Klausurenkurs im Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht. Christoph Herrmann
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So ist insbesondere mit Blick auf die in BITs regelmäßig vorgesehenen Schiedsklauseln vertretbar, dass diese denselben Regelungsgegenstand haben wie die in den Unionsverträgen festgelegte Gerichtsbarkeit durch den GHEU gemäß Art. 19 Abs. 3 EUV, nämlich die Auslegung von entscheidungserheblichen Rechtsvorschriften, die in Bezug auf die unionsrechtliche Zulässigkeit von in intra-EU BITs vorgesehene Schiedsgerichten auch die Auslegung von Unionsrecht betreffen. Damit können intra-EU BITs und die Unionsverträge in einzelnen Bestimmungen durchaus denselben Regelungsgegenstand betreffen.
bb) Rechtsfolge des Art. 30 Abs. 3 WVK
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Unabhängig von der Vereinbarkeit der intra-EU BITs von A mit den Unionsverträgen ist jedoch zu beachten, dass mögliche Rechtsfolge des Art. 30 Abs. 3 WVK lediglich die Nicht-Anwendbarkeit einzelner Bestimmung des früheren Vertrages ist. Folglich wären einzelne BIT-Vorschriften lediglich während der Mitgliedschaft von A in der Union nicht anwendbar und würden nach dem Austritt sogleich wieder zur Anwendung kommen können.
Hinweis:
Die vorherigen Ausführungen können von Bearbeitern mit Hinweis auf diese Rechtsfolge auch deutlich abgekürzt werden.
cc) Zwischenergebnis
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Die völkerrechtliche Bewertung der intra-EU BITs ergibt, dass diese nicht gemäß Art. 59 Abs. 1 WVK automatisch in ihrer Gesamtheit beendet worden sind. Demgegenüber führt Art. 30 Abs. 3 WVK lediglich zur Nichtanwendbarkeit einzelner BIT-Vorschriften während der EU-Mitgliedschaft von A, nicht aber zu deren Unwirksamkeit. Vielmehr wären diese Vorschriften nach dem EU-Austritt von A wieder anwendbar.
2. Unionsrechtliche Bewertung der intra-EU BITs
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Aus unionsrechtlicher Sicht ist für die Bewertung von intra-EU-BITSs zunächst zu beachten, dass das Unionsrecht lediglich Anwendungsvorrang, nicht aber Geltungsvorrang vor dem mitgliedstaatlichen Recht hat. Während ein Geltungsvorrang dazu führen würde, dass das Unionsrecht als höherrangiges Recht mitgliedstaatliches Recht als niederrangiges Recht „brechen“ und damit außer Kraft setzen würde, verlangt der Anwendungsvorrang zugunsten des Unionsrechts, dass mitgliedstaatliche Stellen nationales Recht unangewendet lassen, soweit das Unionsrecht diesem entgegensteht.
Die intra-EU BITs von A sind damit infolge der EU-Mitgliedschaft grundsätzlich nicht unwirksam geworden. Vielmehr ist A verpflichtet, die Vorschriften der BITs unangewendet zu lassen, soweit das Unionsrecht diesen entgegensteht. Dies gilt insbesondere für etwaige Schiedsklauseln, die nach der Achmea-Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht mit der Autonomie des unionalen Gerichtssystems gemäß Art. 344 i.V.m. Art. 267 AEUV vereinbar ist (siehe dazu Fall 10, Rn. 626 ff.).[50]
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Hinweis:
Die Prüfung der Vereinbarkeit von BIT-Schiedsklauseln mit Art. 344 und Art. 267 AEUV würde an dieser Stelle zu weit führen. Zudem ist diese Bewertung maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der Schiedsklausel abhängig. Die Zulässigkeit der Errichtung von Schiedsgerichten aufgrund einer BIT-Schiedsklausel ist vielmehr Gegenstand des Fall 11.
Mangels eines effektiven Streitbeilegungsmechanismus‘ zur Durchsetzung von Rechten könnte man zwar von einer de facto-Unwirksamkeit von intra-EU BITs sprechen. Dies gilt allerdings grundsätzlich nur für die Zeit der EU-Mitgliedschaft von A. Nach dem EU-Austritt besteht der unionsrechtliche Anwendungsvorrang mangels unionsrechtlicher Bindungswirkung nicht mehr, soweit das Austrittsabkommen etwa für eine Übergangszeit nichts anderes regelt.
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Hinweis:
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die intra-EU BITs gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV, nach dem jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist, verstoßen.[51] Eine unionsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung könnte darin liegen, dass Investoren eines bestimmten EU-Mitgliedstaats im Rahmen eines intra-EU BITs bestimmte Vorteile gewährt werden, ohne dass diese auf Investoren aus anderen Mitgliedstaaten ausgeweitet werden. Dies würde einen Verstoß gegen das Meistbegünstigungsprinzip darstellen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Doppelbesteuerungsabkommen zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten umfasst Art. 18 AEUV jedoch nicht auch den Meistbegünstigungsgrundsatz.[52] Eine unionsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung durch intra-EU BITs scheidet daher aus. Auch diese Rechtsfrage wird ausführlicher in Fall 11 des Fallbuchs besprochen.
In Anbetracht der Tatsache, dass die intra-EU BITs von A nach dessen Austritt zu extra-EU BITs werden, stellt sich sodann allerdings sodann die Frage nach der Zulässigkeit von extra-EU BITs aus Sicht der Vertragspartei, die EU-Mitgliedstaat verblieben ist (s.u. II.).
Im Ergebnis sind die BITs von A mit dessen EU-Mitgliedschaft de jure nicht unwirksam geworden, sondern unterliegen lediglich dem unionsrechtlichen Anwendungsvorrang, der jedoch mit dem EU-Austritt entfällt.
3. Ergebnis
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Die intra-EU BITs von A sind durch die EU-Mitgliedschaft nicht unwirksam geworden.
II. Auswirkungen des EU-Austritts auf extra-EU BITs von A
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Mit Blick auf die Auswirkungen des EU-Austritt von A auf extra-EU BITs ist wiederum zunächst fraglich, ob die in Rede stehenden BITs bereits durch den Beitritt von A zur Union unwirksam bzw. unanwendbar geworden sind. Extra-EU BITs sind bilaterale Investitionsschutzverträge zwischen einem EU-Mitgliedstaat sowie einem Drittstaat.
1. Verstoß der extra-EU BITs gegen Art. 207 Abs. 1 AEUV
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Möglicherweise wären die extra-EU BITs von A mit Art. 207 Abs. 1 AEUV unvereinbar, soweit diese ausländische Direktinvestitionen betreffen. Dieser Bereich zählt seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 ebenfalls zur gemeinsamen Handelspolitik der EU, die gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV in der ausschließlichen Zuständigkeit der Union liegt. Dies hat gemäß Art. 2 Abs. 1 AEUV zur Folge, dass die Mitgliedstaaten in diesem Bereich nur tätig werden dürfen, wenn sie von der Union dazu ermächtigt werden.
Die extra-EU BITs von A waren damit im Bereich der von Art. 207 Abs. 1 AEUV umfassten ausländischen Direktinvestitionen