Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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a) Privilegierungstatbestände
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Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bezieht sich auf land- und fortwirtschaftliche Betriebe[785]. Der Begriff der Landwirtschaft ist in § 201 BauGB legaldefiniert. Diese Definition erlaubt auch Formen der Massentierhaltung[786], die anderenfalls dem § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zugeordnet sind. Forstwirtschaft ist die planmäßige Bewirtschaftung des Waldes[787]. Das Vorhaben muss einem der genannten Betriebe dienen, was aber nicht erfordert, dass es für den Betrieb unabdingbar ist[788]. Weiter darf das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen. Die letztgenannte Voraussetzung gilt nicht für die nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB privilegierten Gartenbaubetriebe, was die Anlage auch großflächiger Gewächshäuser erlaubt. Eine besondere Rolle kann hier die Bodenschutzklausel des § 35 Abs. 5 BauGB gewinnen[789].
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Im Hinblick auf Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist besonders zu beachten, dass die Rechtsprechung über den Wortlaut der Vorschrift hinaus, das Erfordernis der Ortsgebundenheit nicht nur auf die gewerblichen Betriebe, sondern auch auf die genannten Infrastruktureinrichtungen erstreckt[790]. Letztere müssen der öffentlichen Versorgung dienen[791]. Das Kriterium der Ortsgebundenheit wird eng ausgelegt. Betriebswirtschaftliche Gründe reichen dementsprechend nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass das Vorhaben aus geografischen oder geologischen Gründen auf den Standort geradezu angewiesen ist[792].
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§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB enthält eine Generalklausel zugunsten solcher Vorhaben, die aufgrund ihrer Anforderungen an die Umgebung[793], ihrer Auswirkungen auf die Umgebung[794] oder aufgrund ihrer Zweckbestimmung[795] nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Das ist dann nicht der Fall, wenn das Vorhaben auch in den Innenbereich verwiesen werden kann. Dies ist allerdings konkret mit Blick auf die örtlichen Gegebenheiten zu beantworten. Es kommt also nicht darauf an, ob das Vorhaben generell planbar wäre[796]. Eine Einengung des ansonsten sehr weiten Tatbestands nimmt die Rechtsprechung mithilfe einer wertenden Betrachtung vor, die daran anknüpft, dass die Vorhaben nur im Außenbereich ausgeführt werden „sollen“[797]. Im Vordergrund stehen dabei die primären Außenbereichsfunktionen, Land- und Forstwirtschaft sowie Erholung[798]. Vorhaben, die jenseits dieser Funktionen nicht lediglich singulären Charakter aufweisen und damit eine Vorbildfunktion für weitere Vorhaben hätten und eine weitere Bebauung nach sich ziehen könnten, sollen demnach grundsätzlich durch den Bebauungsplan gesteuert werden[799]. Ebenso sollen Vorhaben, die vornehmlich der Befriedigung individueller Bedürfnisse dienen, „die mit einer Privilegierung verbundene Durchbrechung der Gleichbehandlung“ nicht rechtfertigen[800].
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Die Privilegierungen der § 35 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 8 BauGB dienen der Gewinnung von Energie aus regenerativen Quellen. Im Hinblick auf Biomasseanlagen[801] ist auf die Bindung an einen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 BauGB privilegierten Betrieb[802] und die Beschränkung der Leistung hinzuweisen. Schließlich dient § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB der Energiegewinnung mittels Atomenergie.
b) Nichtentgegenstehen öffentlicher Belange
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Die Zulassung eines privilegierten Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB setzt voraus, dass öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Nicht bereits jede Berührung oder Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs kann die Zulassung eines privilegierten Vorhabens verhindern. Dies folgt bereits aus dem Umkehrschluss aus § 35 Abs. 2 BauGB, der ausdrücklich von Beeinträchtigungen spricht. Die Feststellung, ob dem Vorhaben ein öffentlicher Belang entgegensteht, erfordert eine nachvollziehende Abwägung. Anders als in der – multipolaren – planerischen Abwägung sind hier lediglich die Interessen des Antragstellers an der Verwirklichung des Vorhabens dem Gewicht des öffentlichen Belangs gegenüberzustellen. Dabei ist auch die gesetzliche Wertung, dass das Vorhaben gerade im Außenbereich verwirklicht werden soll, zu berücksichtigen[803]. Weiterhin verlangt § 35 Abs. 1 BauGB, dass eine ausreichende Erschließung gesichert ist. Hier kann der erforderliche Erschließungsstandard nicht aus dem Bebauungsplan oder der näheren Umgebung abgeleitet werden, sondern ist mit Blick auf das konkrete Vorhaben zu bestimmen[804].
3. Zulässigkeit sonstiger Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB)
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§ 35 Abs. 2 BauGB regelt die Zulässigkeit der nicht privilegierten Vorhaben. Solche Vorhaben sind im Außenbereich nicht von vornherein ausgeschlossen. Gemäß der gesetzlichen Entscheidung für die grundsätzliche Freihaltung des Außenbereichs von unverträglichen Nutzungen wird die Zulässigkeit jedoch an strengere Voraussetzungen geknüpft. Zunächst sieht § 35 Abs. 2 BauGB vor, dass die Zulassung nur im Einzelfall erfolgen soll. Diesem Kriterium wird jedoch zum Teil keine besondere Bedeutung zugestanden. Der Gesetzgeber habe hier lediglich den besonderen Ausnahmecharakter einer Zulassung nach § 35 Abs. 2 BauGB zum Ausdruck bringen wollen[805]. Auch das Bundesverwaltungsgericht nimmt an, dass ein „Massendruck“ die Versagung einer Genehmigung nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht rechtfertige[806]. Dieser Standpunkt überzeugt nicht uneingeschränkt. Vor allem besteht die Gefahr, dass die Zulassung sonstiger Vorhaben eine Entwicklung hin zum Innenbereich einleitet. Das Instrument der Bauleitplanung erscheint hier nicht in allen Fällen geeignet, um dieser Entwicklung vorzubeugen[807].
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Als weitere Voraussetzung verlangt § 35 Abs. 2 BauGB, dass öffentliche Belange durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt werden. Offensichtlich ist eine Beeinträchtigung früher anzunehmen als das Entgegenstehen im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Eine Beeinträchtigung liegt immer schon dann vor, wenn der Belang durch das Vorhaben negativ berührt wird. Da aber eine negative Veränderung irgendeines öffentlichen Belangs kaum jemals auszuschließen sein wird, muss man das Erfordernis der Beeinträchtigung ebenso wie bei § 35 Abs. 1 BauGB einer Abwägung öffnen[808], um Bagatellbeeinträchtigungen auszuscheiden. Hier wirkt allerdings die gesetzgeberische Entscheidung für die Freihaltung des Außenbereichs und die Nichtprivilegierung deutlich in Richtung der Unzulässigkeit des Vorhabens. Für die Realisierung des Vorhabens müssen demgemäß gewichtige Gründe angeführt werden können.
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Gemäß dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 BauGB steht die Zulassung des Vorhabens im Ermessen der Behörde. Die Rechtsprechung nimmt jedoch an, dass hier wie im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB ein Anspruch auf Zulassung besteht[809]. Soweit dies auf der Annahme einer aus Art. 14 Abs. 1 GG abzuleitenden Baufreiheit gründet, stößt diese Ansicht auf Bedenken. Allerdings kann auch hier – wie schon im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB – die Frage gestellt werden, welche Gesichtspunkte im Rahmen der Ermessensausübung noch