Strafrecht Allgemeiner Teil II. Sabine Tofahrn
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Von einem Aufgeben der Tat spricht man, wenn der Täter von der Realisierung des Entschlusses aufgrund eines entsprechenden Gegenentschlusses Abstand nimmt.[27]
Die Tat ist dabei nach überwiegender Auffassung als die konkrete Tat im Sinne des materiell-rechtlichen Tatbegriffes und nicht im Sinne des prozessualen Tatbegriffes zu verstehen. Tat bedeutet demnach die vorsätzliche rechtswidrige Straftat innerhalb derer der Rücktritt geprüft wird.
Beispiel
A plant einen Raubmord zu begehen und gibt entsprechend auf den Kassierer der Stadtsparkasse einen Schuss ab, welcher jedoch im rechten Oberarm stecken bleibt. Aufgrund des Flehens des Opfers sieht er nunmehr davon ab, das Opfer mit weiteren Schüssen zu töten und erzwingt unter Vorhalten der Waffe die Herausgabe des Geldes.
Hier hat A einen schweren Raub gemäß den §§ 249, 250 begangen. Vom versuchten Mord ist A jedoch durch Aufgabe der weiteren Ausführung strafbefreiend zurückgetreten. Mitverwirklicht ist selbstverständlich eine gefährliche Körperverletzung gemäß den §§ 223, 224.
Aufgeben bedeutet, dass der Täter von eben dieser konkreten Tat Abstand nimmt.[28] Ein Aufgeben liegt nicht vor, wenn der Täter lediglich mit dem Versuch der Begehung inne hält, also keinen Entschluss zum endgültigen Verzicht trifft, weil er z.B. zunächst ein anderes Tatziel erreichen will.
Beispiel
A, der die Trennung von seiner Ex-Freundin F nicht akzeptieren kann und infolgedessen ein starkes Rachebedürfnis entwickelt hat, begibt sich eines Nachts zum Haus der F und lauerte ihr mit einer geladenen Pistole auf. Als F zusammen mit einem Bekannten B das Haus verlässt, gibt er mit den Worten „Jetzt ist Schluss mit lustig“ mit bedingtem Tötungsvorsatz 3 Schüsse auf F ab. Eines der Geschosse durchschlägt F's Oberarm. B, der die Verletzung nicht bemerkt hat, versucht nun, A zu überwältigen. Dabei wird er zunächst mit der Faust und dann mit der Waffe von A geschlagen. Als er am Boden zusammensackt, bringt A die Waffe unmittelbar vor der linken Wange des B in Anschlag und gibt einen Schuss ab, der Kiefer und Zunge durchschlägt und auf der anderen Seite wieder austritt. Während A sich nun umdreht, steht B mithilfe der F wieder auf und versucht erneut, A zu überwältigen, der daraufhin nun wieder einen Schuss auf B abgibt, der den Bauchraum trifft, aber keine Organe verletzt, weswegen B sein Vorhaben fortsetzt. Da die Pistole nun leer geschossen ist, flieht A zu seinem Auto und fährt davon.
Es stellt sich die Frage, ob A von der versuchten Tötung der F strafbefreiend zurück getreten ist, indem er nach Abgabe der ersten drei Schüsse keine weiteren Schüsse mehr auf sie abgab. Dies hat der BGH[29] verneint. Er hat ausgeführt, dass A lediglich „anderweitig“ beschäftigt war, indem er versuchte, B abzuwehren, dass daraus aber noch nicht geschlossen werden könne, dass A die Ausführung der Tat aufgegeben habe. Nachdem das Magazin leer geschossen war, kam ein Rücktritt nicht mehr in Betracht, da ab diesem Zeitpunkt ein fehlgeschlagener Versuch vorlag.
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Nach überwiegender Auffassung ist – wie beim beendeten Versuch auch – ein Rücktritt nur dann möglich, wenn der Erfolg ausgeblieben ist.[30] Nach einer teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung soll allerdings ein Rücktritt auch dann noch in Betracht kommen, wenn der Täter sich über die Wirksamkeit seines bisherigen Tuns irrt und von einem vermeintlich unbeendeten Versuch zurücktritt, der letztlich jedoch zum Erfolg führt (misslungener Rücktritt beim unbeendeten Versuch). Dabei wird überwiegend verlangt, dass zu dem Zeitpunkt des „Aufgebens der Tat“ der tatbestandliche Erfolg noch nicht eingetreten ist. In diesen Fällen des „misslungenen Rücktritts“ wird § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 analog angewendet[31].
