Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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dominieren in den Normierungsausschüssen wirtschaftliche Interessen. Den größten Anteil an der Finanzierung der Normierungsarbeit haben die Einnahmen aus dem Verkauf der urheberrechtlich geschützten Standards.[264]

      66

      Mittelbare rechtliche Verbindlichkeit privater Regelwerke

      Unmittelbare Rechtsverbindlichkeit erlangen Standards, wenn eine staatliche Norm direkt auf ein privates Regelwerk verweist (z. B. § 37b Abs. 3 BImSchG). Damit wird die private Norm in das staatliche Recht inkorporiert. Hierbei ist zwischen statischen und dynamischen Verweisen zu unterscheiden.[265] Eine weitere Form der Inbezugnahme erfolgt über unbestimmte Rechtsbegriffe. Beispielsweise wird in verschiedenen Normen des Technik- und Anlagenrechts auf die „anerkannten Regeln der Technik“[266] verwiesen (u. a. § 23 EnEV, § 50 Abs. 4 WHG). Um diese zu bestimmen, stellen DIN-Vorschriften eine Rechtserkenntnisquelle dar. Ohne den Rückgriff auf weitere Erkenntnismittel auszuschließen, begründen sie eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie als Regeln, die unter Beachtung bestimmter verfahrensrechtlicher Vorkehrungen zustande gekommen sind, sicherheitstechnische Festlegungen enthalten, die einer objektiven Kontrolle standhalten.[267] Wo die Standards jedenfalls mittelbar rechtlich relevant werden, stellt das Rechtsstaatsprinzip Anforderungen an deren Zugänglichkeit.[268]

      67

      Legitimationsdefizit privater Standardsetzung

      Die praktische Relevanz der privaten Standardsetzung steht in einem auffälligen Kontrast zu ihrer eher prekären Legitimation. Die Festlegung technischer Standards ist keinesfalls eine apolitische Frage, sondern setzt häufig eine Risikoeinschätzung und Risikobewertung voraus, bei der konfligierende Interessen zum Ausgleich gebracht werden.[269] Insofern erscheint es zweifelhaft, wie weit eine Legitimation über den Aspekt der Selbstregulierung und einer grundrechtlich verbürgten Normierungsautonomie[270] trägt, da von der Normierung typischerweise auch unbeteiligte Dritte sowie Allgemeininteressen berührt sind.[271] Damit spricht viel dafür, dem österreichischen Beispiel zu folgen, das in einem Normengesetz zentrale Fragen wie die Anerkennung von Normierungsorganisationen, ihre Aufgaben und Pflichten und die Grundsätze der Normungsarbeit gesetzlich geregelt hat.[272]

      68

      Situation im Völkerrecht

      Auch jenseits der technischen Normung haben sich weitere nichtstaatliche Normen etabliert, die von NGOs oder Privaten gesetzt werden. Die Beispiele für diese sog. soft law[273] und seine Verschränkungen mit dem staatlichen Recht sind sehr vielschichtig und entziehen sich einer generalisierenden Betrachtung.[274] Aus der Perspektive der staatlichen Akteure kann diese Art der Normsetzung aus verschiedenen Gründen attraktiv sein. Diese reichen von der Einbeziehung externen privaten Sachverstandes, über die Akzeptanzsicherung bis zur Auflösung von Blockadehaltungen, die durch das Konsensprinzip im Völkerrecht und politische Widerstände im nationalen Recht bedingt sind. Ein Schwachpunkt dieser Form der Rechtssetzung ist die tendenziell prekäre demokratische Legitimation.[275]

