management im Unternehmen. Martin R. Schulz

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Compliance Management im Unternehmen - Martin R. Schulz Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch

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die unmittelbar darauf abzielen, ein gesetzeskonformes Verhalten der Mitarbeiter sicherzustellen. Dazu zählen Vorgaben zum Umgang mit Interessenkonflikten und Geschenken, zu (persönlichen) Äußerungen in der Öffentlichkeit, zur Nutzung von E-Mail und Internet oder zum Umgang mit personenbezogenen Daten. Typische Beispiele sind auch Vereinbarungen, mit denen bestimmte Arbeitgeberpflichten (z.B. für Arbeitssicherheit) vertraglich auf einen Arbeitnehmer übertragen werden. Die Regelungsdichte nimmt tendenziell zu, je höher der Vertragsinhaber in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist. Besonders ausgeprägt sind solche Vorschriften in der Finanzbranche; teilweise setzen die Anstellungsverträge zwingende Vorgaben des Kreditwesengesetzes oder der Institutsvergütungsverordnung unmittelbar um (z.B. das Verbot einer privaten Absicherung gegen die Risiken eines Selbstbehalts bei einer D&O-Versicherung oder gegen den Verlust einer aufgeschobenen variablen Vergütung). Auch hier kann der Arbeitgeber vertraglich bereits begründete Pflichten im Rahmen seines Weisungsrechts einseitig weiter konkretisieren und ausgestalten.

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      Vor diesem Hintergrund wird ein Unternehmen seinen Verhaltenskodex vor allem dann mittels Weisung einführen, wenn es „nur“ darum geht, bereits bestehende Pflichten zu wiederholen bzw. zu konkretisieren, die Grenzen des „billigen Ermessen“ sicher gewahrt werden und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht einschlägig sind. Der Arbeitgeber veröffentlicht den „Code of Conduct“ regelmäßig im Intranet und stellt ihn den Mitarbeitern auch per E-Mail oder als Broschüre zur Verfügung. Ratsam sind individuelle Empfangs- und Lesebestätigungen. Die Vorzüge dieser Vorgehensweise liegen auf der Hand: Der Arbeitgeber kann einen „Code of Conduct“ ohne großen Aufwand einführen und auch kurzfristig wieder ändern. Diese Flexibilität kann sich als großer Vorteil erweisen; die internen und externen Anforderungen an den Verhaltenskodex ändern sich erfahrungsgemäß rasch.

       b) Vertragliche Vereinbarung

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      Der Arbeitgeber kann einen Verhaltenskodex auch mittels einzelvertraglicher Vereinbarungen im Unternehmen einführen. Diese Option kommt in Betracht, wenn das arbeitsrechtliche Direktionsrecht alleine nicht ausreicht, um den „Code of Conduct“ zu implementieren. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Unternehmen nicht nur die bestehenden Pflichten konkretisieren, sondern auch neue Vertragspflichten einführen will (z.B. Ausweitung der Melde- und Berichtspflichten über das normale arbeitsvertragliche Maß hinaus).

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      Die Einführung eines Verhaltenskodex mittels arbeitsrechtlicher Vereinbarung wirft zudem praktische Probleme auf. Kaum ein Unternehmen wird alle compliance-relevanten Vorgaben abschließend im Anstellungsvertrag aufführen; dies dürfte das Dokument überfrachten. Daher wird der Anstellungsvertrag oder die Änderungsvereinbarung regelmäßig auf den „Code of Conduct“ verweisen.

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      Enthält die Vereinbarung eine statische Verweisung, so nimmt sie nur auf eine konkrete Fassung des „Code of Conduct“ Bezug. Spätere Änderungen führen nicht automatisch zu einer Anpassung des Anstellungsvertrages; es bedarf insoweit der erneuten Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter. Der Arbeitgeber vermeidet die oben angesprochene Überfrachtung der Vertragsdokumente; diesen Vorteil bezahlt er allerdings mit der fehlenden Flexibilität statischer Verweisungen.

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      Im Übrigen unterliegen auch die Compliance-Bestimmungen selbst als Standardarbeitsbedingungen einer Inhaltskontrolle anhand der §§ 305ff. BGB. Die Bestimmungen des „Code of Conduct“ dürfen die Mitarbeiter somit nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 BGB). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Verhaltenskodex eine umfassende Kontrolle am Arbeitsplatz vorsieht (z.B. ständige Videoüberwachung) oder auch Angehörige der Mitarbeiter in die Pflicht nimmt (z.B. Verbot von Beteiligungen oder Auskünfte zu Anlagegeschäften). Besonderes Augenmerk verdient die sprachliche Ausgestaltung des „Code of Conduct“: Wenn die einzelnen Bestimmungen nicht auch für Laien klar und verständlich formuliert sind, scheitern selbst gute Absichten am Transparenzgebot.

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      Vor diesem Hintergrund führen Unternehmen einen „Code of Conduct“ m.E. vergleichsweise selten mittels einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ein. Manchmal wird dieser Weg beschritten, um eine gleichlautende Weisung abzusichern. Die Nachteile einer vertraglichen Vereinbarung (z.B. Konsens der gesamten Belegschaft, Flexibilität bei künftigem Änderungsbedarf) überwiegen häufig die möglichen Vorteile.

       c) Änderungskündigung

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      Eine eher exotische Variante ist die einseitige Einführung eines „Code of Conduct“ mittels einer Änderungskündigung. Diese Option kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Aus juristischer Sicht bedarf es zumindest im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes einer sozialen Rechtfertigung (§ 2 KSchG), die alle Bestimmungen des einzuführenden Verhaltenskodex stützt. Staatliche Vorgaben wie im Kreditwesengesetz mögen punktuell eine Änderungskündigung rechtfertigen; es ist m.E. aber sehr fraglich, ob ein ganzer Verhaltenskodex über diese Schiene rechtssicher umgesetzt werden kann. Ein zwangsweise durchgesetzter Wertekanon beruht zudem selten auf einem breiten Konsens in der Belegschaft; dies lässt m.E. Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit des „ethischen Bekenntnisses“ und auf die mittelfristigen Erfolgsaussichten solcher Anstrengungen zu.

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