Kartellrecht und Ökonomie. Daniel Zimmer
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III. Dominantes Unternehmen mit wettbewerblichem Rand
Eng verwandt mit dem Modell des Monopols ist das des dominanten Unternehmens mit wettbewerblichem Rand.62 Ein dominantes Unternehmen, das aufgrund seiner Größe den überwiegenden Teil des Marktes bedienen kann, verhält sich, ähnlich wie ein Monopol, nicht als Preisnehmer, sondern kann den Preis seines Produktes festlegen (bzw. eine Angebotsmenge wählen). Neben dem dominanten Unternehmen gibt es jedoch noch eine Reihe von kleinen Unternehmen auf dem Markt, die sich, entsprechend dem Modell des vollkommenen Wettbewerbs, als Preisnehmer verhalten. Diese Unternehmen werden daher als wettbewerblicher Rand bezeichnet. Die Existenz eines solchen dominanten Unternehmens in einem Markt kann mehrere Ursachen haben: So könnte dieses Unternehmen über eine bessere Technologie als andere Unternehmen verfügen oder es hatte über einen längeren Zeitraum eine geschützte Monopolstellung auf einem Markt, der erst vor kurzer Zeit dem Wettbewerb geöffnet wurde.
Wenn nun das dominante Unternehmen einen bestimmten Preis für sein Produkt festlegt, dann werden die Unternehmen im wettbewerblichen Rand diesen Preis als gegeben hinnehmen und werden bei diesem Preis ihr Angebot entsprechend ihrer Angebots- bzw. Grenzkostenfunktion wählen. Bei jedem Preis, den das dominante Unternehmen setzt, erfolgt also ein entsprechendes Gesamtangebot des wettbewerblichen Randes. Je höher der Preis, den das dominante Unternehmen verlangt, desto größer ist das Gesamtangebot des wettbewerblichen Randes, da im Allgemeinen seine Angebotsfunktion einen steigenden Verlauf hat. Abhängig vom gesetzten Preis wird also ein entsprechender Teil der Nachfrage vom wettbewerblichen Rand bedient. Dies wird das dominante Unternehmen in sein Kalkül einbeziehen und bei seiner Preispolitik berücksichtigen. Es muss also das Angebot des wettbewerblichen Randes von der Gesamtnachfrage abziehen und erhält dadurch die auf ihn entfallenden Rest- oder Residualnachfrage. Die Residualnachfrage hängt daher auch vom Angebotsverhalten des wettbewerblichen Randes ab. Gegenüber der Residualnachfrage ist das dominante Unternehmen nun ein Monopolist.
Daher kann man das Verhalten des dominanten Unternehmens mithilfe des Monopolmodells beschreiben, mit dem Unterschied, dass an die Stelle der Gesamtnachfrage beim Monopol nun die Residualnachfrage tritt. Es wird also seinen Preis bzw. seine Angebotsmenge so wählen, dass der Grenzerlös (bezogen auf die Residualnachfrage) gleich den Grenzkosten ist. Bei diesem Preis erfolgt nun das entsprechende Angebot des wettbewerblichen Randes. Das Marktergebnis hängt, wie beim Monopol, von der Elastizität der Nachfragefunktion ab. Je preiselastischer die Nachfrage reagiert, desto geringer wird der vom dominanten Unternehmen gesetzte Preis vom Wettbewerbspreis abweichen. Aber zusätzlich zur Nachfrage muss auch das Angebot des wettbewerblichen Randes berücksichtigt werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist das Konzept der Preiselastizität des Angebots. Es handelt sich dabei um ein Maß für die prozentuale Angebotsänderung bezogen auf eine 1 %ige Preiserhöhung. Verläuft die Angebotsfunktion flach, dann führt bereits eine geringe Preiserhöhung zu einer großen Ausweitung des Angebots seitens des wettbewerblichen Randes. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Grenzkosten bei einer Angebotsausweitung kaum zunehmen, weil z.B. unausgelastete Kapazitäten zur Verfügung stehen. Den Preissetzungsmöglichkeiten des dominanten Unternehmens werden also von zwei Seiten her Grenzen gesetzt: Zum einen durch die Ausweichreaktionen der Nachfrager, wie sie durch die Preiselastizität der Nachfrage erfasst werden und zum anderen durch die Angebotsreaktionen der Unternehmen im wettbewerblichen Rand, die in der Preiselastizität des Angebots zusammengefasst sind.63 Je größer die Preiselastizitäten der Nachfrage und des Angebots des wettbewerblichen Randes, desto geringer ist der Preissetzungsspielraum des dominanten Unternehmens. Was die Auswirkungen auf die verschiedenen Effizienzaspekte betrifft, so sind diese ähnlich wie beim Monopol, werden jedoch durch die Existenz des wettbewerblichen Randes etwas gemildert. Es ist sowohl mit allokativen als auch mit produktiven Ineffizienzen zu rechnen. Möglicherweise gibt es mehr Innovationen als beim Monopol, da das dominante Unternehmen dadurch verhindern kann, dass Unternehmen aus dem wettbewerblichen Rand seine Position gefährden.
