Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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![Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов C.F. Müller Lehr- und Handbuch](/cover_pre1171346.jpg)
Dem Fachfremden mag Raumordnung abstrakt und konturlos erscheinen. Einerseits gleicht sie einer leidigen Last der planenden Kommunen, deren Entscheidungsspielräume in nicht zu unterschätzendem Maße eingeschränkt werden. So sind z.B. die Bauleitpläne nach § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung zwingend anzupassen[3]. Andererseits wird sie wegen ihrer höchst abstimmungs- und abwägungsbedürftigen Natur und der vergleichsweise geringen rechtlichen Bindungswirkung als das wirkungsschwächste Instrument der Raumordnungspolitik wahrgenommen[4], das den einleitend dargestellten Ansprüchen an einen umfassenden Ausgleich der divergierenden Raumnutzungsinteressen nicht gerecht wird. Wegen ihres hohen Abstraktionsgrades und langfristig-strategischen und konzeptionellen Charakters entzieht sie sich auch der Tagespolitik und wird nicht selten als „Buch mit sieben Siegeln[5]“ empfunden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Begriff der Raumordnung trotz gesetzlicher Verwendung keine eindeutige gesetzliche Definition erfahren hat.
I. Abgrenzung zur Fach- und Bauleitplanung
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Abzugrenzen ist die Raumordnung zunächst von der Fachplanung – der zweiten Teilsäule staatlicher Raumplanung[6]. Diese gestaltet den Raum nur bezüglich eines bestimmten fachlichen Gesichtspunkts, indem sie z.B. Pläne zur Errichtung von Verkehrsanlagen oder Deponien aufstellt, Naturschutzgebiete festsetzt oder infrastrukturelle Planungen im Bereich der Bildung oder der medizinischen Versorgung betreibt[7]. Aufgabe der Raumordnung dagegen ist es, diese verschiedenen Fachplanungen und Maßnahmen aufeinander abzustimmen („Querschnittsplanung“[8]) und ein gesamträumliches Rahmenkonzept zu entwickeln[9]. Dies geschieht insbesondere durch so genannte Raumordnungspläne[10].
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Des Weiteren ist das Recht der Raumordnung von dem Bodenrecht i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG abzugrenzen, deren Hauptbestandteil die kommunale Bauleitplanung darstellt. Dem Grundsatz nach betrifft die Raumordnung Bereiche überörtlicher Planung, während die kommunale Bauleitplanung Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft regelt[11]. Dabei muss beachtet werden, dass beide Planungsarten jeweils nur verschiedene Stufen im selben System staatlicher Raumplanung sind. Die Regelungsmaterie von Raumordnungsplänen ist bloß allgemeinerer Natur und muss den Gemeinden hinreichenden Gestaltungsraum für eigene, substantiell gewichtige planerische Entscheidungen auf gemeindlicher Ebene belassen[12]. Das gesamte System der Raumordnung im Sinne einer raumbezogenen, überfachlichen Gesamtplanung lässt sich dabei in drei Planungsstufen, nämlich in
1. | die Bundesraumordnung, |
2. | die Landesplanung[13], welche den Gesamtraum des Bundeslandes zum Gegenstand hat, und |
3. | die Regionalplanung, die sich auf eine Teilfläche des Bundeslandes bezieht, jedoch größer ist als eine der Bauleitplanung unterliegenden Einheit, |
einteilen.
Erst als vierte Planungsstufe kommt die – nicht zur Raumordnung gehörende – kommunale Bauleitplanung hinzu[14]. Da sich alle diese Planungsstufen teilweise auf den gleichen Raum beziehen, ist es notwendig, sie durch ein geschlossenes Rechtssystem aufeinander abzustimmen, was durch das Raumordnungsgesetz des Bundes, die Landesplanungsgesetze der Länder und das Baugesetzbuch geschieht.
Eine übergeordnete und allgemeine Raumplanung auf europäischer Ebene ist dagegen noch nicht vorhanden, auch wenn sie in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Fokus der zuständigen Akteure rückte, welche die Notwendigkeit einer europäischen Raumentwicklung erkannten[15]. Immerhin besteht mit dem Europäischen Raumentwicklungskonzept (EUREK)[16] ein zwar rechtlich unverbindlicher, aber wegen des damit verbundenen Mittelflusses faktisch prägender Rahmen für den Binnenraum der EU.
