Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart Maurach

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Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1 - Reinhart Maurach C.F. Müller Lehr- und Handbuch

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des Todes oder einer schweren Körperverletzung der Schwangeren für rechtmäßig[6] und anerkannte dabei erstmals den sog. „übergesetzlichen Notstand“ (jetzt § 34 StGB). Dieser Rechtfertigungsgrund wurde auch als medizinische Indikation des Schwangerschaftsabbruchs bezeichnet. Durch das G zur Änderung des Ges. zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 26.6.35 wurde ferner die damals sog. eugenische, inzwischen zutreffender Kindesschädigungs- oder embryopathisch genannte Indikation anerkannt, d.h. die Rechtfertigung des Schwangerschaftsabbruchs bei Gefahr schwerer geistiger oder körperlicher Schäden des Kindes. Nach dem Kriege wurde in der sowjetischen Besatzungszone angesichts der Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee die kriminogene (auch: „ethisch“, „juristisch“, „kriminologisch“ genannte) Indikation (bei Entstehung der Schwangerschaft aus einer strafbaren Handlung) und schließlich auch die soziale Indikation (bei wirtschaftlichen Gründen, insbesondere sozialer Notlage, mehreren bereits vorhandenen Kindern u.ä.) eingeführt[7]. Neben der Diskussion um die mehr oder weniger weitgehende Anerkennung der genannten Indikationen wurde auch versucht, durch eine Ausweitung des Krankheitsbegriffs in den sozialen Bereich hinein Teile der sozialen Indikation in die – weniger umstrittene – medizinische hineinzuziehen.

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      Infolge der gewandelten Auffassung hatte sich schon auf dem Boden des überkommenen Rechts die Praxis radikal verändert. So stieg die Zahl der legalen Eingriffe von 2858 im Jahr 1968 auf 13201 1973 und 17814 1974. In der gleichen Zeit ging die Zahl der Verurteilten von 596 auf 94 zurück, wobei überwiegend Geldstrafen und zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafen verhängt wurden (Laufhütte-Wilkitzki JZ 76, 335).

      Anmerkungen

       [6]

      RG 61, 242. Dazu Schroeder JuS 80, 339.

       [7]

      Abtreibung und Schwangerschaftsunterbrechung i.d. osteurop. Ländern (Stud. des Inst. f. Ostrecht München, Bd. 14), 1962, S. 24.

      3. Die siebziger Jahre

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      In der DDR wurde 1972 und in Österreich 1974 die sog. Fristenlösung eingeführt, d.h. die Straflosigkeit des Abbruchs in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft. So revolutionär diese Regelung erschien, so lag doch darin nur eine Rückkehr zu der christlichen Auffassung bis ins späte Mittelalter (s.o. Rn. 10).

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      Auf Grund der durch das 5. StrRG eingeführten Meldepflicht wurden seit 1977 zunehmend Abbrüche gemeldet (1982 91 064), die bis 1992 auf 74 700 zurückgingen. Dabei stieg der Anteil der Notlagenindikation von 57 auf fast 89 %; offensichtlich z.T. aufgrund einer Verlagerung auf die für den feststellenden Arzt „bequemere“ Notlagenindikation. Dazu kamen noch 50 000–250 000 (Liebl aaO: 120 000) nicht gemeldete Fälle sowie eine erhebliche Zahl von Abbrüchen im Ausland, insbesondere in Holland und England.

      Anmerkungen

       [8]

      Zu diesen 4 Entwürfen Fezer GA 74, 65 ff.

       [9]

      Eingehende Dokumentation bei Arndt/Erhard/Funcke (Hrsg.), Der § 218 vor dem BVerfG, 1979. Zu Einflüssen der Weltanschauung Stahl aaO 33 ff.

       [10]

      Vgl. abw. Meinung BVerfGE 39, 68 ff.; Kriele JZ 75, 222; Roth JuS 75, 617; Krumbiegel FamRZ 75, 550; Müller-Dietz FS Dreher 1977, 97; Geddert aaO.

       [11]

      EuGRZ 74, 52; hierzu Brugger NJW 86, 896; Piazolo, Das Recht auf Abtreibung als Teilaspekt des Right of Privacy, 1992.

       [12]

      EuGRZ 75, 74. Eingehend H. Reis, Das Lebensrecht des ungeborenen Kindes als Verfassungsproblem, 1984.

       [13]

      Vgl. Kriele ZRP 75, 73; R. Schmitt JR 75, 356; Rüpke aaO.

       [14]

      Berat. 7/2343–2372, 2393–2440, 2451–2452, 2460–2461; Bericht BTD 7/4696.

       [15]

      BGBl. I 1213.

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