IV. Monopolistische Konkurrenz
Das Modell der monopolistischen Konkurrenz wurde von Chamberlin 1933 entwickelt und kombiniert Ansätze des Modells des langfristigen Gleichgewichts bei vollkommenem Wettbewerb mit denen des Monopols.64 Dabei stellen die Unternehmen horizontal differenzierte Güter her,65 wobei jedes Unternehmen genau eine Variante des Gutes produziert und sich einer fallenden Nachfragefunktion für sein Produkt gegenübersieht. Im Allgemeinen wird in diesem Modell der monopolistischen Konkurrenz von einem repräsentativen Konsumenten ausgegangen, der Präferenzen über die von den Unternehmen angebotenen Güter hat und einen höheren Nutzen erzielt, wenn eine größere Zahl verschiedener Produkte angeboten wird.66 Es wird angenommen, dass die Unternehmen sich als Gewinnmaximierer verhalten. Allerdings sieht sich auch ein solches Unternehmen einem Wettbewerb ausgesetzt, denn wie im Modell des langfristigen Gleichgewichtes werden weitere Unternehmen in den Markt eintreten, wenn dort positive Gewinne erwirtschaftet werden. Die neu in den Markt eintretenden Unternehmen werden weitere Varianten des Gutes anbieten, die vom repräsentativen Konsumenten nachgefragt werden. Dies hat zur Folge, dass die Nachfrage nach den Produkten der etablierten Unternehmen zurückgeht. Dieser Prozess wird sich solange fortsetzen, bis sich so viele Unternehmen im Markt befinden, dass kein Unternehmen mehr einen positiven Gewinn erwirtschaftet. Ein Gleichgewicht bei monopolistischer Konkurrenz ist genau dann erreicht, wenn der Preis des Produktes den Stückkosten entspricht. Die Anzahl der Produktvarianten im Markt (und damit die Zahl der Unternehmen im Markt) wird innerhalb des Modells, d.h. endogen bestimmt.
Da unterstellt wird, dass die Unternehmen auch fixe Kosten tragen müssen, sind Stück- und Grenzkosten verschieden, sodass im Gleichgewicht der Preis über den Grenzkosten liegt. d.h. monopolistischer Wettbewerb führt zu einer ineffizienten Allokation. Darüber hinaus kann gezeigt werden, dass jedes Unternehmen nicht im Minimum seiner Stückkosten produziert, d.h. die Unternehmensgröße ist nicht optimal. Da die Unternehmen differenzierte Güter produzieren, ist zu untersuchen, ob durch monopolistischen Wettbewerb eine größere oder geringere Anzahl von Produktvarianten hergestellt wird, als aus gesellschaftlicher Sicht sinnvoll wäre. Dies kann nicht eindeutig beantwortet werden, sondern hängt einerseits von der Höhe der Fixkosten ab: Sind diese sehr hoch, dann würden auch Produkte, für die eine hohe Zahlungsbereitschaft vorhanden ist, nicht produziert werden, selbst wenn der Preis über den Grenzkosten liegt, da das Unternehmen aufgrund der hohen Fixkosten einen Verlust machen würde. Andererseits entzieht ein neu in den Markt eintretendes Unternehmen durch seinen Substitutionswettbewerb den bereits im Markt befindlichen Unternehmen einen Teil der Nachfrage. Dieser Effekt wird jedoch von den eintretenden Unternehmen nicht berücksichtigt, sodass eine Tendenz besteht, zu viele Varianten des Produktes anzubieten. Je nachdem, welcher dieser Effekte überwiegt, kann es zu wenig oder zu viele Produktvarianten geben.67 Hinsichtlich der dynamischen Effizienz gilt ein ähnliches Resultat wie bei vollkommenem Wettbewerb: Zwar gibt es große Anreize zu Innovationen, aber aufgrund mangelnder Gewinne stehen dafür keine ausreichenden Mittel zur Verfügung.
V. Oligopol
Während die bisher betrachteten Marktstrukturen dadurch gekennzeichnet waren, dass es entweder sehr viele kleine oder ein sehr großes Unternehmen gibt, zeichnen sich die meisten aus wettbewerbsrechtlicher Sicht interessanten Märkte dadurch aus, dass die dort angebotenen Produkte nur von einer kleinen Anzahl von Unternehmen hergestellt werden, d.h. es handelt sich um oligopolistisch strukturierte Märkte.68 Von einem möglichen Randwettbewerb abgesehen, hat dabei jedes einzelne Unternehmen eine signifikante Größe bezüglich des Marktes. Wenn nun ein solches Unternehmen den Preis seines Produktes senkt oder die angebotene Menge erhöht, dann hat dies spürbare Auswirkungen auf die anderen Unternehmen im Markt. So werden z.B. bei einer Preissenkung Kunden von den anderen Unternehmen zu dem mit dem geringeren Preisen abwandern. Dies führt zu einer Umsatzeinbuße und möglicherweise zu einer Verringerung des Gewinns dieser Unternehmen. Es ist zu vermuten, dass sie einer Preissenkung nicht tatenlos zusehen, sondern z.B. ebenfalls mit einer Preissenkung reagieren. Der Gewinn eines Unternehmens