Strafrecht Besonderer Teil. Группа авторов

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einen hinreichenden Tatverdacht gegen die Kinder und stellte das gegen sie eingeleitete Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO ein. Zwar hätten Kinder gegenüber ihren Eltern grundsätzlich eine Garantenstellung inne, jedoch werde die sich daraus ergebende Garantenpflicht durch einen freiverantwortlich gefassten Selbsttötungswillen des Suizidenten eingeschränkt. Die Auffassung, die eine Pflicht zum Einschreiten ab dem Eintritt der Handlungs- bzw. Bewusstlosigkeit annehmen möchte, sei abzulehnen, da andernfalls der unauflösbare Wertungswiderspruch entstünde, dass ein Angehöriger oder Arzt straflos einen Suizidenten bei der Realisierung seines Tötungsentschlusses unterstützen dürfte (etwa indem er Gift besorgt), dann aber nach Einnahme des Giftes zur Rettung verpflichtet wäre. Da der Entschluss der Patientin, aus dem Leben zu scheiden, freiverantwortlich getroffen worden sei, käme sowohl eine Strafbarkeit aus §§ 212 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB als auch eine solche aus § 323c StGB nicht in Betracht.

      6. Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)

      130Von § 222 StGB werden diejenigen Fälle erfasst, in denen der Täter die objektiven Voraussetzungen des § 212 StGB erfüllt, dabei aber hinsichtlich des Todeseintritts nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig handelt. In Fallbearbeitungen ist an die Prüfung des § 222 StGB daher insbesondere auch dann zu denken, wenn zuvor eine Strafbarkeit wegen vorsätzlichen Totschlags erörtert und nach Darstellung der Auseinandersetzung um die Anforderungen an den Tötungsvorsatz (hierzu Rn. 20ff.) verneint wurde. Im Übrigen betreffen Prüfungsschwerpunkte im Zusammenhang mit der fahrlässigen Tötung in der Regel Fragestellungen aus dem Allgemeinen Teil des Strafrechts, wobei insbesondere die Ermittlung von Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Teilnahme im Straßenverkehr sowie die Abgrenzung der tatbestandslosen eigenverantwortlichen |62|Selbstgefährdung zur grundsätzlich tatbestandsmäßigen Fremdgefährdung regelmäßig wiederkehrende Prüfungsgegenstände sind.[218]

      7. Aussetzung (§ 221 StGB)

      131Der als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltete § 221 StGB dient dem Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit. Abs. 1 der Vorschrift enthält zwei Tatbestandsvarianten, die trotz ihrer teils erheblich voneinander abweichenden Struktur eine Reihe von gemeinsamen Strafbarkeitsvoraussetzungen aufweisen und insbesondere beide zweistufig ausgestaltet sind. Hiernach ist erforderlich, dass der Täter einen anderen Menschen der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, indem er ihn entweder in eine hilflose Lage versetzt (Nr. 1) oder in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist (Nr. 2). Der Vorsatz des Täters muss sich neben der Tathandlung auch auf den konkreten Gefahrerfolg beziehen.

      132Da es sich bei § 221 Abs. 1 StGB um ein Vergehen handelt und die Versuchsstrafbarkeit nicht ausdrücklich angedroht ist, ist der Versuch des Grunddeliktes straflos. Abs. 2 Nr. 1 normiert einen Qualifikationstatbestand, während die § 221 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 StGB mehrere Erfolgsqualifikationen enthalten. Bei den in Abs. 2 und 3 normierten Fällen handelt es sich ausnahmslos um Verbrechenstatbestände, so dass insoweit auch eine Versuchsstrafbarkeit besteht. § 221 Abs. 4 StGB sieht zuletzt eine obligatorische Strafmilderung bei Vorliegen eines minder schweren Falles vor.

      133Tab. 3: Prüfungsaufbau § 221 StGB

      a) Tathandlungen

      aa) Versetzen in eine hilflose Lage

      134Bei der 1. Tatbestandsvariante des § 221 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein klassisches Begehungsdelikt, das nach mehrheitlich vertretener Auffassung unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 StGB auch durch Unterlassen verwirklicht werden kann.[219] Die Tathandlung des § 221 Abs. 1 Var. 1 StGB besteht darin, dass der Täter einen anderen Menschen in eine hilflose Lage versetzt.

