Strafrecht Besonderer Teil. Группа авторов

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wie im Grundsatz das Erregen eines Ekelgefühles […]. Die Beurteilung ändert sich aber, wenn infolge von Abscheu oder Ekel körperliche Wirkungen hinzutreten, etwa in Form von Magenschmerzen, Erbrechen und Atemnot […]. Es reichen aber auch solche psychischen Beeinträchtigungen aus, die den Körper im weitesten Sinne […] in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand, vor allem auch nervlicher Art, versetzten. Deshalb sind auch Tatfolgen wie Zittern, Schlaflosigkeit und Angstzustände jedenfalls dann als tatbestandliche Körperverletzung anzusehen, wenn sie nicht nur unerheblichen Ausmaßes sind […].« Da die betroffene Zeugin »nach der Tat jedenfalls für eine Woche unter einer Verschlimmerung der bei ihr schon bekannten Schlafstörungen gelitten hat; ebenso unter erneuten Krampfanfällen, welche zwar in einer vorbestehenden Erkrankung (Multiple Sklerose) angelegt waren, durch den infolge der Tat ausgelösten Stress indes wiederum aufgetreten sind«, liege es auf der Hand »dass körperliche Wirkungen wie jedenfalls Krampfanfälle, aber auch mehrere Tage andauernde Schlafstörungen, nicht nur nach dem subjektiven Empfinden der Zeugin sondern auch aus der Sicht eines objektiven Betrachters mehr als nur unerheblich sind.«[255] § 223 Abs. 1 StGB sei daher erfüllt, wobei vom AG Lübeck offen gelassen wurde, ob es sich um eine körperliche Misshandlung und bzw. oder um eine Gesundheitsschädigung handelte.

      154Im subjektiven Tatbestand des § 223 StGB gibt es keine Besonderheiten, es genügt bedingter Vorsatz in Hinblick auf die Merkmale des objektiven Tatbestandes.

      b) Rechtswidrigkeit

      155Bei § 223 StGB kann wie üblich die Rechtswidrigkeit der Tatbestandsverwirklichung ausnahmsweise entfallen, wenn ein Rechtfertigungsgrund, etwa gem. § 32 StGB[256], gegeben ist. Es bestehen allerdings zusätzlich einige Besonderheiten, die im Folgenden dargestellt werden.

      aa) Sozialadäquanz

      156Früher war anerkannt, dass die Rechtswidrigkeit auch dann zu verneinen ist, wenn die Körperverletzung sozial adäquat ist. Hier ging es namentlich um das sog. Züchtigungsrecht, welches nach der früher herrschenden Meinung Erziehungspersonen zur körperlichen Züchtigung von Kindern berechtigen sollte. So lautet etwa der Leitsatz einer BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1952: »Eltern, die ihre 16jährige sittlich verdorbene Tochter durch Kurzschneiden der Haare und Festbinden an Bett und Stuhl bestrafen, überschreiten nicht das elterliche Züchtigungsrecht.«[257] Eltern und auch Lehrer sollten aufgrund |73|einfachgesetzlicher Normen (die mittlerweile gestrichen wurden)[258] oder qua Gewohnheitsrecht befugt sein, Kinder zu Erziehungszwecken körperlich zu maßregeln.[259] Dadurch sollten auch Körperverletzungen gem. § 223 StGB gerechtfertigt werden können. Ein solcher Rechtfertigungsgrund wird von der herrschenden Meinung heute verneint.[260] Diese Ansicht vertritt nun auch der Gesetzgeber, der in § 1631 Abs. 2 S. 2BGB festgeschrieben hat, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben und körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen im Rahmen der Personensorge für ein Kind unzulässig sind.[261]

      157Als sich der Meinungsstand zum Züchtigungsrecht gerade im Umbruch befand, war im Einzelfall ein Schuldausschluss gem. § 17 StGB in Betracht zu ziehen,[262] wenn sich der Täter über das Bestehen bzw. die Reichweite seines Züchtigungsrechtes irrte. Da ein solcher sog. Erlaubnisirrtum als indirekter Verbotsirrtum[263] gem. § 17 StGB unvermeidbar gewesen sein muss, um zum Schuldausschluss zu führen, dürfte eine Anwendung auf Fälle körperverletzender Züchtigung von Kindern heute ausgeschlossen sein, da mittlerweile die Pflicht zur gewaltlosen Erziehung allgemein bekannt und im BGB gesetzlich festgeschrieben ist.

