Handbuch des Strafrechts. Группа авторов
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12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 49 Strafbarkeit juristischer Personen › C. Verantwortlichkeit von Verbänden im bisherigen Recht
C. Verantwortlichkeit von Verbänden im bisherigen Recht
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Auch wenn das geltende deutsche Recht keine Verbandsstrafen vorsieht, ist schon lange sichergestellt, dass auch Verbände sanktioniert werden können. Bereits seit 1968 kann bundesweit eine Verbandsgeldbuße festgesetzt werden (Rn. 17 ff.), die präventiven, repressiven und reparativen Zwecken dient und ein „Verbands- bzw. Unternehmensstrafrecht im weiteren Sinne“ konstituiert (Rn. 27). Der Grundsatz „societas delinquere non potest“ gilt daher nur noch für das Kriminalstrafrecht.[64] Weiter lässt sich insb. mit Blick auf die Einziehung feststellen, dass der Grundsatz im Kriminalstrafrecht bereits partiell durchbrochen ist. So kann mit der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB) – für die Einziehung von Taterträgen (§ 73 ff. StGB) und die Mehrerlösabführung (§ 10 Abs. 2 WiStrG 1954) ist der Strafcharakter umstritten (Rn. 36, 38) – gegen Verbände schon heute z.T. eine „Nebenstrafe“ ausgesprochen werden. Insgesamt betrachtet erfüllt schon das bisherige System die Grundfunktionen eines „echten“ Verbandsstrafrechts.
1. Entstehung, Zweck und Rechtsnatur
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Die Verbandsgeldbuße wurde im Zuge der Großen Strafrechtsreform (Rn. 11) zum 1. Oktober 1968 in § 23 OWiG 1968 geschaffen. Seit 1975 ist die Regelung in § 30 OWiG enthalten. Durch die Einführung einer allgemeinen, einheitlichen und abschließenden Regelung für die Bußgeldverantwortlichkeit juristischer Personen und Personenvereinigungen sollte die vorherige Privilegierung im Verhältnis zu natürlichen Personen beseitigt und die Abschöpfung der Vorteile, die durch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten Verbänden zugeflossen sind, ermöglicht werden.[65] Bereits zuvor konnten z.T. Sanktionen festgesetzt werden:
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In der Weimarer Republik bestand im Kartellrecht die Möglichkeit, gegen Verbände sog. Ordnungsstrafen festzusetzen, die jedoch keine Kriminalstrafen waren, sondern als „wertneutral“ galten.[66] § 17 der „Verordnung gegen Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen“ vom 2. November 1923 (RGBl. I S. 1067) gestattete, ohne den Täterkreis näher zu bestimmen („wer“), die Festsetzung einer Ordnungsstrafe in unbeschränkter Höhe. 1929 entschied das Kartellgericht,[67] dass die Vorschrift auf die Norddeutsche Cementverband GmbH Anwendung fand, da ihr Grundgedanke, die Einhaltung von Geboten und Verboten zu gewährleisten, auch auf juristische Personen zutreffe. Während des Nationalsozialismus, in der das Ordnungsstrafrecht zugunsten der Exekutive stark ausgeweitet wurde, um der richterlichen Kontrolle zu entgehen,[68] drohten z.B. § 8 der Preisstrafrechtsverordnung vom 3. Juni 1939 (RGBl. I S. 999) und § 4 der Verbrauchsregelungs-Strafverordnung vom 26. November 1941 (RGBl. I S. 734) dem „Inhaber“ eines Geschäftsbetriebes, der ausdrücklich auch „eine Handelsgesellschaft, eine juristische Person oder sonstige Personenvereinigung“ sein konnte, Ordnungsgeldstrafen an.
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In der Nachkriegszeit führten die Bestrebungen nach einer rechtsstaatlichen Bereinigung dazu, dass nunmehr zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbußen geahndet werden konnten, unterschieden wurde.[69] §§ 23, 24 des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 26. Juli 1949[70] (WiStG 1949) und später § 5 des Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 9. Juli 1954[71] (WiStG 1954) bezogen auch Verbände ein. Im Fall einer Verletzung der Aufsichtspflicht konnten Geldbußen gegen den „Inhaber“ festgesetzt werden, der eine „juristische Person“ oder „Handelsgesellschaft“ bzw. „Personengesellschaft des Handelsrechts“ sein konnte. Da das kriminalpolitische Bedürfnis für eine Sanktionierung von Unternehmen angesichts ihres wachsenden Einflusses zunahm, entstand in den Gesetzen des Bundes und der Länder eine „Flut“ von Sondervorschriften, welche die Festsetzung von Verbandsgeldbußen ermöglichten.[72] Die dadurch entstandene Rechtslage war uneinheitlich: Z.T. stellten die Vorschriften auf eine Aufsichtspflichtverletzung ab, z.T. auf die Begehung der Tat durch Inhaber oder Organ, und in zahlreichen Gesetzen fehlten entsprechende Vorschriften vollständig.
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Bei der Schaffung der einheitlichen Regelung zur Verbandsgeldbuße war dem Gesetzgeber bewusst, dass gegen die Verurteilung von Verbänden zu Kriminalstrafen dogmatische Bedenken bestanden, er war aber der Auffassung, bei einer Geldbuße würden diese Bedenken „nicht oder jedenfalls nicht in dem gleichen Maße“ gelten, da sie „kein sittliches Unwerturteil“
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Dem Standpunkt des Gesetzgebers, dass die Verantwortlichkeit von Verbänden im Ordnungswidrigkeitenrecht dogmatisch unproblematischer ist, wird heute mit Recht widersprochen.[76] Zunächst ist festzustellen, dass die bei Einführung der Verbandsgeldbuße herrschende, auf die Lehre vom Verwaltungsstrafrecht[77] zurückgehende Auffassung, wonach zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ein qualitativer Unterschied („aliud“) bestehen soll, überholt ist. Danach sollten Strafvorschriften vor allem die Rechtsgüter des Einzelnen schützen, Ordnungswidrigkeiten dagegen das Allgemeininteresse an einer funktionierenden Verwaltungstätigkeit. Hiergegen spricht jedoch, dass heute zahlreiche Ordnungswidrigkeiten (z.B. im Bereich des Straßenverkehrs) den Schutz von Individualrechtsgütern bezwecken. Daher folgert die heute h.M.[78] (nur) einen quantitativen Unterschied