Handbuch des Strafrechts. Группа авторов
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Umso überraschender ist es, dass kurz nach dem 1. Weltkrieg mit § 357 RAO 1919 (später § 393 RAO) eine Bestimmung zur Strafbarkeit von Verbänden in das Nebenstrafrecht gelangte: „Wenn in Betrieben von juristischen Personen und Personenvereinigungen Steuerzuwiderhandlungen begangen werden, kann da, wo das Gesetz die Strafe für verwirkt erklärt, ohne daß ein Verschulden einer natürlichen Person festgestellt werden braucht, die Geldstrafe gegen die juristische Person oder Personenvereinigung selber erkannt und diese in die Kosten des Strafverfahren verurteilt werden.“ Offenbar wurde im Steuerrecht ein Bedürfnis für die Bestrafung gesehen; ob darin eine Durchbrechung der herrschenden Doktrin zu erblicken war, geht aus der Begründung nicht hervor.[13] Letztlich dürfte die Vorschrift – wie auch die Subsidiärhaftung der Betriebe (§§ 416 Abs. 1, 3; § 417 RAO) und die Subsidiärstrafe (§ 416 Abs. 2 RAO) – allein fiskalischen Interessen geschuldet gewesen sein. Die Vorschrift erlangte zudem nie praktische Bedeutung. Zum einen entschied das RG bereits 1926, dass die Bestrafung des Organs eine Sanktionierung des Verbands ausschloss.[14] Zum anderen wurde an Schuldvermutungstatbestände angeknüpft, die 1939 wegfielen.[15] Aufgehoben wurden die §§ 393, 416, 417 [R]AO jedoch erst 1967.[16]
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In der Weimarer Republik sprach sich Richard Busch in seiner 1931/32 entstandenen Habilitationsschrift zu den „Grundfragen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Verbände“ für die Verbandsstrafe aus.[17] Seine beim Erscheinen 1933[18] geäußerte Vermutung, dass dieses „alte Problem“ „im höchsten Maße aktuell“ geworden sei, da im „totalen Staate […] unter den Zweckerwägungen, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Verbände als angebracht erscheinen lassen, die Interessen der Volksgemeinschaft und der Staatsführung stärker betont werden als im Parteienstaat individualistischer Prägung“, bewahrheitete sich nicht. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde daran festgehalten, dass nur Menschen strafbar sein können.[19]
III. Die Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland
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Nach dem 2. Weltkrieg
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Während der Großen Strafrechtsreform der 1950er und 1960er Jahre wurde die Einführung der Verbandsstrafe im Hinblick auf die soziale Machtstellung der Verbände erneut sehr lebhaft diskutiert. Bereits im September 1953 hatte sich der 40. Deutsche Juristentag eingehend damit befasst, ob es sich empfiehlt, die Strafbarkeit der juristischen Person einzuführen. Das Gutachten, die Referate und die Mehrheit der Teilnehmer lehnten dies ab.[23] Die zeitgenössische, lebhafte Diskussion zeichnete Rudolf Schmitt in seiner 1958 erschienenen Habilitationsschrift „Strafrechtliche Maßnahmen gegen Verbände“ nach.[24] Die Große Strafrechtskommission[25] sprach sich in ihrer 50. Sitzung (5. Dezember 1956) nach einer kontroversen Debatte ebenfalls mehrheitlich gegen eine Verbandsstrafe aus; bei der Endabstimmung votierte dann jedoch die Mehrheit dafür, in den AT zumindest eine Bestimmung aufzunehmen, wonach bei bestimmten Delikten des BT eine „Geldsanktion“ gegen juristische Personen zulässig sein sollte, um ihnen zugeflossene Gewinne und sonstige Vorteile abzunehmen und etwaige, der Allgemeinheit erwachsene Schäden auszugleichen. Später befasste sich der Sonderausschuß des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform[26]
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In den 1970er Jahren befasste sich die vom Bundesjustizministerium der damaligen sozialliberalen Koalition (SPD/FDP; Brandt) berufene „Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – Reform des Wirtschaftsstrafrechts“ u.a. mit der Frage der Unternehmenskriminalität. Die Kommission beauftragte Bernd Schünemann mit der Ausarbeitung eines Gutachtens, das 1979 publiziert wurde. Hierin prägte Schünemann zum einen den Begriff der „kriminellen Verbandsattitüde“ als zusammenfassende Bezeichnung für die kriminogenen Einflüsse, die einen einzelnen Mitarbeiter in einer Organisation zur Begehung einer Straftat bringen können.[27] Zum anderen prägte er auch den Begriff der „organisierten Unverantwortlichkeit“, um die drohende Beweisnot des Staates zu charakterisieren, wenn die zur Tatzeit bestehende Verantwortungsverteilung rekonstruiert werden soll.[28] In ihrem Schlussbericht hielt die Kommission an der Sanktionierung von Verbänden und Unternehmen mit Geldbußen (§ 30 OWiG) fest und empfahl lediglich den Ausbau des geltenden Rechts der Sanktionen.[29]
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In den 1980er und 1990er Jahren bekam die Diskussion um die Einführung einer „echten“ Verbandsstrafe neue Nahrung. Der Großbrand bei der Sandoz AG in Schweizerhalle, die Havarie der Exxon Valdez vor Alaska und Embargoverstöße deutscher Firmen während und nach dem Zweiten Golfkrieg stießen auf große öffentliche Aufmerksamkeit und ließen Defizite sichtbar werden.[30] Anfang der 1990er Jahre erachteten mehrere Untersuchungen