Einführung in die Praxis der Strafverteidigung. Olaf Klemke
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Die Ausschließung des Verteidigers setzt voraus, dass dieser einer der in § 138a Abs. 1 StPO genannten Handlungen entweder dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigen Grade, also hinreichend, verdächtig ist. „Hinreichender Tatverdacht“ i.S.d. § 138a Abs. 1 StPO setzt voraus, dass gegen den Verteidiger wegen des den Ausschluss begründenden Verhaltens ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bis zur Anklagereife (§ 169a StPO) geführt worden ist. Ist dies nicht der Fall, kann in einem früheren Stadium der Ermittlungen gegen den Verteidiger nur ein dringender Tatverdacht dessen Ausschluss rechtfertigen. Sonst wäre die Aufführung auch des „dringenden Tatverdachts“ als ausreichender Verdachtsgrad für einen Verteidigerausschluss sinnlos.[94]
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Einen zusätzlichen Ausschlussgrund enthält § 138b StPO für Staatsschutzsachen.
c) Das Ausschlussverfahren
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Im Zwischen- und Hauptverfahren setzt das Verteidigerausschluss-Verfahren einen Vorlagebeschluss des Tatgerichts an das OLG bzw. den BGH voraus, § 138c Abs. 2 S. 1 StPO. Dieser Vorlagebeschluss ergeht von Amts wegen oder auf Antrag der Staatsanwaltschaft, § 138c Abs. 2 S. 2 StPO. Im Ermittlungsverfahren entscheidet das zuständige Gericht über den Verteidigerausschluss auf Antrag der StA, § 138c Abs. 2 S. 1 StPO. Der Antrag der Staatsanwaltschaft bzw. der Vorlagebeschluss auf Ausschließung des Verteidigers müssen eine in sich geschlossene und schlüssige Darlegung der Beweismittel sowie der äußeren und inneren Tatsachen enthalten, aus denen sich im Falle ihres Nachweises der Ausschlussgrund ergeben soll. Das zur Entscheidung über den Antrag auf Verteidigerausschluss berufene Gericht muss allein aufgrund der Antragsschrift bzw. des Vorlagebeschlusses beurteilen können, ob der dargelegte Sachverhalt – seine Richtigkeit unterstellt – den Ausschluss des Verteidigers begründet. Eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke ist unzulässig. Es gelten dieselben hohen formellen Anforderungen an den Antrag bzw. Beschluss wie bei dem Klageerzwingungsantrag. Entsprechen der Antrag bzw. der Vorlagebeschluss dem nicht, sind sie als unzulässig abzulehnen.[95]
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Gem. § 138c Abs. 2 S. 4 StPO hat der Verteidiger ein Äußerungsrecht zu dem Antrag der Staatsanwaltschaft oder dem von Amts wegen beabsichtigten Vorlagebeschluss. Nach § 138c Abs. 2 S. 3 StPO besteht eine Mitteilungspflicht an die für den Verteidiger zuständige Rechtsanwaltskammer.
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Das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist und sonst das für den Ausschluss zuständige Gericht können durch unanfechtbaren Beschluss das vorläufige Ruhen der Verteidigerrechte anordnen, § 138c Abs. 3 StPO. Bei einer Vorlage während einer laufenden Hauptverhandlung hat das Tatgericht die Hauptverhandlung bis zu dreißig Tage zu unterbrechen oder sie auszusetzen, § 138c Abs. 4 StPO.
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Die Entscheidung über den beantragten Verteidigerausschluss ergeht nach mündlicher Verhandlung, zu welcher der Verteidiger zu laden und deren Termin der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und der Rechtsanwaltskammer mitzuteilen sind, § 138d Abs. 1, 2 StPO. Eine mündliche Verhandlung ist entbehrlich, wenn der Antrag bzw. der Vorlagebeschluss bereits als unzulässig abzulehnen ist.[96] Ist der Verteidiger ordnungsgemäß unter Hinweis auf eine mögliche Abwesenheitsverhandlung geladen worden, kann die Hauptverhandlung ohne ihn durchgeführt werden, § 138d Abs. 3 StPO. Die mündliche Verhandlung, die nicht öffentlich ist,[97] beginnt mit der Anhörung der anwesenden Beteiligten. Dies sind die StA, der Verteidiger, der Beschuldigte und der Vorsitzende der Rechtsanwaltskammer.
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Nach der Anhörung folgt die Beweisaufnahme, deren Umfang das Gericht nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt, § 138d Abs. 4 S. 2 StPO. Das Gericht ist bei der Beweisaufnahme auf den im Antrag bzw. Vorlagebeschluss dargelegten Sachverhalt und die dort angegebenen Beweismittel beschränkt. Es ist nicht berechtigt, von sich aus nach möglichen weiteren Gründen für einen Verteidigerausschluss zu forschen.[98] Nach Ansicht des BGH erfolgt die Erhebung der Beweisaufnahme im Freibeweisverfahren.[99] Dies ist abzulehnen. Wegen der erheblichen beruflichen Konsequenzen für den Verteidiger und der einschneidenden Folgen für die Verteidigung des Beschuldigten sind die Beweise im Strengbeweisverfahren zu erheben.[100]
d) Entscheidung über den Verteidigerausschluss
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Die Entscheidung über den Verteidigerausschluss ergeht durch Beschluss. Sie ist entweder am Schluss der mündlichen Verhandlung oder spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu erlassen, § 138d Abs. 5 StPO. Sie ist zu begründen, § 34 StPO.
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Wird der Ausschluss des Verteidigers abgelehnt, ist die Entscheidung unanfechtbar, § 138d Abs. 6 S. 3 StPO. Gegen seinen Ausschluss stehen sowohl dem Verteidiger als auch dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft das Recht der sofortigen Beschwerde zu, § 138d Abs. 6 S. 1 StPO. Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer kann den Verteidigerausschluss nicht anfechten, § 138d Abs. 6 S. 2 StPO.
Anmerkungen
Pfeiffer DRiZ 1984, 342.
BGHSt 38, 345, 347.
BGHSt 29, 99.
OLG Frankfurt StV 2001, 407.
Meyer-Goßner/Schmitt Rn. 1 vor § 137 m.w.N. aus der Rspr.
BGHSt 38, 345, 349.
BGH StraFo 2006, 284 m.N.
Eingehende Kritik hieran übt Wohlers StV 2001, 420 ff.
Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 150; Beulke/Ruhmannseder Rn. 14.
Beulke/Ruhmannseder Rn. 14 a. E.