Klausurenkurs im Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht. Christoph Herrmann
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Nur im Ausnahmefall blieben die BITs von den Vorschriften der Verträge unberührt, der vorliegt, sofern die BITs als Altvertrag i.S.v. Art. 351 Abs. 1 AEUV einzuordnen sind. Art. 351 Abs. 1 AEUV bezieht sich grundsätzlich lediglich auf solche Übereinkünfte, die vor dem 1. Januar 1958 geschlossen (oder im Falle später beigetretener Mitgliedstaaten vor deren Beitritt) geschlossen worden sind. Anzunehmen ist, dass die BITs von A allerdings regelmäßig erst nach dem besagten Datum geschlossen worden sind. Damit käme lediglich eine analoge Anwendung von Art. 351 Abs. 1 AEUV in Betracht, die für solche Verträge angenommen wird, die in einem Kompetenzbereich geschlossen wurden, für den die Union zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch keine Sachzuständigkeit besaß.[53] Voraussetzung ist zudem, dass die Union nunmehr die Zuständigkeit erhalten hat und die Kompetenzverschiebung bei Vertragsschluss für die Mitgliedstaaten nicht vorhersehbar war.[54] Aus der Entwicklung der gemeinsamen Handelspolitik (GHP) der Union geht hervor, dass spätestens mit der ausdrücklichen Aufnahme des Investitionsschutzes in die GHP mit dem (gescheiterten) Verfassungsvertrag ab 2005 eine Kompetenzverschiebung in diesem Bereich vorhersehbar war. Für BITs, die A seit dieser Zeit mit Drittstaaten geschlossen hat, scheidet eine analoge Anwendung des Art. 351 Abs. 1 AEUV aus (siehe Fall 8, Rn. 544).
2. Übergangsregelung durch die BIT-Übergangs-VO
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Die extra-EU BITs könnten allerdings weiterhin aufrecht erhalten bleiben, soweit die Union die Mitgliedstaaten zu deren Abschluss sekundärrechtlich ausdrücklich und auch rückwirkend ermächtigt hat (vgl. Art. 2 Abs. 1 AEUV). So hat die Union mit der BIT-Übergangs-VO[55] eine Übergangsregelung für extra-EU BITs geschaffen, die eine Aufrechterhaltung der extra-EU BITs bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein BIT zwischen der Union und dem jeweiligen Drittstaat in Kraft tritt, vorsieht, sofern diese gemäß Art. 3 der BIT-Übergangs-VO notifiziert worden sind, und bis ein BIT zwischen der Union und dem jeweiligen Drittstaat in Kraft tritt. Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung gilt sowohl für vor als auch für nach dem Vertrag von Lissabon abgeschlossene extra-EU BITs (siehe Fall 8, Rn. 546).
Die gemäß den Regelungen der BIT-Übergangs-VO notifizierten extra-EU BITs finden damit grundsätzlich auch während der EU-Mitgliedschaft von A Anwendung. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten der EU27 ihre bisherigen intra-EU-BITs mit A nach der VO notifizieren, weil diese nunmehr für sie zu extra-EU-BITs werden.
3. Wegfall der unionsrechtlichen Bindungswirkung nach dem EU-Austritt
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Angesicht der Tatsache, dass – vorbehaltlich einer gegenteiligen Festlegung im Rahmen eines Übergangsabkommens – die unionsrechtliche Bindungswirkung gegenüber A mit dem EU-Austritt entfällt, gilt für A auch der unionrechtliche Anwendungsvorrang nicht mehr. Die extra-EU BITs von A finden demgemäß nach dem EU-Austritt unberührt von deren primärrechtlichen Unvereinbarkeit im Bereich der ausländischen Direktinvestitionen oder deren ausnahmsweise sekundärrechtlich bestimmten Aufrechterhaltung im Rahmen der BIT-Übergangs-VO Anwendung.
Anmerkungen
Siehe zum unionalen Binnenmarkt Streinz, Europarecht, 10. Auflage 2016, § 11.
Siehe dazu ibid., Rn. 1262 ff.
Siehe dazu ibid., Rn. 883 ff.
Gerichtshof, C-8/74, ECLI:EU:C:1974:82, Rn. 5 – Dassonville.
Gerichtshof, C-55/94, ECLI:EU:C:1996:411, Rn. 37 – Gebhard.
Gerichtshof, C-267/91, ECLI:EU:C:1993:905, Rn. 16 – Keck und Mithouard.
Siehe dazu Streinz, Europarecht, 10. Auflage 2016, Rn. 911.
Siehe dazu ibid., § 14.
Siehe dazu ibid., § 15.
Siehe dazu ibid., Rn. 1125.
Siehe einen Überblick über die umfassende sekundärrechtliche Ausgestaltung bei Herrmann, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar – EUV/GRC/AEUV, 2017, Art. 126 AEUV, Rn. 42 ff.
Siehe allgemein zu regionaler Wirtschaftsintegration Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, 4. Auflage 2017, § 7; Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, § 3 I.
Siehe dazu Streinz, Europarecht, 10. Auflage 2016, Rn. 16 ff.
Siehe dazu ibid., Rn. 84; siehe auch Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, Rn. 131 ff.
Siehe dazu Streinz, Europarecht, 10. Auflage 2016, Rn. 1115 ff.
Herrmann, Brexit, WTO und die EU-Handelspolitik, EuZW 2017, 961 (962).
Puth/Stranz, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, 2. Auflage 2011, § 11, Rn. 1.