Strafrecht Besonderer Teil. Группа авторов

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wenn der Patient gem. § 228 StGB in die Behandlung eingewilligt hat. Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt |79|voraus, dass der Patient korrekt und vollständig aufgeklärt wurde und einwilligungsfähig ist.[283]

      167Gerade in der Notfallmedizin gibt es allerdings viele Situationen, in denen ein Patient nicht einwilligen kann, etwa weil er bewusstlos ist. Wenn eine Operation dennoch dringend erforderlich ist, wird der Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen über den ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund der mutmaßlichen Einwilligung gerechtfertigt. Gleiches gilt, wenn sich im Laufe einer Operation weiterer Handlungsbedarf zeigt (»Operationserweiterung«). Die Rechtsfigur der mutmaßlichen Einwilligung wird jedoch ebenso wie die sog. hypothetische Einwilligung[284] nicht als Unterfall des § 228 StGB angesehen. Beide gelten als jeweils eigenständige gewohnheitsrechtlich anerkannte ungeschriebene Rechtfertigungsgründe.[285]

      168(4) Exkurs: Sportverletzungen und verabredete Schlägereien: Bei der Ausübung bestimmter Sportarten ist es regelmäßig vorhersehbar oder – wie etwa bei Kampfsportarten – sogar beabsichtigt, dass es zu Körperverletzungen kommt.[286] Diese mutwillige, massenhafte Verwirklichung des § 223 StGB wird nach der herrschenden Meinung durch die Sozialadäquanz des Sports ausgeglichen, so dass eine Rechtfertigung gem. § 228 StGB auch bei der Gefahr schwerer Körperverletzungen nicht grundsätzlich wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten ausgeschlossen ist.[287] Fraglich ist jedoch, ob die durch die Teilnahme am sportlichen Spiel oder Wettkampf zumindest konkludent vorliegende Einwilligung der Sportler in das Risiko einer Körperverletzung auch regelwidrig zugefügte Körperverletzungen einschließt (z.B. durch eine sog. Blutgrätsche beim Fußball[288]). Die wohl h. M. geht davon aus, dass jedenfalls fahrlässige Regelverletzungen von der Einwilligung erfasst werden und somit ebenfalls straflos sind.[289] Das bedeutet im Umkehrschluss, dass etwa taktische Fouls, die bewusst und zielgerichtet ausgeführt werden, strafbar sind, wenn sie zur Verletzung eines Mitspielers führen.[290] Dass dies in der Praxis üblicherweise nicht verfolgt wird, liegt an dem mangelnden Interesse der Beteiligten.

      169|80|Ob überhaupt eine sportliche Auseinandersetzung vorliegt, ist nicht immer leicht zu bestimmen. Bei herkömmlichen Sportarten wie Fußball oder Boxen gibt es keine Probleme. Wie steht es aber etwa mit sog. Drittortauseinandersetzungen von Hooligans? Darunter wird das Phänomen gefasst, dass Hooligans angesichts der verschärften Sicherheitsvorkehrungen in den Stadien ihre Kämpfe an andere (»dritte«) Orte verlegen, wo sie ungestört sind. Dort treffen dann Anhänger verschiedener Mannschaften aufeinander und prügeln sich aus Freude an der körperlichen Gewalt. Dabei gelten bestimmte Regeln, etwa dass am Boden liegende Teilnehmer in Ruhe gelassen werden. Die Einhaltung der Regeln wird von »Schiedsrichtern« beider Gruppen überwacht.[291] Es stellt sich die Frage, ob auf diese Kämpfe, die für herkömmliche Sportarten entwickelten Einwilligungsmaßstäbe übertragbar sind. Die Rechtsprechung hatte in vergleichbaren Fällen, in denen Personen einvernehmlich einen Konflikt durch einen Faustkampf o.ä. klären wollten (»Duell«), verlangt, dass für eine Einwilligungsfähigkeit gewisse Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden sein müssen[292] und dass die Chancen der Beteiligten nicht in einem krassen Ungleichverhältnis stehen dürfen.[293] Der BGH hatte sich außerdem mit einem Fall beschäftigt, in dem sich zwei Gruppen Jugendlicher, die in Streit geraten waren, einvernehmlich zu einer Schlägerei verabredeten. Er ging davon aus, dass eine Einwilligung zwar vorlag, diese aber keine rechtfertigende Wirkung entfalte, da sie gegen die guten Sitten verstoße. Dafür sei nicht »in erster Linie das Gefährlichkeitspotenzial der einzelnen Körperverletzungshandlung, sondern die Gesamtumstände, unter denen diese verübt worden sind«[294] entscheidend. Auch wenn die einzelne Körperverletzungshandlung nicht lebensgefährdend sei, könne »das Fehlen jeglicher Absprachen und Vorkehrungen, die eine Eskalation der wechselseitigen Körperverletzungshandlungen und damit einhergehend eine beträchtliche Erhöhung der aus diesen resultierenden Rechtsgutsgefährlichkeit ausschließen«,[295] eine Sittenwidrigkeit begründen. Es kommt danach also auf das gruppendynamische Eskalationsrisiko an, dem nicht durch vorab vereinbarte Regeln und Mechanismen, die deren Einhaltung gewährleisten, entgegengewirkt wurde.