      158Wesentlich aktueller ist der aufgrund einer Entscheidung des LG Köln aus dem Jahr 2012 neu entbrannte Streit um die Sozialadäquanz der religiös motivierten Knabenbeschneidung. Das LG Köln hatte die Tatbestandsmäßigkeit in einem Verfahren gegen einen Arzt, der eine solche Beschneidung vorgenommen hat, bejaht (und den Arzt wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums dennoch freigesprochen). Zur Sozialadäquanz führte das Landgericht aus, dass ihr »neben dem Erfordernis tatbestandsspezifischer Verhaltensmissbilligung keine selbstständige Bedeutung« zukomme. »Die Sozialadäquanz eines Verhaltens ist vielmehr lediglich die Kehrseite dessen, dass ein rechtliches Missbilligungsurteil nicht gefällt werden kann. Ihr kommt nicht die Funktion zu, ein vorhandenes Missbilligungsurteil aufzuheben.«[264] Mit dem Argument der Sozialadäquanz soll also tatbestandliches Verhalten nicht legalisiert werden |74|können. Das Landgericht verneinte auch das Vorliegen einer rechtfertigenden Einwilligung. Ein – in diesem Falle vierjähriges – Kind sei mangels hinreichender Verstandesreife nicht einwilligungsfähig. Die Eltern des Kindes hatten zwar eingewilligt. Allerdings erfasse das Sorgerecht und die damit verbundene Entscheidungsberechtigung der Eltern nur Erziehungsmaßnahmen, die dem Wohl des Kindes dienten, § 1627 S. 1BGB. Ob die Einwilligung in die Beschneidung von § 1627 S. 1BGB gedeckt sei, müsse durch eine Abwägung des Erziehungsrechts der Eltern aus Art 4 Abs. 1, 6 Abs. 2GG und den Grundrechten des Kindes auf Selbstbestimmung (Art 2 Abs. 2 S. 1GG) und körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs. 1GG) bestimmt werden: »Bei der Abstimmung der betroffenen Grundrechte ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die in der Beschneidung zur religiösen Erziehung liegende Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist, wenn sie denn erforderlich sein sollte, jedenfalls unangemessen. Das folgt aus der Wertung des § 1631II1BGB. Zudem wird der Körper des Kindes durch die Beschneidung dauerhaft und irreparabel verändert. Diese Veränderung läuft dem Interesse des Kindes, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können, zuwider. Umgekehrt wird das Erziehungsrecht der Eltern nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten sind abzuwarten, ob sich der Knabe später, wenn er mündig ist, selbst für die Beschneidung als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam entscheidet (…).«[265]

      159Nach dieser Entscheidung entwickelte sich eine kontroverse Diskussion über die Strafwürdigkeit der massenhaft praktizierten muslimischen und jüdischen Beschneidungstradition.[266] Der Gesetzgeber reagierte darauf sehr schnell mit dem am 28. Dezember 2012 in Kraft getretenen »Gesetz über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes«[267]. Es fügt in das BGB den § 1631d neu ein. Danach umfasst nun die Personensorge auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Eine Ausnahme soll gelten, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird. In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen gem. § 1631d Abs. 2BGB auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind. Ob die gesetzgeberische Intervention tatsächlich die rechtspraktischen Probleme der Beschneidung zu lösen vermag, wird zum Teil bezweifelt.[268] Es bleibt abzuwarten.

      |75|bb) Einwilligung (§ 228 StGB)

      160In § 228 StGB ist geregelt, dass eine Körperverletzung nicht rechtswidrig ist, wenn der Verletzte eingewilligt hat und die Tat nicht trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.[269] Die Norm enthält demnach einen speziellen Rechtfertigungsgrund.[270] Dieser ist jedoch nicht nur für die Körperverletzungsdelikte anerkannt, sondern wird als ungeschriebener Rechtfertigungstatbestand auch bei anderen Delikten, die dem Schutz disponibler Rechtsgüter dienen, angewendet.[271]

      161(1) Einwilligung in lebensgefährliche Behandlung: Das eigene Leben ist kein disponibles Rechtsgut, es ist daher grundsätzlich nicht einwilligungsfähig. Dies wird u.a. daraus abgeleitet, dass § 216 StGB die Tötung auf Verlangen – also mit Einwilligung des Getöteten – ausdrücklich unter Strafe stellt (vgl. dazu Rn. 102ff.). Nach § 228 StGB sind Körperverletzungen hingegen grundsätzlich einwilligungsfähig. Dies wirft die Frage auf, ob auch lebensgefährliche Körperverletzungshandlungen unter § 228 StGB fallen können oder ob dies durch den absoluten Lebensschutz gesperrt ist. Der BGH hatte darüber

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