Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Vereins hat der Vorstand die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Versäumt der Vorstand dies, so haftet er dem Verein gegenüber aus § 280 BGB auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens. Den Gläubigern gegenüber ist er aus § 42 Abs. 2 S. 2 BGB unmittelbar für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich[20].
c) Die Haftung des Vereins für zum Schadenersatz verpflichtende Handlungen seiner Organe
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Der Verein ist zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet, die seine Organe in Ausführung einer ihnen zustehenden Verrichtung durch zum Schadensersatz verpflichtende Handlungen einem Dritten zugefügt haben (§ 31 BGB). Da diese Regelung jede Möglichkeit der Entlastung, wie sie etwa § 831 BGB zulässt, ausschließt, wird der Verein durch § 31 BGB so gestellt, als ob er die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung selbst begangen hätte[21].
§ 31 BGB allein ist keine Anspruchsgrundlage. Er erlegt nur dem Verein die Schadensersatzpflichten auf, die nach anderen Vorschriften der Person oder den Personen entstanden wären, wenn diese für sich und nicht als Organ für den Verein gehandelt hätten. Eine Schadensersatzpflicht des Vereins für Handlungen seiner Organe entsteht also über § 31 BGB nur in Verbindung mit anderen Anspruchsgrundlagen, seien sie vertraglicher Art, wie z. B. § 280 BGB, oder aus dem Deliktsbereich, wie z. B. §§ 823 ff. BGB[22].
Beispiel:
Das dafür zuständige Vorstandsmitglied zahlt den Kaufpreis aus einem Kaufvertrag nicht, der zwischen dem Verein und V zustande gekommen ist. V entsteht dadurch ein Verzugsschaden, den er gem. §§ 280, 286 BGB i. V. m. § 31 BGB von dem Verein fordern kann.
Dem § 31 BGB kommt über den Bereich des eingetragenen Vereins hinaus große Bedeutung zu, weil er auf alle juristischen Personen und auch auf die BGB-Gesellschaft, die OHG und die KG entsprechend angewandt wird.
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Lösung zu Fall 19:
Fraglich ist, ob die Klausel in der Satzung des Vereins, nach der Änderungen der Satzung ausschließlich durch Rechtsverordnung der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinschaft in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland (Augustana-Gemeinde) erfolgen können, gegen den Grundsatz der Vereinsautonomie verstößt, was als Rechtsfolge die Nichtigkeit bewirken könnte. Für den bürgerlich-rechtlichen Verein gilt der Grundsatz der Vereinsautonomie, der als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus § 40 BGB abgeleitet wird. Vereinsautonomie bedeutet, dass Verbände, also auch die Vereine befugt sind, ihre Struktur und ihre inneren Verhältnisse selbst zu gestalten; notwendiger Bestandteil ist die Satzungsautonomie, die durch die Mitgliederversammlung ausgeübt wird. Aus dem Grundsatz der Vereinsautonomie wird abgeleitet:
– | Der Verein soll die Freiheit genießen, seine eigenen Angelegenheiten unabhängig, d. h. ohne Fremdeinfluss, bestimmen zu können („Selbstbestimmungsrecht“). |
– | Für die Ausübung dieser Freiheit soll, von zulässigen Delegationsmöglichkeiten abgesehen, die Mitgliederversammlung zwingend zuständig sein (Gebot der „Letztzuständigkeit der Mitgliederversammlung“)[23]. |
Die Gestaltungsfreiheit findet ihre Grenze jedoch dort, wo die Privatautonomie allgemein endet; diese Grenzen ergeben sich insbesondere aus den §§ 134, 138, 242 und 826 BGB. Die Grenze des Erlaubten ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Satzung den Verein so stark unter fremden Einfluss bringt, dass er zu einer eigenen selbstständigen Willensbildung nicht mehr in der Lage ist[24]. Durch die hier in Frage stehende Satzungsbestimmung ist die Möglichkeit einer eigenen Willensbildung nicht nur zugunsten eines Dritten eingeschränkt, was nach Auffassung mancher[25] zulässig wäre; vielmehr wird durch die entsprechende Satzungsbestimmung dem Verein die Möglichkeit entzogen, sein Recht selbst zu setzen. Darin ist ein Verstoß gegen den im Vereinsrecht bestehenden Grundsatz der Vereins- und Satzungsautonomie zu sehen. Die Satzungsbestimmung verstößt infolgedessen gegen § 138 Abs. 1 BGB. Sie ist nichtig.
Anmerkungen
OLG Zweibrücken MDR 2006, 219 f.
OLG Zweibrücken MDR 2006, 219, 220.
Dazu Schockenhoff, AcP 193 (1993), 35 ff.
Schockenhoff, AcP 193 (1993), 35, 39 mit Nachw.
Schockenhoff, AcP 193 (1993), 35, 39 f.
OLG Frankfurt OLGZ 1982, 309 f.
U. a. BGHZ 47, 172, 177 ff.
U. a. BGHZ 13, 5, 11; 21, 370, 373; 47, 172, 179.
BGHZ 47, 172, 178 ff.
OLG Hamm NJW-RR 1995, 119.
OLG Hamm, NZG 2010, 114.
Zum Streitstand K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 4.
BGHZ 105, 306.
OLG Hamm, NZG 2012, 189 ff.; zustimmend Piper, NZG 2012, 735 ff.
BGHZ 59, 369, 372.