BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
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Ferner muss der Erblasser subjektiv in der Absicht gehandelt habe, den Vertragserben zu beeinträchtigten (Beeinträchtigungsabsicht). An dem hierfür erforderlichen Missbrauch der lebzeitigen Verfügungsbefugnis fehlt es jedoch, wenn der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an der von ihm vorgenommenen Schenkung hatte.[55] Ein lebzeitiges Eigeninteresse ist anzunehmen, wenn die Verfügung nach dem Urteil eines objektiven Beobachters in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der erbvertraglichen Bindung als billigenswert und gerechtfertigt erscheint; maßgeblich sind insoweit die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.[56] Ein solches Interesse kommt etwa dann in Betracht, wenn es dem Erblasser im Alter um seine Versorgung und ggf. Pflege geht[57]; wenn er in Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung handelt, z.B. wenn er mit dem Geschenk einer Person, die ihm in besonderem Maße geholfen hat, danken will[58]; oder wenn er damit den Bestand und die Fortführung seines Unternehmens sichern will[59]. Im Prozess muss der Vertragserbe darlegen und beweisen, dass kein lebzeitiges Eigeninteresse vorlag.[60]
287
Wenn die Voraussetzungen des § 2287 Abs. 1 vorliegen, hat der Vertragserbe gegen den Beschenkten einen Anspruch auf Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Es handelt sich um eine Rechtsfolgenverweisung auf §§ 818 ff.[61] Der Anspruch geht somit grundsätzlich auf Herausgabe in natura (§ 818 Abs. 1); soweit dies nicht möglich ist, auf Wertersatz (§ 818 Abs. 2). Maßgeblich ist insoweit der Wert zur Zeit der Zuwendung unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwunds.[62] Der Beschenkte kann sich gem. § 818 Abs. 3 auf den Wegfall der Bereicherung berufen, sofern er nicht gem. §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 verschärft haftet. Kenntnis i.S.d. § 819 liegt nach h.M. bereits dann vor, wenn der Beschenkte Kenntnis von Tatsachen hat, aus denen nach der Lebenserfahrung auf eine Beeinträchtigungsabsicht zu schließen ist.[63]
288
Wenn der Beschenkte den Gegenstand unentgeltlich einem Dritten zugewendet hat, so kann der Vertragserbe gem. § 822 von diesem die Herausgabe verlangen[64]; wenngleich die Vorschrift vielfach als eigenständiger Anspruch eingeordnet wird[65], so hat der BGH doch überzeugend dargelegt, dass sie unter Wertungsgesichtspunkten im Rahmen des § 2287 zumindest entsprechend heranzuziehen ist, weil der unentgeltliche Erwerb des Dritten weniger schutzwürdig ist als das Interesse des Vertragserben, die Erbschaft ungeschmälert von beeinträchtigenden Schenkungen zu erhalten[66].
289
Der Anspruch aus § 2287 Abs. 1 stellt einen persönlichen Anspruch des Vertragserben dar und fällt nicht in den Nachlass.[67] Er verjährt in drei Jahren (§ 195) ab dem Erbfall (§ 2287 Abs. 2). Sind mehrere Erben vertraglich berufen, so ist bei Teilbarkeit des Geschenks jeder in Höhe seiner Erbquote berechtigt (§§ 741 ff., 420), bei Unteilbarkeit sind sie Gesamtgläubiger (§ 432).[68] Wenn der Vertragserbe die Voraussetzungen für das Bestehen eines Anspruchs aus § 2287 hinreichend dargetan hat („greifbare Anhaltspunkte“), hat er gem. § 242 einen Anspruch auf Auskunftserteilung gegen den Beschenkten.[69]
(3) Beeinträchtigung des Vermächtnisnehmers (§ 2288 BGB)
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Für den Schutz des vertragsmäßigen Vermächtnisnehmers findet sich eine korrespondierende Regelung in § 2288. Abs. 1 regelt die Fälle der Zerstörung, Beiseiteschaffung oder Beschädigung des Vermächtnisgegenstands durch den Erblasser; hier hat der Vermächtnisnehmer einen Wertersatzanspruch gegen den Erben. Abs. 2 regelt die Fälle der Veräußerung oder Belastung des Vermächtnisgegenstands durch den Erblasser; hier ist der Erbe verpflichtet, den Gegenstand zu verschaffen oder die Belastung zu beseitigen (S. 1); wenn die Veräußerung/Belastung schenkweise erfolgte, hat der Vermächtnisnehmer einen Anspruch aus § 2287 gegen den Beschenkten, soweit er vom Erben keinen Ersatz erlangen kann. Voraussetzung ist aber auch hier stets eine Beeinträchtigungsabsicht des Erblassers. Der Begriff ist grundsätzlich ebenso wie in § 2287 (→ Rn. 285) zu verstehen.[70] Ein lebzeitiges Eigeninteresse kann im Hinblick auf das erbvertragliche Vermächtnis jedoch nur dann bejaht werden, wenn sich das Interesse des Erblassers gerade auf die Veräußerung des Vermächtnisgegenstandes richtete und der erstrebte Zweck nicht durch andere wirtschaftliche Maßnahmen zu erreichen gewesen wäre.[71]
a) Änderungsvorbehalt
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Als Ausfluss der Vertragsfreiheit kann sich ein Erblasser im Erbvertrag grundsätzlich das Recht vorbehalten, eine vertragsmäßige Verfügung durch spätere Verfügung von Todes wegen abändern zu dürfen (sog. Änderungsvorbehalt).[72] Die genauen Grenzen der Zulässigkeit solcher Änderungsvorbehalte sind im Detail umstritten.[73] Konsens besteht aber jedenfalls, dass ein sog. Totalvorbehalt, der alle an sich vertragsmäßigen Verfügungen erfasst, unzulässig ist, denn dann wäre der Erbvertrag „seines Wesens entkleidet“.[74]
b) Zustimmung des Vertragspartners
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Eine formlose Zustimmung des Vertragspartners genügt nicht, um den Erblasser von der Bindungswirkung zu befreien[75]; vielmehr bedarf es hierfür eines Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrags gem. § 2290[76].
c) Zustimmung des Bedachten
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Ebenso wenig genügt die formlose Zustimmung des Bedachten.[77] Er muss vielmehr ggf. einen Erbverzichtsvertrag gem. § 2352 S. 2 und 3 i.V.m. § 2348 (→ Rn. 523 ff.) schließen.[78] Nach dem Erbfall kann er ggf. ausschlagen (§§ 1944 ff., 2180).[79] In Ausnahmefällen kann eine formlose Zustimmung jedoch den Arglisteinwand (§ 242) begründen.[80]
d) Beschränkung in guter Absicht
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Wenn der Bedachte ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling des Erblasser ist, so kann der Erblasser gem. § 2289 Abs. 2 durch eine spätere letztwillige Verfügung unter den Voraussetzungen des § 2338 die dort genannten Anordnungen treffen (sog. Beschränkung in guter Absicht, → Rn. 719).
3. Aufhebung der Bindungswirkung
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