      69

      Numerus clausus der Rechtsquellen

      Keine Frage einer allgemeinen Rechtsquellenlehre ist, ob innerhalb einer Teilrechtsordnung ein Numerus clausus der Rechtsquellen besteht.[276] Dies muss innerhalb des jeweiligen Rechtskreises beantwortet werden. Jenseits der Frage der (verfassungs- und unions-)rechtlichen Zulässigkeit spricht aus rechtspraktischen Gründen viel dafür, bei der Anerkennung neuartiger Rechtsquellen zurückhaltend zu verfahren. Neuartige oder hybride Rechtsquellen müssen auch neue Rechtsfragen aufwerfen. Die hiermit verbundenen Anpassungsprobleme gilt es gegen die Vorteile größerer Passgenauigkeit neuer Formen der Rechtssetzung abzuwägen. Im Binnenbereich der Verwaltung spricht viel dafür, nicht von einem abschließend definierten Kanon der Rechtsquellen auszugehen. Problematisch ist das Außenverhältnis zum Bürger, weil der rechtsstaatlichen Formenklarheit auch eine machtbegrenzende Funktion zukommt.[277] Prüfstein für die Anerkennung eines neuen Normtypus muss das Legitimationsniveau des Art. 80 Abs. 1 GG sein. Jenseits des Sonderfalles des Sozialversicherungsrechts[278] dürften daher kaum Spielräume für weitere Rechtsquellen verbleiben.

      70

      Wahl der Rechtsquelle

      Aus dem Nebeneinander verschiedener Formen der Rechtserzeugung innerhalb eines Rechtskreises folgt nicht, dass dieses Differenzierungspotenzial auch vollumfänglich ausgeschöpft werden muss. Eine Regelung, die auch auf einer niederen Rangstufe in Kraft gesetzt werden könnte, kann auch auf einer höheren Ebene normiert werden. Wenn neuere verfassungsändernde Gesetze das GG mit Detailfragen überfrachten (z. B. Art. 16a GG, 91e GG), mag dies die Verfassungsfunktion beeinträchtigen, ist aber verfassungsrechtlich irrelevant.[279] In umgekehrter Richtung bleiben bestimmte Regelungen höherrangigen Normebenen vorbehalten oder müssen doch in einer höherrangigen Ebene vorgezeichnet sein. Tertiärrecht (Art. 290, 291 AEUV) kann nur erlassen werden, soweit sich die Unionsorgane hierfür auf eine ausreichende Rechtsgrundlage auf Ebene des Sekundärrechts stützen können. Entsprechendes gilt für das Verhältnis von Rechtsverordnungen (Art. 80 Abs. 1 GG) und Satzungen zum einfachen Gesetzesrecht.

      71

      Regelungsdichte

      Eng hiermit verwandt ist die Frage nach der Detaildichte der erlassenen Normen.[280] Hier hat sich die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes mit dem Bestimmtheitsgrundsatz verschränkt. Im Sicherheitsrecht ist bei heimlichen Grundrechtseingriffen beispielsweise eine normenklare und bereichsspezifische Regelung gefordert,[281] die den Sicherheitsbehörden noch geringe Spielräume für eine Selbstprogrammierung offen lässt. Das als Zugewinn an demokratischer Legitimation zu feiern, greift zu kurz. Die Legitimation, die die parlamentarisch-gubernative Rechtssetzung vermitteln kann, ist keine unerschöpfliche Ressource. Wenn es der parlamentarisch-gubernativen Regelungsebene verwehrt wird, sich auf Grundsatzfragen zu beschränken, droht die Problemlösungskapazität des parlamentarischen Verfahrens überdehnt zu werden. Die Folge sind „parlamentslose“ Parlamentsgesetze,[282] in denen selbst die Fachausschüsse darauf beschränkt bleiben, die mit Detailregelungen überfrachteten Gesetzentwürfe durchzuwinken.

G. Rechtmäßigkeit und Fehlerfolgen

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      Höherrangiges Recht als Prüfstein der Rechtmäßigkeit

      Das Urteil über die Rechtmäßigkeit einer Rechtsnorm ist davon abhängig, ob die Rechtmäßigkeitsanforderungen erfüllt sind, die sich aus den übergeordneten Rechtsebenen ergeben.[283] Üblicherweise wird zwischen formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen differenziert. Im Grundsatz lässt sich dieses Gliederungsschema auch auf die ungeschriebenen Rechtsquellen übertragen.

      73

      Formelle Rechtmäßigkeit

      Bei den formellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hat sich eine Dreiteilung durchgesetzt, die nach Kompetenz, Verfahren und Form unterscheidet. Beim Richterrecht als der zentralen ungeschriebenen Rechtsquelle ergeben sich

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