Praxisleitfaden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Holger Hembach
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Die Loi de vigilance ist anwendbar auf Unternehmen
– deren Rechtsform in den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt
– die die Voraussetzungen hinsichtlich der Mitarbeiter erfüllen.
Die Loi de vigilance enthält keine ausdrücklichen Vorgaben darüber, Unternehmen welcher Rechtsformen in den Anwendungsbereich des Unternehmens fallen. Es ergeben sich jedoch Beschränkungen hinsichtlich der Rechtsformen von Unternehmen, auf die das Gesetz anwendbar ist, aus dem systematischen Zusammenhang. Darin liegt ein Unterschied zum LkSG, das rechtsformneutral ist.
Aus der Verortung der Vorschrift im Code de Commerce128 ist zu schließen, dass die Pflichten nach dem loi de vigilance zunächst nur sociétés anonymes treffen.129 Das Gesetz gilt auch für Sociéteés en Commandite par Actions (SCA).130
Dagegen ist umstritten, ob Sociétés par Actions Simplifiées (SAS) dem Gesetz unterfallen. Die wohl überwiegende Meinung befürwortet dies.131 Für diese weite Auslegung spricht, dass die Loi de vigilance der Umsetzung der UN Guiding Principles dient, die auf alle Unternehmen Anwendung findet.132 Ibanez u.a. weisen in einer Studie zur Umsetzung der Loi de vigilance darauf hin, dass sieben SAS ihre Überwachungspläne veröffentlicht und damit anerkannt hätten, dem Gesetz zu unterfallen.133
Das Gesetz gilt auch für Europäische Gesellschaften (SE)134, aber nicht für Sociétés Anonymes à Responsabilité Limitée (SARL) und Sociétés en Nom Collectif.135
Darüber hinaus ist die Loi de vigilance nur auf Unternehmen anwendbar, die bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Mitarbeiter erfüllen. Es gilt für
– in Frankreich registrierte Unternehmen, die mindestens 5000 Mitarbeiter selbst oder in direkten oder indirekten Tochtergesellschaften beschäftigen, die in Frankreich registriert sind
– in Frankreich registrierte Unternehmen, die mindestens 10.000 Mitarbeiter selbst oder in direkten oder indirekten Tochtergesellschaften beschäftigen, wobei Tochtergesellschaften im Ausland mitgezählt werden.
Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, wie die Beziehung von zwei Unternehmen beschaffen sein muss, damit eines als Tochterunternehmen anzusehen ist. Eine Auffassung stellt auf Art. L 233-1 des Code de Commerce136, ab, nach dem ein Unternehmen – vergleichbar der Regelung in §§ 16ff. AktG – ein anderes beherrscht, wenn es die Mehrheit daran hält.137 Nach einer anderen Ansicht kommt es darauf an, ob ein Unternehmen ein anderes kontrolliert, beispielsweise durch Verträge, die ihm die Ausübung der Stimmenmehrheit ermöglichen (vgl. Art. L 233-3).138
Die Schwellenwerte für die Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer unterscheiden sich von den sonst in Frankreich üblichen, etwa dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung sowie dem „Gesetz zur Transparenz, dem Kampf gegen die Korruption und zur Modernisierung des wirtschaftlichen Lebens“.139 Der Senat hatte im Gesetzgebungsverfahren versucht, diese Werte zu harmonisieren, sich aber letztlich nicht durchgesetzt.140
Die Berechnung der Arbeitnehmer in Frankreich folgt den Regeln des Arbeitsrechts.141 Wie Arbeitnehmer in Franchise-Betrieben einzuordnen sind, scheint dabei bislang ungeklärt.142 Auch die Berechnung der Zahl der im Ausland beschäftigten Mitarbeiter ist unklar.143
