Arztstrafrecht in der Praxis. Klaus Ulsenheimer

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Arztstrafrecht in der Praxis - Klaus Ulsenheimer Praxis der Strafverteidigung

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Gleiches gilt z.B. auch beim Einsatz nicht gehörig qualifizierter oder sonst überforderter, etwa übermüdeter Ärzte. Der Chefarzt einer Abteilung muss organisatorisch gewährleisten, dass er mit dem vorhandenen ärztlichen Personal seine Aufgaben erfüllen kann, und zwar nicht nur durch ausreichend erfahrene und geübte Operateure, sondern auch durch Ärzte, die im (d.h. in jedem) Einzelfall mit der erforderlichen Konzentration und Sorgfalt operieren können. Deshalb dürfen zur Operation keine Ärzte herangezogen werden, die durch einen vorhergehenden anstrengenden Nachtdienst übermüdet und deshalb nicht mehr voll einsatzfähig sind.[214] Anderenfalls liegt ein Organisationsverschulden des betroffenen Chefarztes – und daneben unter Umständen ein Übernahmeverschulden des vor Ort tätigen Arztes – vor[215], das im Falle einer dadurch bedingten (im Strafprozess allerdings wohl schwer beweisbaren) Schädigung des Patienten zur Strafbarkeit nach §§ 222, 229 StGB führen kann. Wenn der Chefarzt aber alle objektiv gebotenen und subjektiv zumutbaren Schritte unternommen hat, um Abhilfe zu schaffen und den erforderlichen Facharztstandard zu gewährleisten, entfällt trotz vorliegender Pflichtverletzung gegenüber dem Patienten die strafrechtliche Schuld.[216]

      (e) Sicherstellung der apparativen Ausstattung sowie Funktionsfähigkeit und Wartung der Geräte

      276

      (f) Weitere Gegenstände chefärztlicher Organisationszuständigkeit

      277

      „Der Direktor der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie hatte die stationäre Behandlung einer 17-jährigen latent suizidgefährdeten Patientin mit dem Versprechen an die Eltern übernommen, ihre Tochter sei in der Klinik „sicher“, ohne vorher sie selbst und ihr Gepäck auf selbstmordgeeignete Gegenstände zu durchsuchen. Drei Tage nach ihrer Aufnahme erhängte sich das Mädchen mit einem mitgebrachten Kälberstrick.

      Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft bejahte der Senat den hinreichenden Tatverdacht der fahrlässigen Tötung, da der Klinikdirektor infolge seiner persönlichen Zusicherung den Eltern gegenüber eine „gesteigerte Sorgfaltspflicht“ gehabt habe und deshalb aufgrund seiner Garantenstellung gewährleisten musste, dass die kranke, minderjährige Patientin keine für einen Selbstmord geeigneten Gegenstände bei sich habe und ununterbrochen überwacht werde.

      Das Verfahren wurde im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 153a StPO eingestellt – eine rechtlich umstrittene, aber zweifellos salomonische Lösung.

      278

      

      Fehlt eine ausdrückliche dienstvertragliche Übertragung dieser – nach dem Gesetz den Arbeitgeber treffenden – Überwachungspflichten oder ist der Chefarzt infolge Personalmangels nicht in der Lage, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes durch seine Mitarbeiter zu gewährleisten, darf er infolge Unzumutbarkeit der Pflichterfüllung mangels Schuld nicht mit einer Sanktion (Bußgeld wegen Ordnungswidrigkeit nach § 22 ArbZG) belegt werden. Ultra posse nemo obligatur!

      279

      

      Wie umfassend – und deshalb nicht enumerativ darstellbar – die Organisationspflichten eines Chefarztes sind, zeigt auch der folgende Fall, der mit einer Einstellung nach § 153a StPO endete:

      Eine Patientin wurde nach einer Sportverletzung am rechten Kniegelenk in Allgemeinnarkose operiert und nach einem komplikationslosen Operations- und Anästhesieverlauf im Aufwachraum an den Monitor angeschlossen, wo ein erfahrener Pfleger für ihre Überwachung zuständig war.

      Da

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