Polizeibeamte als Zeugen im Strafverfahren. Kai Müller

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Polizeibeamte als Zeugen im Strafverfahren - Kai Müller

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dann, wenn er nicht der Sachbearbeiter ist, Kenntnis vom Akteninhalt nehmen kann. Prozesspsychologische Erkenntnisse zeigen jedoch, dass die Kenntnis des zuvor gelesenen Akteninhalts negative Auswirkungen auf die Objektivität des Sitzungsvertreters haben kann. So werden oftmals die in der Hauptverhandlung auftretenden Bestätigungen der Anklage systematisch überschätzt und dagegensprechende neue Erkenntnisse systematisch unterschätzt.59 Insoweit scheint der nur die Handakte kennende Sitzungsvertreter bessere Voraussetzungen für eine möglichst objektive Beurteilung der Beweisaufnahme der Hauptverhandlung zu haben. Gleichwohl ist es aus Praktikabilitätserwägungen heraus oftmals notwendig, bei größeren Verfahren den Sachbearbeiter als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft einzusetzen.

      Der Beschuldigte hat als Prozesssubjekt eine Fülle von selbständigen Verfahrensrechten, um auf den Gang und das Ergebnis des Strafprozesses Einfluss nehmen zu können. Dabei gelten die Verfahrensrechte des Angeklagten teilweise bereits im Ermittlungsverfahren. Hierzu zählen insbesondere das Aussageverweigerungsrecht, das Recht auf einen Verteidiger verbunden mit dem Antragsrecht auf eine Pflichtverteidigerbestellung und das Beweisantragsrecht, über die bekanntlich schon die Polizei vor der Beschuldigtenvernehmung belehren muss (§ 163a IV 2 i. V. m. § 136 I 2–5 StPO). Auch hat der Beschuldigte, der sich selbst verteidigt, einen Informationsanspruch. Ihm steht ein Akteneinsichtsrecht zu, soweit der Untersuchungszweck, auch in Bezug auf andere Strafverfahren, nicht gefährdet wird und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen (§ 147 IV 1 StPO). Gegenüber der früheren Rechtslage, hat der unverteidigte Beschuldigte damit einen umfassenden Anspruch auf Akteneinsicht. Hierbei können dem Beschuldigte anstelle der Einsichtnahme auch Kopien der Akte zur Verfügung gestellt werden (§ 147 IV 2 StPO). Darüber hinaus hat der Beschuldigte als Angeklagter60 in der Hauptverhandlung neben seinem Verteidiger ein eigenes Fragerecht gegenüber Zeugen und Sachverständigen (§ 240 I StPO), ein Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 II StPO) und von Fragen sowie ein Beweisantragsrecht (§ 244 III–VI StPO). Ebenso hat er das Recht auf Rechtsmitteleinlegung (§ 296 I StPO). Weiterhin ist er berechtigt, einen Ablehnungsantrag gegen das Gericht wegen Besorgnis der Befangenheit zu stellen (§ 24 III 1 StPO), wobei Befangenheitsanträge in der Praxis regelmäßig der Verteidiger für den Beschuldigten stellt.

       a) Rechtliches Gehör

      Das wichtigste Verfahrensrecht des Angeklagten ist der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 103 I GG). Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur die Tatsachen und Beweisergebnisse berücksichtigen, zu denen dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wurde, Stellung zu nehmen.61 Hierzu können Anträge gestellt oder Ausführungen zur Sach- und Rechtslage gemacht werden, die das Gericht zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss.62 Über Art. 103 I GG hinaus wird dem Beschuldigten bereits im Ermittlungsverfahren das rechtliche Gehör eingeräumt. So muss die Staatsanwaltschaft ihm spätestens vor Abschluss der Ermittlungen Gelegenheit zur Stellungnahme geben (§ 163a I StPO).