Diese Unternehmen müssen einen „Sorgfaltsplan“ („plan de vigilance“) erarbeiten, offenlegen und effektiv umsetzen. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Tochterunternehmen oder von anderen kontrollierte Unternehmen, wenn das Unternehmen, das sie kontrolliert, einen Sorgfaltsplan bezüglich des Unternehmens und all seiner Tochterunternehmen erstellt und umsetzt (L. 225-102-4 I Code de Commerce). Die Vorschrift lehnt sich an das „Sapin II“-Gesetz, das Unternehmen, die in Frankreich tätig sind und mehr als 500 Mitarbeiter haben sowie deren Vorstand zur Einrichtung eines besonderen Compliance-Programms verpflichtet, das die Risiken von Korruption mindern soll. Auch hier stellt sich die Frage, was unter Tochterunternehmen zu verstehen ist.144
Der Sorgfaltsplan soll in Zusammenarbeit mit Betroffenen bzw. Interessengruppen oder innerhalb von gemeinsamen Initiativen erarbeitet werden.145
Er muss fünf Elemente enthalten:
– Eine Darstellung der Risiken für Menschenrechte und fundamentale Freiheiten, die Gesundheit und Sicherheit von Individuen und die Umwelt
– Verfahren für die regelmäßige Evaluierung, der Situation der Niederlassungen, der Subunternehmer oder der Zulieferer
– Maßnahmen, die getroffen werden, um die Risiken abzumildern und schwere Verletzungen zu verhindern
– ein Mechanismus für Hinweise und die Entgegennahme von Meldungen
– ein System, um die Maßnahmen nachzuvollziehen und ihre Effektivität zu beurteilen.
Die Pflichten sind also den UN Guiding Principles entnommen; sie sind eine Ausweitung des Begriffs der Sorgfaltspflicht aus der Sphäre der Vereinten Nationen in die nationale Sphäre Frankreichs.146 Sie entsprechen im Wesentlichen denjenigen des LkSG.
Unternehmen müssen diejenigen Risiken identifizieren, die sich aus ihren eigenen Aktivitäten sowie den Aktivitäten von Unternehmen ergeben, die sie direkt oder indirekt kontrollieren, und die sich aus den Aktivitäten von Subunternehmen oder von Lieferanten ergeben, mit denen sie eine etablierte Geschäftsbeziehung haben. Eine etablierte Geschäftsbeziehung ist im französischen Recht definiert als eine stabile, regelmäßige Geschäftsbeziehung, die mit oder ohne Vertrag stattfindet, mit Geschäften eines gewissen Umfangs und einer vernünftigen Erwartung, dass diese Beziehung andauern wird.147
Der Bericht muss veröffentlicht und in den Management-Bericht aufgenommen werden. Dieser ist wiederum ein Teil des Referenzdokuments (Document des références) oder des Allgemeinen Registrierungsdokuments, das Unternehmen veröffentlichen müssen. Das Gesetz ermächtigt den Conseil d’Etat, ein Dekret zu erlassen, das die Anforderungen an den Sorgfaltsplan näher erläutert.
Wenn ein Unternehmen seinen Berichtspflichten nicht nachkommt, wird es darauf hingewiesen. Legt das Unternehmen daraufhin nicht binnen drei Monaten den Bericht vor, kann das zuständige Gericht die Erstattung des Berichts anordnen und ein Zwangsgeld verhängen.
Darüber hinaus sieht das Gesetz eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht vor. Verletzen Unternehmen ihre Pflicht zur Veröffentlichung eines Sorgfaltsplans oder ist dieser Plan mangelhaft, können Personen, die dadurch einen Schaden erleiden, Schadensersatz geltend machen (L 225-102-5 Code Commercial i.V.m. Art. 1240, 1241 Code Civil). Der Anspruch hat damit drei Voraussetzungen:148
– Schaden
– Ingangsetzung des Verfahrens durch eine Person, die ein Interesse hat
– Eine nachgewiesene Beziehung zwischen dem Schaden und der Verletzung der Sorgfaltspflicht.
Die Beweislast trägt also der (angeblich) Geschädigte. Verschiedene Nicht-Regierungsorganisationen hatten sich in der Diskussion über das Gesetz für eine Beweislastumkehr eingesetzt, sich aber letztlich nicht durchgesetzt.