Strafrecht Besonderer Teil. Группа авторов

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zum Anlass, einen detaillierten Überblick über den gegenwärtigen Stand der Auseinandersetzung um die Anforderungen an die Ernstlichkeit eines Tötungsverlangens zu geben: »In der Rechtsprechung des BGH ist die Frage, welche Anforderungen an die Ernstlichkeit eines Tötungsverlangens zu stellen sind, nicht abschließend geklärt. Allerdings hat der BGH in seinem Urteil vom 22. 1. 1981 (4 StR 480/80, NJW1981, 932) festgehalten, dass ernstlich im Sinne des § 216 StGB nur ein Verlangen sei, das auf fehlerfreier Willensbildung beruhe. Der seinen Tod verlangende Mensch müsse die Urteilskraft besitzen, um Bedeutung und Tragweite seines Entschlusses verstandesmäßig zu überblicken und abzuwägen. Es komme deshalb auf die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Lebensmüden an; sei dieser zu einer freien Selbstbestimmung über sein Leben entweder allgemein oder in der konkreten |49|Situation nicht imstande, z.B. als Geisteskranker oder Jugendlicher […], der nicht die entsprechende Verstandesreife besitze, so fehle es an einem ernstlichen Verlangen. […] Auch das Schrifttum versagt einem Tötungsverlangen dann die Anerkennung, wenn dem Opfer diese Fähigkeit – etwa infolge alters- oder krankheitsbedingter Mängel oder unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen – fehlt (vgl. Fischer 57. Aufl., § 216 Rn 7; Lackner/Kühl 27. Aufl., § 216 Rn; LK-Jähnke 11. Aufl., § 216 Rn 7; MünchKomm-StGB-Schneider § 216 Rn 21; Sch/Sch-Eser 26. Aufl., § 216 Rn 8; SK-StGB-Horn 6. Aufl., § 216 Rn 8). Gleiches gilt für einen Todeswunsch, der deshalb nicht auf einem in freier Eigenverantwortung gefassten Entschluss beruht, weil der Täter ihn durch Zwang, Drohung oder arglistige Täuschung hervorrief, etwa durch Vorspiegelung eigener Suizidabsicht […]. Damit sind die inhaltlichen Anforderungen, die das normative Tatbestandsmerkmal der Ernstlichkeit für die privilegierende Wirkung des Tötungsverlangens voraussetzt, jedoch nicht abschließend umschrieben. Das Fehlen von Willensmängeln der genannten Art ist zwar notwendige, nicht aber auch hinreichende Voraussetzung der Ernstlichkeit des Tötungsverlangens. […] Welche weiteren Eingrenzungen des Tatbestandsmerkmals danach geboten sind, wird aber […] nicht einheitlich beantwortet. Teils wird einem Todeswunsch die Ernstlichkeit schon dann abgesprochen, wenn er als unüberlegt anzusehen ist (Kühl a.a.O.), ohne diesem Begriff allerdings schärfere Konturen zu geben. Überwiegend wird einem Verlangen die Anerkennung dann versagt, wenn es einer Augenblicksstimmung oder einer vorübergehenden Depression entsprang (Fischer; LK-Jähnke; Sch/Sch-Eser; SK-StGB-Horn – alle a.a.O.). Gelegentlich wird der Wunsch des Opfers, sterben zu wollen, darüber hinaus auch dann für unbeachtlich gehalten, wenn es bei seinem Entschluss von unzutreffenden Voraussetzungen ausging oder einem wesentlichen Motivirrtum unterlag, so etwa bei irriger Annahme einer unheilbaren Erkrankung (Sch/Sch-Eser; SK-StGB-Horn; jew. a.a.O.). Am weitesten geht die Auffassung, das Tötungsverlangen sei ein Unterfall der Einwilligung, weshalb es grundsätzlich schon dann anzuerkennen sei, wenn das Tatopfer keinen einwilligungsrelevanten Willensmängeln unterlag; auch diese Ansicht verlangt aber einschränkend eine durch Willensfestigkeit und Zielstrebigkeit gezeichnete innere Haltung des Lebensmüden, die einem beiläufig oder leichthin artikulierten Tötungsverlangen fehle (MünchKomm-StGB-Schneider a.a.O., Rn 19f.).«[189] Bereits diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass die genauen Anforderungen an die Ernstlichkeit des Tötungsverlangens weitgehend ungeklärt sind. Insoweit dürfte es auch in universitären Prüfungsarbeiten weniger darauf ankommen, welchem der vom BGH skizzierten Lösungswegen gefolgt wird, solange dies nur mit überzeugender Argumentation geschieht und im Übrigen die Voraussetzungen des § 216 StGB in jedem Fall verneint werden, |50|wenn das Tatopfer nicht über die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügte, um die Bedeutung seines Entschlusses zu erfassen.