       b) Anwesenheit

      Der Angeklagte muss und darf während der Hauptverhandlung anwesend sein (§§ 230 I, 231 StPO). Ist er „ausgeblieben“, d. h. trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen, so wird er vorgeführt. Ist er hingegen abwesend, d. h. sein Aufenthaltsort ist unbekannt oder er hält sich im Ausland auf und seine Gestellung vor das zuständige Gericht ist nicht möglich (§ 276 StPO), so darf keine Hauptverhandlung stattfinden, sondern allenfalls ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt werden (§ 285 StPO). Von dieser Anwesenheitspflicht können in einigen Fällen Ausnahmen gemacht werden (§§ 231 II ff. StPO). Auch kann dem Angeklagten vorübergehend während einer Vernehmung auf Anordnung des Gerichts die Anwesenheit untersagt werden (§ 247 StPO). Beispielsweise muss der Angeklagte sich auf Anordnung des Gerichts aus dem Sitzungssaal entfernen, wenn durch seine Anwesenheit die konkrete Gefahr besteht, dass der Zeuge nicht die Wahrheit sagen wird oder bei der Vernehmung eines Kindes die konkrete Befürchtung eines erheblichen Nachteils für das körperliche und seelische Wohl des Zeugen besteht.63

       c) Dolmetscher

      Weiterhin haben Angeklagte, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, für das gesamte Verfahren und damit auch schon für die Vorbereitung der Hauptverhandlung Anspruch auf die unentgeltliche Zuziehung eines Dolmetschers (Art. 6 III a, e EMRK; §§ 185 I 1, 187 I GVG).64 Die Tatsache, dass der Angeklagte Ausländer ist, begründet nicht automatisch die Notwendigkeit eines Dolmetschers. Entscheidend ist, ob der Angeklagte die Gerichtssprache Deutsch (§ 184 GVG) beherrscht oder nicht.

       d) Plädoyer und letztes Wort

      Dem Angeklagten steht immer das letzte Wort in der Hauptverhandlung zu (§ 258 II StPO). Hat der Angeklagte keinen Verteidiger, so darf er nach dem Plädoyer des Staatsanwalts auch selbst plädieren. Plädiert für den Angeklagten ein Verteidiger, so hat der Vorsitzende danach den Angeklagten stets zu fragen, ob er selbst noch etwas dem Plädoyer seines Verteidigers hinzufügen möchte (§ 258 III StPO). Dadurch soll der Angeklagte die Möglichkeit erhalten, sich abschließend zum gesamten Prozessstoff äußern zu können und dem Gericht vor der Beratung einen möglichst frischen Eindruck seiner Person und Sichtweise des Geschehens zu geben.65

      Wer durch eine der in § 395 I StPO genannten Straftaten verletzt worden ist, kann sich als Nebenkläger der öffentlichen Klage anschließen, um so seine Interessen an dem Strafverfahren wahrzunehmen. Der Nebenkläger tritt insoweit neben die Staatsanwaltschaft, um diese zu kontrollieren und durch eine Bestrafung des Angeklagten persönliche Genugtuung für das erlittene Unrecht zu erhalten.66 Ist das Opfer verstorben, so steht dieses Recht den Kindern, Eltern, Geschwistern, Ehegatten oder Lebenspartnern zu (§ 395 II StPO). Sind Kinder Nebenkläger, übt der gesetzliche Vertreter die Nebenklagerechte aus.67 Bei bestimmten schweren Straftaten wie versuchtem Totschlag oder Mord, bei Straftaten, die zu schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt haben, und bei Straftaten an jugendlichen Opfern hat der Nebenkläger einen Anspruch auf einen Opferanwalt, dessen Kosten von der Staatskasse übernommen werden (§ 397a StPO). In anderen Fällen besteht die Möglichkeit auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (§ 397a II StPO).

      Die Rechte des Nebenklägers finden sich in § 397 StPO. In der Hauptverhandlung hat er – auch wenn er als Zeuge vernommen werden soll – ein Anwesenheitsrecht, aber keine Anwesenheitspflicht. Er kann sich in der Hauptverhandlung durch einen Rechtsanwalt (§ 397 II StPO) oder einen Rechtslehrer einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt (§ 138 I, III StPO) vertreten lassen, was regelmäßige Praxis ist. Wie die anderen Verfahrensbeteiligten hat er ein Fragerecht, das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden und von Fragen, ein Beweisantragsrecht und das Recht zur Abgabe von Erklärungen. Da er neben die Staatsanwaltschaft tritt, ist er auch im selben Umfang zuzuziehen und zu hören. Im beschränkten Umfang hat der Nebenkläger unabhängig von der Staatsanwaltschaft auch das Recht zur Rechtsmitteleinlegung (§§ 400, 401 StPO). Weiterhin hat der Nebenkläger als Verletzter über seinen Rechtsanwalt ein Akteneinsichtsrecht (§ 406e StPO). Oftmals muss er als Hauptbelastungszeuge aussagen.

       Merke:

      Durch die Akteneinsicht besteht für den Nebenkläger insoweit die anderen Zeugen verwehrte

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