Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов страница 172
![Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов C.F. Müller Lehr- und Handbuch](/cover_pre1171326.jpg)
Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht › § 67 Abgabenrecht › B. Abgabentypologie und verfassungsrechtliche Vorgaben für die Abgabenerhebung
I. Abgabenbegriff und Abgabensystematik
28
„Die Finanzverfassung … ist auf Formenbindung angelegt.“[95] Dies setzt verfassungsrechtliche Abgabentypen voraus, die idealerweise in ein verfassungsrechtliches Einnahmen- und Abgabensystem des Grundgesetzes einzuordnen wären. Das Grundgesetz selbst lässt in seinen Regelungen ein solches System nicht erkennen, lediglich die Grundentscheidung für die Steuerfinanzierung ist ihm – entgegen der jüngeren Kritik – zu entnehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat es – in vertretbarer Deutung der Funktionenteilung zwischen (Verfassungs-)Rechtsprechung und Verfassungsrechtslehre – ausdrücklich abgelehnt, selbst ein geschlossenes finanzverfassungsrechtliches Gebäude der verschiedenen Abgabentypen zu entwickeln[96].
II. Kein numerus clausus der Abgabentypen
29
Das Finanzverfassungsrecht muss sich um eine begriffliche Erfassung und (verfassungsrechts-)dogmatische Durchdringung aller Formen öffentlicher Abgaben unter den Vorgaben des Grundgesetzes bemühen. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, „die Finanzverfassung des Grundgesetzes enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen“[97]. Trotz zunehmender Bemühung um diese Frage konnte ein in sich geschlossenes und widerspruchsfreies verfassungsrechtliches Abgabensystem bisher auch durch die Verfassungsrechtsdogmatik nicht entwickelt werden.
30
Es obliegt zwar zunächst dem politischen Ermessen des Gesetzgebers, welcher Abgabeform sich der Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben bedient[98]. Wie bereits eingangs festgestellt, folgt aus dem Prinzip des Steuerstaats jedoch der grundsätzliche Vorrang der Steuerfinanzierung des Staates. Die Vorschriften der Art. 105 ff. GG über die Verteilung der Finanzzuständigkeiten und -mittel erwähnen als Einnahmen, die es gesetzlich zu regeln und zu verteilen gilt, nur die Steuern; die bundesstaatliche Finanzverfassung ist „Steuerfinanzverfassung“. Daneben findet allein noch die Kreditfinanzierung in Art. 109, 115 GG ausdrückliche Erwähnung. Damit ist zwar noch nichts darüber ausgesagt, ob andere Einnahmen ausgeschlossen sind; würde aber der Staatsbedarf nicht mehr überwiegend durch Steuern, sondern stattdessen durch andere Einnahmen finanziert, so würde dadurch die sorgfältig ausgewogene Regelung des Finanzausgleichs im Grundgesetz und damit ein Kernstück der bundesstaatlichen Ordnung unterlaufen[99]. Die gesamte Finanzverfassung der Art. 104a ff. GG wäre funktionslos, wenn Haupteinnahmequelle des Staates nicht mehr die Steuern wären. Neben diesen kompetenzrechtlich-bundesstaatlichen[100] tritt ein kompetenzrechtlich-organisatorischer Aspekt, wird doch durch parafiskalische Fonds die Etathoheit des Parlaments geschwächt[101]. Schließlich ist unter einem grundrechtlichen Aspekt allein durch eine vorrangige Steuerfinanzierung die Wahrung der abgabenrechtlichen Lastengleichheit sicherzustellen[102]. Die voraussetzungslose Steuer und die unter der Prämisse des Gesamtdeckungsprinzips ungebundene Finanzmasse des Staatshaushalts bilden die demokratische Gleichheit der Staatsbürger ab und gehören zu den Prämissen des parlamentarisch-demokratischen Systems des Grundgesetzes. Nur im Rahmen einer Steuerfinanzierung können sozialstaatliche Postulate wie die Steuerfreiheit des Existenzminimums und eine gleichheitsgerechte Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Einzelnen durchgeführt werden.
III. Abgabentypen
31
IV. Sonstige Einnahmequellen von Staat und Verwaltung
32
Auch Sanktionen (Geldstrafen, Buß- und Zwangsgelder)[103] stellen systematisch Abgaben dar, da es sich um hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten handelt[104]. Das Recht der Sanktionen hat sich aber völlig gesondert vom Abgabenrecht entwickelt[105]. Entsprechendes gilt für durch Hoheitsakt festzusetzende Ersatzleistungen in Geld wie etwa bestimmte Schadensersatzleistungen oder Säumniszuschläge.
V. Rechtsbindung staatlicher Abgabenerhebung
33
Geld und Finanzen, vorrangig Abgaben erweisen sich als erstklassiges Machtinstrument des Staats: Die verbindliche staatliche Zwangsgewalt bewährt sich bei der Vereinnahmung der Mittel; durch die Verwaltung, die Anlage und die Verausgabung des Geldes kann angesichts der relevanten Summen ebenfalls Macht ausgeübt und „gesteuert“ werden. Von der privaten Finanzmacht unterscheidet sich die staatliche durch ihre Befehls- und Zwangsgewalt[106]. Staatliche Macht bedarf der rechtlichen Bindung. Im Bereich staatlicher Finanzen kommt hinzu, dass wesentliche, durch den Markt hervorgerufene, Steuerungsinstrumente hier nicht greifen, da der Staat entweder überhaupt kein Marktteilnehmer ist, den Markt demgegenüber vielmehr (mit-)konstituiert[107] oder zumindest eine besondere Marktposition besitzt. Ein rationaler Umgang mit den staatlichen Finanzmitteln beruht daher auf anderen Bedingungen und Voraussetzungen als der Einsatz privater Finanzen am Markt. Auch hier greift nach der Logik des Verfassungsstaats vorrangig die Rechtsbindung staatlichen Finanzhandelns ein.
34
Sowohl bei der Vereinnahmung, als auch bei der Verwaltung und der Verausgabung staatlicher Finanzmittel besteht eine prinzipiell uneingeschränkte (Grund-)Rechtsbindung. Insbesondere der allgemeine Gleichheitssatz steht hier im Vordergrund und verwirklicht das Prinzip der Lastengleichheit. Die verfassungsrechtsdogmatisch höchst strittige Frage ist, ob aus den Grundrechten auch Grenzen für die Höhe der Steuerbelastung folgen bzw. wie hier die Balance zwischen politischer Dezision und Rechtsbindung zu tarieren ist. Aufgrund des weitgehenden Fehlens korrigierender Marktmechanismen bis hin zum rechtlichen