Arztstrafrecht in der Praxis. Klaus Ulsenheimer
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![Arztstrafrecht in der Praxis - Klaus Ulsenheimer Arztstrafrecht in der Praxis - Klaus Ulsenheimer Praxis der Strafverteidigung](/cover_pre1171415.jpg)
„Die Verantwortung für die Behandlung des Patienten geht mit dessen Überweisung an das Krankenhaus auf die Ärzte dieses Krankenhauses über, die weder seine Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfen sind […] Im Allgemeinen wird der Hausarzt sich zwar darauf verlassen dürfen, dass die Klinikärzte seine Patienten richtig behandelt und beraten haben, und meist wird er auf deren bessere Sachkunde und größere Erfahrung vertrauen dürfen. Anders ist es aber dann, wenn der Hausarzt ohne besondere weitere Untersuchungen aufgrund der bei ihm vorauszusetzenden Kenntnisse und Erfahrungen erkennt oder erkennen muss, dass ernste Zweifel an der Richtigkeit der Krankenhausbehandlung und der dort seinem Patienten gegebenen ärztlichen Ratschläge bestehen. Er darf im Rahmen seiner eigenen ärztlichen Sorgfaltspflichten dem Patienten gegenüber offenbare Versehen oder ins Auge springende Unrichtigkeiten nicht unterdrücken“. Diese muss er, „gegebenenfalls nach Rücksprache mit den Kollegen im Krankenhaus, mit seinem Patienten erörtern. Kein Arzt, der es besser weiß, darf sehenden Auges eine Gefährdung seines Patienten hinnehmen, wenn ein anderer Arzt seiner Ansicht nach etwas falsch gemacht hat oder er jedenfalls den dringenden Verdacht haben muss, es könne ein Fehler vorgekommen sein. Das gebietet der Schutz des dem Arzt anvertrauten Patienten“. [168] |
Ähnlich deutlich stellt der BGH im Falle einer Überweisung eines Kindes vom Augenarzt in die Augenklinik fest: |
„Grundsätzlich ist der hinzugezogene Arzt an den Auftrag des überweisenden Arztes gebunden und darf eigenmächtig keine weitergehenden Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen durchführen […] Diese Bindung des hinzugezogenen Arztes an den Überweisungsauftrag bedeutet indessen nicht, dass dessen Tätigkeit lediglich auf die technische Ausführung des Auftrags begrenzt, die Funktion des zugezogenen Arztes also lediglich in der eines Werkzeuges ohne eigene Verantwortung zu sehen wäre. Der hinzugezogene Arzt übernimmt vielmehr im Rahmen des Überweisungsauftrags in gewissem Umfang auch eigenständige Pflichten. Er bestimmt in eigener Verantwortung nicht nur die Art und Weise der Leistungserbringung (z.B. die Bestimmung der Strahlendosis durch den Radiologen), sondern er muss auch prüfen, ob die von ihm erbetene Leistung den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht und nicht etwa kontraindiziert ist. Ebenso muss er prüfen, ob die von ihm erbetene Leistung ärztlich sinnvoll ist, ob also der Auftrag von dem überweisenden Arzt richtig gestellt ist und dem Krankheitsbild entspricht. Im Allgemeinen kann sich zwar der zur Vornahme einer bestimmten Leistung hinzugezogene Arzt darauf verlassen, dass der überweisende Arzt, jedenfalls wenn er derselben Fachrichtung angehört, den Patienten in seinem Verantwortungsbereich sorgfältig und ordnungsgemäß untersucht und behandelt hat und die Indikation zu der erbetenen Leistung zutreffend gestellt ist. Hat der hinzugezogene Arzt jedoch aufgrund bestimmter Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der ihm übermittelten Diagnose, dann muss er diesem Zweifel nachgehen und darf sie nicht auf sich beruhen lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der überweisende Arzt an einen Spezialisten oder an eine Klinik wegen einer Leistung wendet, die er selbst nicht erbringen kann“. [169] |
Im Rahmen eines gemäß § 39 Abs. 1a SGB V umfassend zu etablierenden Entlassmanagements (siehe dazu bereits Rn. 214) hat zum Abschluss stationärer Behandlung unter anderem eine ärztliche Untersuchung zu erfolgen. Insbesondere über deren Ergebnis ist sowohl der Patient (im Sinne therapeutischer Aufklärung) als auch der die Anschlussversorgung durchführende Arzt (z.B. Hausarzt, einweisender Arzt) vermittels eines (evtl. auch vorläufigen) Entlassbriefs zu unterrichten.[170]In diesem Entlassbrief sind insbesondere gestellte Diagnosen, der Entlassungsbefund und das weitere Prozedere bzw. „Empfehlungen“ dazu auszuführen. Allerdings ist der Weiterbehandelnde (z.B. niedergelassene Arzt) an solche Empfehlungen nicht wie ein „Befehlsempfänger“ gebunden. Er entscheidet vielmehr im Rahmen der Therapiefreiheit und Behandlungsnotwendigkeit über die jeweils indizierte Therapie samt Medikation auf der Grundlage eigener Prüfung und Erfahrung, darf aber andererseits auf die Richtigkeit der Therapieangaben oder Reha-Empfehlungen vertrauen, soweit sie nicht offensichtlich verfehlt sind. Erhält ein Arzt einen Arztbrief mit bedrohlichen Befunden, hat er sicherzustellten, dass der Patient von diesen Befunden und gegebenenfalls einer insoweit angeratenen Behandlung Kenntnis erhält, auch wenn diese Information nach einem etwaigen Ende des Behandlungsvertrages bei ihm eingeht. „Der Arzt, der als einziger eine solche Information bekommt, muss den Informationsfluss aufrecht erhalten, wenn sich aus der Information selbst nicht eindeutig ergibt, dass der Patient oder der diesen [tatsächlich] weiterbehandelnde Arzt sie ebenfalls erhalten hat“[171] | |
2. |
Haftung des Konsiliarius. Es wäre zwar „für den betreffenden Patienten ideal“, ist jedoch in der Lebenswirklichkeit utopisch, das „jeder Arzt, der bei der Diagnose und Therapie in irgendeiner Weise beteiligt ist, alle medizinischen Zusammenhänge vollständig erfassen und aus eigener Sachkunde korrekt beurteilen“ kann[172]. Da eine „derartige Idealvorstellung“ im „arbeitsteilig organisierten Medizinbetrieb“ praktisch nicht zu realisieren ist, kann man nur verlangen, dass der primär behandelnde Arzt, wenn nötig, einen Konsiliarius hinzuzieht, „der über spezielle Techniken und Kenntnisse verfügt“. Dabei gelten hinsichtlich der Verantwortlichkeit für Fehler allgemein folgende Grundsätze:[173]
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Im Gegensatz zum Zivilrecht gibt es im Strafrecht stets nur eine Haftung für eigenes
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