II. Definition der Raumordnung
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Aus den Abgrenzungen zur Fachplanung und kommunalen Bauleitplanung lässt sich schließlich Raumordnung – in Anlehnung an das Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1954 – als zusammenfassende, überörtliche und überfachliche Ordnung des Raums auf Grund von vorgegebenen oder erst zu entwickelnden Leitvorstellungen begreifen[17]: Sie ist wie bereits dargelegt überfachlich, da sie sich nicht auf einzelne Sachbereiche – wie etwa Straßenbau, Landwirtschaft, Industrie oder Bildungswesen – beschränkt, sondern auf eine Gesamtstruktur ausgerichtet ist. Zusammenfassend ist sie, da die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse und die unterschiedlichen raumbedeutsamen Maßnahmen der verschiedenen Träger öffentlicher Gewalt koordinierend aufeinander abgestimmt und die Rahmen abgesteckt werden, innerhalb derer sich die Fach- und Ortsplanung entfalten können.
Mit dieser Definition enthält die Raumordnung ein statisches und ein dynamisches Element. Sie bezieht sich zum einen auf einen bestimmten „natürlichen“ oder auf einen noch zu schaffenden „idealen“ Zustand des Raums. Zum anderen ist sie insoweit dynamisch, als sie die Gesamtheit der Maßnahmen erfasst, die darauf abzielen, Leitbilder eines anzustrebenden idealen Zustands des Raums zu entwickeln und die Voraussetzungen für ihre Verwirklichung zu schaffen[18]. Demnach bedeutet Raumordnung sowohl Gestaltung der Gegenwart als auch Vorsorge für die Zukunft.
I. Vom kommunalen Bedürfnis nach Planung zur überörtlichen Planung der Länder
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Historisch gesehen geht unser heutiges Raumordnungsrecht auf die Entwicklungen des Städtebaus seit Beginn des 20. Jahrhunderts zurück[19]. Es entstand aus dem lokalen Bedürfnis nach raumplanerischer Abstimmung zunächst in Form von Siedlungsverbänden. Im Zuge der Industrialisierung entstanden in bestimmten Gebieten schnell wachsende Siedlungsgebilde, die über die gemeindlichen Grenzen hinausreichten und auch an Ländergrenzen nicht haltmachten. Angrenzende Gemeinden gerieten in wirtschaftliche Abhängigkeit von Großstädten, die sich zunehmend in ihren Bereich ausdehnten. Abhilfe konnte nur durch eine überörtliche Zusammenarbeit geschaffen werden. Damit entstand auf Dauer ganz zwangsläufig die Raumordnung als eigenständige Verwaltungsaufgabe[20].
Zunächst sahen sich die Gemeinden in verschiedenen Ballungsgebieten zur Zusammenarbeit gezwungen, um die Wasser- und Energieversorgung ebenso wie die Verkehrsführung und Abwasserbeseitigung zu koordinieren. Daher entstanden auf Initiative der Gemeinden in diesen Gebieten sogenannte „Planungsinseln interkommunaler Verbände“[21]. Die Idee der großräumlichen Koordination fand daraufhin viele Anhänger[22]. In der Folgezeit entstanden ca. zwanzig weitere regionale Planungsgemeinschaften, die bis 1932 schon 29 % der Fläche des Deutschen Reichs umfassten, welche wiederum– da es sich um die großen Ballungsgebiete handelte – von 58 % der Gesamtbevölkerung[23] bewohnt wurde. Allerdings hatten diese Planungsverbände keine großräumige Landesplanung zu betreiben, sondern lediglich begrenzte Stadt-Umland-Probleme zu lösen.
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In der NS-Zeit wurde der vorher übliche Begriff der Landesplanung erstmals durch den Begriff Raumordnung ersetzt. Zudem wurde die dezentrale, meist auf kommunaler Ebene beruhende Raumordnung aufgegeben und zunehmend für militärische Zwecke eingesetzt. Einen wichtigen Meilenstein stellte dabei das Landbeschaffungsgesetz von 1935[24] dar, das der Landbeschaffung zwecks forcierter Aufrüstung diente, z.B. dem Bau des Westwalls und der Autobahnen. Außerdem wurde die Reichsstelle Raumordnung geschaffen und mit der zusammenfassenden übergeordneten Planung und Ordnung des deutschen Raumes betreut. Zu diesem Zweck erhielt sie die umfassende Weisungsbefugnis gegenüber den bestehenden Landesplanungsgemeinschaften.