Handbuch Betreuungsrecht. Sybille M. Meier
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Beispiel
Der Betroffene Georg G. lässt die Amtsrichterin Ines W. in seine Wohnung, die erheblich vermüllt ist. Als die Amtsrichterin Ines W. stirnrunzelnd den Zustand der Wohnung beobachtet, besteht Georg G. darauf, dass sie die Wohnung verlässt. Herr G. ist Hausrechtsinhaber, und die Amtsrichterin ist deshalb verpflichtet, seiner Aufforderung Folge zu leisten.
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Die Entscheidung, eine Milieuanhörung durchzuführen, steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Widerspricht der Betroffene nicht einer Anhörung in seinen Räumlichkeiten und nimmt das Gericht im Rahmen seiner Ermessensausübung hiervon Abstand, sind die Gründe hierfür in den Entscheidungsgründen darzulegen.[2] Andernfalls ist ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz zu thematisieren. Der Regelfall ist jedoch die Milieuanhörung. Hierfür steht der Gesetzeswortlaut, der postuliert, das Gericht „soll“ sich in der üblichen Umgebung des Betroffenen einen „unmittelbaren“ Eindruck verschaffen.
Anmerkungen
BT-Drs. 11/4528, 172; BGH NJW 2013, 691 = FGPrax 2013, 26 = NJ 2013, 160.
OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 1373.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › IX. Die Anhörung des Betroffenen › 2. Form der Anhörung
2. Form der Anhörung
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Die Anhörung des Betroffenen erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung, § 170 Abs. 1 S. 1 GVG. Der Betroffene und der Verfahrenspfleger sind rechtzeitig zu laden (§ 32 Abs. 2 FamFG). Zur Ladungsfrist trifft das FamFG keine ausdrückliche Regelung, die Bestimmungen aus der ZPO können aber als angemessen betrachtet werden. Sie sollen in Anwaltsprozessen mindestens eine Woche betragen, in anderen mindestens drei Tage (§ 217 ZPO).
Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit ist eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Betroffenen. Dieser ist daher befugt, die Beteiligung einer Person seines Vertrauens zu verlangen, § 170 Abs. 1 S. 3 GVG, § 274 Abs. 4 FamFG. Die Vertrauensperson kann auch als Beistand, § 12 FamFG, teilnehmen. Das Gericht muss die Vertrauensperson nicht laden. Anderen Personen sowie der Öffentlichkeit allgemein kann, sofern der Betroffene ihrer Anwesenheit nicht widerspricht, die Teilnahme an der Anhörung gestattet werden, § 170 Abs. 1 S. 2 GVG. In Frage kommt vor allem der Mitarbeiter der Betreuungsbehörde.
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Beispiel
Der Verfahrenspfleger der Frau Ingrid K., Rechtsanwalt Thomas O., bittet darum, dass Stationsreferendar Benjamin N. an der Anhörung partizipieren kann.
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Die Entscheidung des Gerichts, sonstige Personen nicht zuzulassen, ist unanfechtbar. Demgegenüber kann der Betroffene mit dem Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Person seines Vertrauens vorgehen. Bei der Durchführung der Anhörung ist auf die Art, den Grad der Erkrankung bzw. die Behinderung des Betroffenen Rücksicht zu nehmen und die Kommunikation entsprechend anzupassen.[1]
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Das Betreuungsgericht kann den nach § 280 FamFG beauftragten Sachverständigen an der Anhörung teilnehmen lassen.[2] Es muss den Sachverständigen zur Anhörung laden, sofern dies der Betroffene oder der Verfahrenspfleger beantragte zwecks Erläuterung seines Gutachtens, analog §§ 398, 402 ZPO.
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Es ist in das Ermessen des Gerichts gestellt, ob es im Rahmen der Anhörung des Betroffenen einen Sachverständigen, der nicht notwendig identisch sein muss mit demjenigen, der nach § 280 FamFG das Gutachten erstattete, hinzuzieht. Die Anwesenheit eines Sachverständigen ist nicht mehr in das Belieben des Gerichts gestellt, wenn nur auf diesem Wege eine Kommunikation mit dem Betroffenen, der hierzu noch im Stande ist, ermöglicht wird.
283
Beispiel
Der gehörlose Jens H. ist der Gebärdensprache mächtig. Bei der Anhörung ist zwingend ein Sachverständiger durch das Gericht zuzuziehen, der in der Lage ist, die Wünsche von Herrn H. zu verstehen und zu artikulieren.
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In einem solchen oder ähnlichen Fall tritt auf Seiten des Gerichts eine Ermessensreduzierung auf Null ein, d.h., jede andere Entscheidung als die, einen Sachverständigen bei der Anhörung hinzuzuziehen, wäre verfahrensfehlerhaft und ein Verstoß gegen das Gebot zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts, § 26 FamFG. Allein auf diese Art und Weise wird der gesetzgeberische Auftrag realisiert, dass falsche Weichenstellungen zu Lasten des Betroffenen vermieden werden, die allein aus dem Umstand resultieren, dass das Gericht nicht in der Lage ist, die verbale oder nonverbale Kommunikation des Betroffenen zu verstehen.
Anmerkungen
Jurgeleit/Bucic BtR, § 278 FamFG Rn. 12.
BT-Drs. 16/6308, 267.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › IX. Die Anhörung des Betroffenen › 3. Unterbleiben der Anhörung
3. Unterbleiben der Anhörung
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§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 278 Abs. 4 FamFG bestimmt, dass die persönliche Anhörung des Betroffenen nur dann unterbleiben kann, sofern nach dem ärztlichen Gutachten hierdurch erhebliche Nachteile für dessen Gesundheit zu befürchten sind oder dieser nach dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.
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Zu den Voraussetzungen im Einzelnen: Die gesundheitlichen Nachteile, die bei dem Betroffenen eintreten können, müssen „erheblich“ sein, d.h. es muss die