      135In einer hilflosen Lage befindet sich, »wer der abstrakten Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsbeschädigung ohne die Möglichkeit eigener oder fremder Hilfe ausgesetzt ist […]. Hilflosigkeit im Sinne des Tatbestandes definiert sich danach als das Fehlen hypothetisch rettungsgeeigneter sächlicher Faktoren oder hilfsfähiger (und generell auch hilfsbereiter) Personen«[220]. Entscheidend ist, dass sich das Opfer in einer Situation befindet, in der es sich nicht selbst oder mit der Hilfe schutzbereiter Dritter vor Gefahren für Leib und Gesundheit zu schützen vermag.[221] Abzustellen ist jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, wobei sich die Hilflosigkeit insbesondere aus den örtlichen Gegebenheiten, aber auch aus der persönlichen Konstitution des Tatopfers ergeben kann. Zutreffend bejahte der BGH daher die Hilflosigkeit in einem Fall, in dem zwei Streifenpolizisten einen erheblich alkoholisierten Heranwachsenden, den sie zuvor wegen einer Ruhestörung aufgegriffen hatten, nachts und bei einer Außentemperatur von 4 Grad Celsius in 8 km Entfernung zur nächsten Ortschaft aus dem Streifenwagen aussteigen ließen und davon fuhren.[222] Die Hilflosigkeit des Heranwachsenden ergab sich hier daraus, dass er sich in einer Situation befand, die jederzeit in eine konkrete Gefahrenlage umschlagen konnte,[223] und dass er selbst wegen seiner Alkoholisierung nicht in der Lage war, die Gefahr abzuwehren, während zugleich wegen der örtlichen |64|und zeitlichen Umstände mit einem Eintreffen schutzbereiter Dritter nicht zu rechnen war. Dass der Heranwachsende ein funktionstüchtiges Mobiltelefon bei sich trug, änderte nach Einschätzung des BGH nichts am Vorliegen einer hilflosen Lage, da es ihm nicht gelungen war, jemanden anzurufen und er im Übrigen gar nicht wusste, wo er sich befand.[224] In einer hilflosen Lage befinden sich typischerweise auch Kleinstkinder und Schwerverletzte, die sich an entlegenen oder ansonsten von anderen Menschen nicht frequentierten Orten aufhalten. Keine hilflose Lage besteht demgegenüber bei nur kurzfristigen Augenblicksgefahren oder in Fallkonstellationen, in denen jemand nur nicht erkennt, dass er sich in einer gefährlichen Situation befindet, er im Fall ihrer Realisierung aber ohne Weiteres in der Lage wäre, der Gefahr selbst zu entgehen.[225]

      136Der Täter muss das Opfer in die hilflose Lage versetzt haben. Das Versetzen erfasst sämtliche dem Täter zurechenbaren Zustandsveränderungen, durch die dieser die hilflose Lage herbeiführt.[226] Typischerweise geschieht dies dadurch, dass der Täter die kritische Situation selbst unmittelbar verursacht, das Opfer also beispielsweise an einen abgelegenen Ort verbringt, es einsperrt, betäubt oder ihm eine derart große Menge Alkohol verabreicht, dass es nicht mehr in der Lage ist, sich eigenverantwortlich zu verhalten.[227] Daneben erfüllt aber auch derjenige die Voraussetzungen der 1. Tatbestandsvariante, der das bereits hilflose Opfer in eine andere hilflose Lage versetzt oder diese dadurch herbeiführt, dass er hilfsbereite Dritte dazu veranlasst, das Tatopfer alleine zu lassen.[228] Nicht erforderlich ist, dass der Täter die hilflose Lage durch eine Ortveränderung bewirkt.[229] So kann ein Versetzen in eine hilflose Lage auch darin liegen, dass der Täter dem Tatopfer überlebenswichtige Ressourcen (d.h. insbesondere Nahrung) oder zur Kontaktaufnahme hilfsbereiter Dritter geeignete Gegenstände (bspw. Mobiltelefone) wegnimmt und hierdurch eine spezifische Gefahrensituation begründet.

      bb) Im Stich Lassen in hilfloser Lage trotz Obhutspflicht

      137Die 2. Tatbestandsvariante des § 221 Abs. 1 StGB unterscheidet sich vorrangig dadurch von der. 1. Variante, dass sie ein echtes Unterlassungsdelikt normiert, auf das die in § 13 Abs. 2 StGB vorgesehene Milderungsmöglichkeit keine Anwendung findet.[230] Auch bei der 2. Variante muss sich das Tatopfer in einer hilflosen Lage befinden, wobei die vorherigen Ausführungen entsprechend gelten. Im Unterschied zur 1. Tatbestandsvariante wirkt der Täter jedoch nicht aktiv an deren Entstehung mit, sondern lässt das Tatopfer in der hilflosen |65|Lage im Stich, obwohl er dazu verpflichtet wäre, diesem beizustehen. Besteht Anlass, die Verwirklichung von § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB zu prüfen, ist daher im Anschluss an die Feststellung, dass sich das Tatopfer in einer hilflosen Lage befand, der Frage

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