      170Das OLG München übertrug diese Differenzierungen des BGH erstmals auf einen »Fußball-Fall«. Es ging um eine Auseinandersetzung zwischen »Ultras« zweier Münchener Fußballvereine. Sie hatten sich in unmittelbarer Nähe des Stadions geprügelt. Das OLG bejahte trotz allseitiger Einwilligung in die Schlägerei die Strafbarkeit: »Die teilnehmenden Personen haben zwar im Vorhinein vereinbart, dass sie sich gegenseitig keine erheblichen Körperverletzungen zufügen werden, jedoch haben sie in keiner Weise vorab sichergestellt, dass die |81|zwischen ihnen vereinbarten Regeln auch tatsächlich eingehalten werden. Eine konkrete Eskalationsgefahr ergab sich darüber hinaus aus der hohen Anzahl von teilnehmenden Personen und aus dem Ort des Geschehens mitten im öffentlichen Straßenverkehrsraum […]. Mangels konkretem Regelwerk und fehlender Überwachung der Auseinandersetzung (z.B. durch unparteiische Schiedsrichter) handelte es sich nicht um einen einvernehmlich geführten »Schlagabtausch« zweier rivalisierender Fangruppen, sondern um eine unkontrollierte und unkontrollierbare gruppendynamische Massenprügelei, deren erhebliches Gefährlichkeitspotential mit großer Eskalationsgefahr durch die vorher getroffene Vereinbarung nicht in ausreichender Weise eingegrenzt werden konnte. […] Fehlen Absprachen und effektive Sicherungen für deren Einhaltung, die bei wechselseitigen Körperverletzungen zwischen rivalisierenden Gruppen den Grad der Gefährdung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der Beteiligten auf ein vor dem Hintergrund des Selbstbestimmungsrechts von Seiten des Staates tolerierbares Maß begrenzen, verstoßen die Taten somit trotz der Einwilligung der Verletzten selbst dann gegen die guten Sitten (§ 228 StGB), wenn mit den einzelnen Körperverletzungserfolgen keine konkrete Todesgefahr verbunden war […].«[296]

      171Während also nach Ansicht des OLG München sog. Drittortauseinandersetzungen gerechtfertigt sein können, wenn alle Beteiligten wirksam eingewilligt haben und es ein konkretes Regelwerk für die Auseinandersetzung gibt, dessen Einhaltung sichergestellt wird, schlägt der 3. Strafsenat des BGH einen anderen Weg ein.[297] Anlass für seine Grundsatzentscheidung war ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) gegen eine Gruppe rechtsradikaler Dresdner Hooligans. Es stellte sich die Frage, ob der Zweck der Gruppierung auf die Begehung von Straftaten gerichtet war. In diesem Rahmen mussten sich Instanzgerichte und der BGH unter anderem damit befassen, ob festgestellte »matches« mit Hooligans aus anderen Städten durch die allseitige Einwilligung in die Körperverletzungen gerechtfertigt waren. Der BGH verneinte dies und erklärte diese »Drittortauseinandersetzungen« für rechtswidrig. Seine Begründung stützt er allerdings nicht auf die Annahme einer Sittenwidrigkeit. Diesbezüglich bekräftigt er die Zurückhaltung im Umgang mit diesem vagen Begriff. Gesellschaftliche Vorstellungen eigneten sich nicht zur Auslegung strafbarkeitsbegründender Begriffe (s.o.). Es seien aber die bei anderen StGB-Normen zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertungen zu berücksichtigen. Dies gelte nicht nur für § 216 StGB, mit dessen Existenz von je her begründet wird, dass die Einwilligung in eine das Leben gefährdende Behandlung nicht möglich sein soll, sondern auch für § 231 StGB (Beteiligung an einer Schlägerei): »Nach dieser Vorschrift erfüllt derjenige rechtswidrig und schuldhaft den Tatbestand eines Strafgesetzes, der sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt. […] Der Tatbestand |82|des § 231 StGB bezweckt als abstraktes Gefährdungsdelikt […] nicht nur den Schutz des Lebens und der Gesundheit des durch die Schlägerei oder den Angriff tatsächlich Verletzten oder Getöteten, sondern auch Leben und Gesundheit all der – auch unbeteiligten – Personen, die durch die Schlägerei oder den Angriff gefährdet werden. Da letztgenannter Gesichtspunkt ein Gemeininteresse darstellt, entfaltet die Einwilligung eines oder aller an der Schlägerei Beteiligten im Rahmen des § 231 StGB keine rechtfertigende Wirkung […] Diese Grundsätze wirken sich beim tateinheitlichen Zusammentreffen von Körperverletzungstaten […] dahingehend aus, dass die – rechtswidrige und schuldhafte – Verwirklichung des Tatbestands des § 231 Abs. 1 StGB zur Annahme der Sittenwidrigkeit der Körperverletzungstat im Sinne von § 228 StGB führt.«[298] Dass der Gesetzgeber in § 231 StGB die bloße Beteiligung an einer Schlägerei für strafwürdig erklärt und eine rechtfertigende Einwilligung hier

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