Arztstrafrecht in der Praxis. Klaus Ulsenheimer

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Arztstrafrecht in der Praxis - Klaus Ulsenheimer Praxis der Strafverteidigung

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Auftrag des Beschuldigten erstattet, darf daher nicht parteiisch sein. Denn das Vertrauen in die Wissenschaft lebt vom Glauben an die Unabhängigkeit der Experten. Deshalb ist es auch verfehlt, vom Gutachter „des Gerichts“, „der Staatsanwaltschaft“ oder „der Verteidigung“ usw. zu sprechen. Das Gebot der Unparteilichkeit verbietet dem Sachverständigen, Lücken in den tatsächlichen Feststellungen oder divergierende Zeugenaussagen durch Unterstellungen, Vermutungen, Eigeninterpretation oder Spekulationen zugunsten oder -ungunsten des Beschuldigten zu beseitigen. Untersagt sind in gleicher Weise eigenständige Ermittlungen und die selbstständige Vernehmung von Zeugen. Auch die rechtliche Subsumtion, d.h. die rechtliche Würdigung des Tatsachenstoffs obliegt dem Richter und nicht dem Sachverständigen, so dass er Begriffe wie „fahrlässig“, „schuldhaft“ oder gar „strafbar“ in seinem Gutachten nicht gebrauchen darf.[279]

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      Zwei Beispiele:

1. Im Kreißsaal eines Städtischen Krankenhauses wurde an einem Samstagnachmittag eine zunächst normal verlaufende Geburt weitgehend von einer Hebamme überwacht. Der einzige Arzt auf der Gynäkologischen Station war ein junger Assistenzarzt, der auch alle anderen Patientinnen zu betreuen hatte und daher nicht ständig, sondern nur ab und zu im Kreißsaal war. Da die Hebamme das pathologische Herzfrequenzmuster des CTG nicht erkannte und den Assistenzarzt zu spät rief, erlitt das Neugeborene infolge Sauerstoffmangels schwere Schäden. Der Sachverständige sah hier ein Organisationsverschulden als gegeben an, da die moderne Geburtshilfe einen „ärztlichen Kreißsaaldienst rund um die Uhr“ verlange – ein Schlagwort, das die Presse gierig aufgriff. Der Gutachter hatte jedoch übersehen, dass diese Forderung zwar an seiner Universitätsklinik bei dem dortigen Personalschlüssel, jedoch keinesfalls in dem betreffenden Städtischen Krankenhaus zu erfüllen war (siehe schon Rn. 138).
2.

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      Der Fahrlässigkeitsverstoß des Arztes kann in einem „positiven“ (aktiven) Tun, z.B.:

Legen einer zu engen Bassini-Naht bei einer Leistenbruchoperation,
Injizierung eines falschen Medikaments,
Verletzung der Speiseröhre bei der Intubation durch den Anästhesisten,
Zuführung von Halothan anstatt Sauerstoff bei der Narkose,
Operation des rechtsseitigen anstatt des linksseitigen Leistenbruchs,
Amputation des gesunden statt des krebsbefallenen Lungenflügels,
Verschreibung süchtig machender Beruhigungsmittel

      oder in einem „Unterlassen“, nämlich der Nichtvornahme einer medizinisch gebotenen Maßnahme bestehen, z.B.

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