Dem wird jedoch von der h.M. entgegengehalten, dass eine Regelungslücke nicht erkennbar und es zudem unbillig sei, wenn das Risiko des Erfolgseintritts zwar beim beendeten Versuch nicht aber beim unbeendeten Versuch zu Lasten des Täters gehe. Zudem sei der bloße Rücktrittswille bedeutungslos, wenn es zur Tatvollendung komme.[32]
Beispiel
A gibt einen Schuss auf den im Auto fahrenden B ab, der jedoch zunächst ohne erkennbare Reaktion weiter fährt, weswegen A glaubt, B nicht getroffen zu haben. Aufgrund einer plötzlich aufkommenden mitleidigen Regung nimmt er von dem Abgeben weiterer Schüsse Abstand und kehrt um. Tatsächlich hat er B getroffen, welcher 2 Kilometer später tot am Steuer zusammensackt.
In der Klausur würden Sie vollendeten Totschlag prüfen. Nach der Schuld könnten Sie nunmehr die Frage aufwerfen, wie es sich auswirken könnte, dass A davon ausging, er habe B nicht getroffen und weitere Schüsse unterließ. Es könnte analog § 24 Abs. 1 S. 1 ein Rücktritt von einem zu diesem Zeitpunkt unbeendeten Versuch in Betracht kommen. Da der tatbestandliche Erfolg noch nicht eingetreten war und zudem nur auf die Vorstellung des Täters abgestellt wird, glaubte A zu diesem Zeitpunkt tatsächlich, er habe noch nicht alles Erforderliche getan und gab die weitere Ausführung der Tat auf. Die o.g. Literaturauffassung würde zur Straflosigkeit wegen Mordes gelangen und A nur wegen vollendeter Körperverletzung bestrafen. Die herrschende Meinung würde dem Täter wie beim beendeten Versuch auch das Risiko des Erfolgseintritts auferlegen, so dass für eine Analogie kein Raum ist.
2. Teil Versuch und Rücktritt des Alleintäters › D. Rücktritt vom Versuch › VI. Rücktritt vom beendeten Versuch
VI. Rücktritt vom beendeten Versuch
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Da ein beendeter Versuch vorliegt, wenn der Täter alles getan zu haben glaubt, was nach seiner Vorstellung von der Tat zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges ausreichend ist, reicht ein bloßes Aufgeben weiteren Handelns nicht aus, weil eben dieses Aufgeben ja zur Tatvollendung führen würde. Ein Rücktritt vom beendeten Versuch erfordert infolge dessen, dass der Täter die Vollendung aktiv verhindert. Welche Maßnahmen der Täter zur Verhinderung treffen muss, ist umstritten.
Nach herrschender Meinung reicht es für die Verhinderung aus, dass der Täter seinen Tatvorsatz aufgibt und bewusst und gewollt eine neue Kausalkette in Gang setzt, die für das Ausbleiben des Erfolges mitursächlich wird. Sofern andere, von seinem Willen unabhängige Umstände ebenfalls zur Nichtvollendung der Tat beitragen, soll dies einem strafbefreienden Rücktritt nicht entgegenstehen. Schaltet der Täter Dritte zur Rettung ein, ist wesentlich, dass bis zur Erfolgsverhinderung durch diese der Rettungswille des Täters fortbesteht.[33] Begründet wird diese, sehr großzügige Anforderung an die Rettungsbemühungen zum einen mit dem Wortlaut, der nur von der „Verhinderung“ spricht und zum anderen wiederum mit dem Opferschutz. Würde man vom Täter das Bestmögliche verlangen, könnte dies dazu führen, dass der Täter sich selbst belasten muss und aus diesem Grund die Rettung unterlässt.[34]
In der Literatur wird hingegen teilweise verlangt, dass der Täter ernsthaft und unter