Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen. Alexander Grieger
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Dieser Grundsatz der unbeschränkten Haftung ist, wie nachfolgend im rechtsvergleichenden Teil dieser Arbeit dargestellt wird, nicht unüblich. Allerdings darf trotz der beispielhaft näher dargestellten Rechtsordnungen nicht ausgeblendet werden, dass sehr wohl Rechtsordnungen existieren, deren Vertragsrecht die Haftung für Folgeschäden bereits per se nicht vorsieht. So beschränkt z.B. das indische Vertragsrecht (Section 73, Indian Contract Law) Schadensersatzansprüche auf direkte und vorhersehbare Schäden und schließt indirekte Folgeschäden explizit aus93.
76 MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 18; STAUDINGER-249ff.-Schiemann, § 249 Rn. 4ff.; NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 6. Zur historischen Entwicklung des Schadensrechts vgl. STAUDINGER-249ff.-Schiemann, Vorbem zu §§ 249ff. Rn. 23–25. 77 NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 30; STAUDINGER-249ff.-Schiemann, § 249 Rn. 2; Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 8. 78 PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 25; MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 8 u 98; NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 64. 79 Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit, S. 438. Beispielhaft: Relation Auftragswert zu Folgeschaden im Rahmen des Schwimmschalter-Falles (BGHZ 67, 359ff.) bei einem Preis von 5 DM in Relation zu mehr als 70 TDM Schaden: ca. 1:14.200. Weiteres Beispiel: Relation ca. 1:9 (Auftragswert für eine Teil-EDV-Klimatisierung 15 TDM (nt.) in Relation zum durch austretendes Wasser im Serverraum verursachten Mangelfolgeschaden i.H.v. 136 TDM) in BGH, Urt. v. 20.12.1984 – VII ZR 340/83. 80 PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 3; zur historischen Überwindung der Schadensverantwortlichkeit auf Basis anderer Kriterien (wie z.B. Verschuldensgrad), vgl. STAUDINGER-249ff.-Schiemann, § 249 Rn. 2; Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 8. 81 STAUDINGER-249ff.-Schiemann, Vorbem zu §§ 249ff. Rn. 25; ders., § 252 Rn. 6. 82 MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 99; NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 21. 83 BT-Drs. 7/3919, S. 31/32. 84 STAUDINGER-249ff.-Schiemann, Vorbem zu §§ 249ff. Rn. 25. 85 MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 8; PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 2; STAUDINGER-249ff.-Schiemann, Vorbem zu §§ 249 Rn. 104. 86 Koller, ZIP 1986, S. 1089ff. (1090ff.). 87 MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 15ff.; BAMBERGER/ROTH-Saenger, CISG Art. 74 Rn. 2, 7f.; Eckert/Maifeld/Matthiessen, Handbuch des Kaufrechts, Rn. 1106, 1109, 1111; Podehl, DB 2005, S. 2453ff. (2453). 88 M. w.V., insgesamt aber kritisch gegenüberstehend: MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 2. 89 BGH, NJW 1985, S. 3016ff. (3018). So auch Langer, WM 2006, S. 1233ff. (1235/1236); Ostendorf, ZGS 2006, S. 222ff. (225); Verweyen/Foerster/Toufar, Handbuch des internationalen Warenkaufs, S. 172; AnwK AGB-Recht/Bornhofen Rn. 956. I. E. wegen konkreter Erkennbarkeit ebenfalls bejahend: BeckOK/BGB-Saenger, CISG Art. 74 Rn. 12. A.A. und bei Betriebsausfallschäden auf den jeweiligen Einzelfall abstellend: SCHLECHTRIEM/SCHWENZER/SCHROETER-Schwenzer, Art. 74 Rn. 55. 90 Zu den Beweisproblemen subjektiver Vorhersehbarkeit und der geringen Hürde objektiver Erwartbarkeit vgl. MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 30ff.. Nur auf den objektiven Maßstab abstellend: Eckert/Maifeld/Matthiessen, Handbuch des Kaufrechts, Rn. 1112. Allgemein zum Erfordernis der Vorhersehbarkeit: HANDBUCH IWR-Benicke, Teil B. Rz. 380–382. 91 INTERNATIONALES VERTRAGSRECHT-Saenger, CISG Art. 74 Rn. 7; Eckert/Maifeld/Matthiessen, Handbuch des Kaufrechts, Rn. 1107f.; MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 36; in Bezug auf den Betriebsausfallschaden so i.E. auch MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 40. A.A. (nur bei explizitem Hinweis auf Betriebsausfallschaden): BAMBERGER/ROTH-Saenger, CISG Art. 74 Rn. 12. 92 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.11.2012 – 5 U 129/11, Rn. 103 (bestätigend bezüglich „Folgeschäden (consequential loss [...] und zwar in Gestalt einer Gewinnchance“); OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.02.2016 – 1 U 192/14, abrufbar unter cisg-online 2740, Ziffer II.6.a; OLG Koblenz, Urt. v. 10.09.2013 – 3 U 223/13, abrufbar unter cisg-online 2472, Ziffer II.1.b.cc. 93 Tulsian, Business Law, Kapitel 10.5; Meena, Textbook on Law of Contract, S. 298; Kuchhal, Business Law, S. 288.
C. Das Prinzip der Verschuldenshaftung
Nur bei einer zu vertretenden Pflichtverletzung räumt § 280 BGB eine Schadensersatzpflicht ein, wobei sich der genaue Umfang nach §§ 276–278 BGB definiert:
§ 276 Verantwortlichkeit des Schuldners
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
§ 277 Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten
Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit.
§ 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Die Begriffe „Vertretenmüssen“ und „Verschulden“ sind hiernach nicht gleichzusetzen, sondern der erweiterte Umfang des „Vertretenmüssens“ hervorzuheben94. Zu vertreten kann nach § 276 Abs. 1 S. 2 auch eine verschuldensunabhängige Pflichtverletzung (wie z.B. bei vertraglicher Abgabe einer Garantie) sein, wobei dieser Betrachtungsgegenstand für den Gegenstand dieser Arbeit außen vor bleibt, nachdem Garantien als eigenständige Haftungsregime nicht die Beschränkung, sondern Ausweitung von Verantwortlichkeiten zum Ziel haben (vgl. hierzu später). Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass eine gesetzliche verschuldensunabhängige Haftung insbes. auch im B2B-Bereich nur sehr versprengt zu finden ist. Hierzu zählt z.B. die Haftung des Schuldners bei Verzug auch bei Zufall (§ 287 S. 2 BGB) oder auch, für Geschäftsraummietverträge geltend, die Haftung des Vermieters für alle zum Mietbeginn vorliegenden Mietmängel (§§ 536a, 536 BGB). Auf typische Beispiele für Gefährdungshaftung infolge geduldeter Gefahrschaffung (wie § 1 ProdHaftG) wird später noch eingegangen.
Nach § 276 BGB sind Vorsatz und Fahrlässigkeit, zusammengefasst unter dem Begriff des Verschuldens, zu vertreten, sofern keine strengere oder mildere Haftung bestimmt ist. Der Vorsatz, der das Wissen und Wollen um die objektiven Tatbestandsmerkmale aufweist, wird dabei wie im Strafrecht in verschiedene Vorsatzformen untergliedert, wobei die Abgrenzung der verschiedenen Vorsatzgrade vertragsrechtlich keine Rolle spielt95. Das gesetzliche Verbot des vertraglichen Haftungsausschlusses im