      107Der Täter muss durch das Tötungsverlangen zur Tat bestimmt worden sein, was bedeutet, dass es für ihn handlungsleitend gewesen sein muss.[190] Liegen einer Tötungstat mehrere Motive zugrunde, (»Motivbündel«) so ist festzustellen, welcher der Beweggründe der entscheidende »bewusstseinsdominante« gewesen ist. Hat sich der Täter von dem Wunsch des Tatopfers leiten lassen, wird § 216 nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil daneben noch andere Motive bei dem Tatentschluss mitgespielt haben.[191]

      108Gemäß § 216 Abs. 2 StGB steht auch der Versuch einer Tötung auf Verlangen unter Strafe. Die Rechtsprechung bejaht darüber hinaus die Möglichkeit einer Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen,[192] was aber insbesondere dann kritisch zu beurteilen ist, wenn hierdurch der Grundsatz der Straflosigkeit einer Beteiligung am freiverantwortlichen Suizid unterlaufen wird (hierzu noch Rn. 115ff.).[193] Liegt objektiv kein ernstliches Tötungsverlangen vor, geht der Täter jedoch irrtümlich hiervon aus und wird er durch diese fehlerhafte Vorstellung zur Tötung bestimmt, ist er wegen § 16 Abs. 2 StGB lediglich aus § 216 StGB zu bestrafen.

      b) Sterbehilfe und Behandlungsabbruch

      aa) Traditionelle Differenzierung

      109Im Zusammenhang mit lebensverkürzenden Maßnahmen, die den Tod eines Sterbenskranken verursachen bzw. beschleunigen, differenzierte die in Literatur und Rechtsprechung vorherrschende Auffassung ursprünglich zwischen der unzulässigen direkten bzw. aktiven Sterbehilfe auf der einen und den unter bestimmten Voraussetzungen straflosen Formen der indirekten und passiven Sterbehilfe auf der anderen Seite. Aktive Sterbehilfe sollte vorliegen, wenn zielgerichtet und durch aktive Maßnahmen das Leben eines Todkranken verkürzt wird.[194] Grundsätzlich straflos sollte demgegenüber die sog. indirekte Sterbehilfe sein, die sich durch die Verabreichung schmerzlindernder Medikation kennzeichnet, die das Risiko einer Lebensverkürzung als Nebeneffekt mit sich bringt (Hilfe für den Sterbenden beim Sterben).[195] Unter die sog. passive Sterbehilfe sollten zuletzt diejenigen Fälle zu subsumieren sein, in denen Maßnahmen unterlassen werden, die zu einer Lebensverlängerung führen würden, also beispielsweise ein Arzt die künstliche Ernährung eines Komapatienten einstellt. Im Fall der passiven Sterbehilfe wurde eine Rechtfertigung der Tat überwiegend für möglich gehalten, wobei einige vom Vorliegen einer (mutmaßlichen|51|) Einwilligung ausgingen, während andere eine Anwendung von § 34 StGB befürworteten.[196]

      bb) Anforderungen an einen gerechtfertigten Behandlungsabbruch

      110Im Jahr 2010 hatte sich der BGH erneut mit der Sterbehilfeproblematik zu befassen. Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem das Tatopfer, das gegenüber ihren Angehörigen mehrfach geäußert hatte, im Falle der Einwilligungsunfähigkeit keine lebensverlängernden Maßnahmen in Form künstlicher Ernährung und Beatmung zu wünschen, im Anschluss an eine Hirnblutung im Wachkoma in einem Heim lag. Anwaltlich beraten, aber entgegen dem Wunsch der Heimleitung, durchschnitt die als Betreuerin bestellte Tochter die Magensonde, die das Tatopfer mit Nahrung versorgte. Der BGH widersprach der Einschätzung des erstinstanzlich zuständigen LG, eine Rechtfertigung der Tochter käme schon deshalb nicht in Betracht, weil sie eine aktive auf die Herbeiführung des Todes gerichtete Handlung ausgeführt habe. Im Rahmen der Urteilsbegründung gab der BGH die skizzierte Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Sterbehilfe zwecks Bestimmung der Strafbarkeits- und Rechtfertigungsvoraussetzungen ausdrücklich auf. Zur Begründung führte er aus, dass die bisherige Differenzierung dazu zwinge, Handlungen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eindeutig als Lebensverkürzungen durch aktives Tun erscheinen, nach normativen Gesichtspunkten als Unterlasen zu deuten, beispielsweise um die Straflosigkeit desjenigen begründen zu können, der dem Willen eines Todkranken entsprechend eine Magensonde entfernt oder ein Beatmungsgerät ausschaltet. Denn die »Grenze zwischen erlaubter Sterbehilfe und einer nach den §§ 212, 216 StGB strafbaren Tötung kann nicht sinnvoll nach Maßgabe einer naturalistischen Unterscheidung von aktivem und passivem Handeln bestimmt werden. Die Umdeutung der erlebten Wirklichkeit in eine dieser widersprechende normative Wertung, nämlich eines tatsächlich aktiven Verhaltens, etwa beim Abschalten eines Beatmungsgeräts, in ein ›normativ verstandenes Unterlassen‹ – mit dem Ziel, dieses Verhalten als ›passive Sterbehilfe‹ rechtlich legitimieren zu können – ist in der Vergangenheit zu Recht auf Kritik gestoßen und als dogmatisch unzulässiger ›Kunstgriff‹ abgelehnt

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