Grundlagen des Internationalen Steuerrechts. Sebastian Korts
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Die deutsche Finanzverwaltung hat zu der Frage der Einkünftekorrektur eine Reihe nationaler Verwaltungsgrundsätze erlassen,41 die in der Praxis eine bedeutende Rolle spielen.
§ 1 Abs. 1 S. 1 AStG formuliert „unbeschadet anderer Vorschriften“, gemeint sind damit insbesondere folgende Normen: § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG (Verdeckte Gewinnausschüttung), § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG (Verdeckte Einlage), § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Entnahme), Art. 9 OECD-MA und entsprechende Regelungen, § 7 AStG, § 42 AO (EuGH vom 13.03.2007, IStR 2007, 249, Tz. 80), § 41 Abs. 2 AO.
Als wichtige internationale Regelung sind die OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen42 [„Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010“ – Gl.2010]43 zu nennen. Es handelt sich dabei um eine international anerkannte Grundlage für die Bewertung grenzüberschreitender Transaktionen innerhalb von Unternehmen, die von der OECD erarbeitet und in den darauffolgenden Jahren immer wieder überarbeitet und ergänzt wurde, wobei die Entwicklung nicht abgeschlossen sein dürfte.
Im Oktober 2015 wurde Kapitel V der OECD-Richtlinien zur Dokumentation von Verrechnungspreisen (Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-by Country Reporting (CbCR)) aktualisiert.44 Das Country-by-country-Reporting (Rechnungslegung nach Ländern) soll den Finanzverwaltungen einen besseren Überblick über die Strukturen von internationalen Großkonzernen ermöglichen. Es enthält die Vorgaben für die Dokumentation (Masterfile, Localfile, CbC-Reporting Template [Countryby-Country-Formular]).
Im Jahre 2017 wurden die Guidelines erneut überarbeitet und an die BEPS-Maßnahmen angepasst, am 10.07.2017 wurden die OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterpises and Tax Administrations 2017 verabschiedet.45 Diese Fassung 2017 enthält u.a. Änderungen bei Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit Wertschöpfungsbeiträgen und bei der Dokumentation betreffend das Country-by-Country Reporting; er enthält weiterhin Anpassungen im Bereich der Unternehmensstrukturierungen sowie eine Überarbeitung der „safe habours“-Regelungen in Kapitel IV. Weiterer Bestandteil ist eine überarbeitete Empfehlung des OECD-Rates zur Ermittlung von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen, die auf die Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung von multinationalen Unternehmen abzielt.
Im Juni 2018 wurden mit den „Überarbeiteten Leitlinien zur Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode“ die bisherigen Ausführungen von Kapitel II, Teil III, Abschnitt C der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ersetzt.46
b) Einkünftekorrektur nach § 1 AStG
Eine entsprechende Anwendung der Verrechnungspreisgrundsätze zwischen Betriebsstätte und Unternehmen aufgrund anzunehmender schuldrechtlicher Beziehungen (dealings) kann zur Folge haben, dass eine Betriebsstätte Gewinne erzielt, obwohl das Unternehmen insgesamt Verluste hinnehmen muss (sogar dann, wenn das Unternehmen insgesamt nie einen Gewinn erzielt), dass eine Betriebsstätte Verluste hinnehmen muss, auch wenn das Unternehmen insgesamt Gewinne erzielt und/oder dass es zu Abweichungen der Summe der Einzelergebnisse verschiedener Betriebsstätten vom Gesamtergebnis des Unternehmens kommt (z.B. dadurch, dass steuerlich aufgrund der angesetzten Preise stille Reserven aufgedeckt werden, die das Unternehmen insgesamt bilanziell noch nicht realisiert hat).47
Die Vorgehensweise bei der Einkunftsabgrenzung nach § 1 AStG ähnelt der Vorgehensweise nach dem AOA (Authorised OECD Approach) des Art. 7 OECD-MA 2010:
In einem ersten Schritt werden im Rahmen einer Funktionsanalyse auf Basis der Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte Personalfunktionen, Vermögenswerte, Chancen und Risiken sowie ein angemessenes Dotationskapital der Betriebsstätte zugeordnet. Diese Vorgehensweise soll es ermöglichen, für die Betriebsstätte eine steuerliche Nebenrechnung zu erstellen, die für die Gewinnaufteilung bzw. Gewinnermittlung in Betriebsstätten-Fällen inhaltlich der Bilanz eines eigenständigen Unternehmens entspricht. In einem zweiten Schritt werden auf der Grundlage dieser Zuordnung die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und der Betriebsstätte sowie die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen unter Beachtung der OECD-Verrechnungspreislinien bestimmt. Dies gilt auch im Verhältnis zwischen Stammhaus und ständigem Vertreter.
Ziel dieser Funktionsanalyse ist es, die von unabhängigen und verbundenen Unternehmen ausgeübten oder auszuübenden wirtschaftlich erheblichen Tätigkeiten und Verantwortungen, verwendeten Vermögenswerte und übernommenen Risiken festzustellen und zu vergleichen. Dargestellt wird auch die wirtschaftliche Bedeutung der Funktionen, d.h. die Häufigkeit und die Art der gegebenenfalls eingesetzten oder einzusetzenden Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen. Die Übernahme eines höheren Risikos führt unter fremden Dritten regelmäßig zu einem höheren erwarteten Ertrag. Folglich muss auch bei konzerninternen Geschäften eine positive Korrelation zwischen Risiko und Ertrag bestehen.48
c) Methoden zur Verrechnungspreisbestimmung
Bei den Methoden zur Bestimmung von Verrechnungspreisen wird unterschieden zwischen den Standardmethoden und den gewinnorientierten Methoden.
Zu den Standardmethoden gehören:49
– Preisvergleichsmethode (Comparable uncontrolled price method),
– Wiederverkaufspreismethode (Resale price method),
– Kostenaufschlagsmethode (Cost plus method).
Zu den gewinnorientierten Methoden gehören
– Gewinnaufteilungsmethode (Profit split method),
– Transaktionsbezogene Netto-Margen-Methode (Transactional net margin method).
Das Verhältnis der Methoden zueinander regelt § 1 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 AStG; ab dem Veranlagungszeitraum 2022 geregelt in § 1 Abs. 3 bis 3c AStG.50
Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG soll die nationale Besteuerung grenzüberschreitender Betriebsstätten-Fälle nach einer einheitlichen Regelung erfolgen. Es handelt sich bei dieser Vorschrift um einen sog. Reverse Treaty override, also eine Umkehrung der Hinwegsetzung über Völkerrecht durch nationale Regelung. Nach dieser Neuregelung hat ein geltendes DBA (nur) dann Vorrang vor den Regelungen des § 1 Abs. 5 Sätze 1 bis 7 AStG, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der andere DBA-Staat sein Besteuerungsrecht dem DBA entsprechend ausübt und deshalb die Anwendung der Sätze 1 bis 7 zu einer Doppelbesteuerung führen würde. Dadurch soll eine Doppelbesteuerung durch die Anwendung eines DBA vermieden werden. Es soll gleichzeitig keine Ausweitung der deutschen innerstaatlichen Besteuerungsrechte einseitig zulasten des anderen Vertragsstaats entstehen.
Die Bestimmung der Höhe von Lizenzgebühren wird nach der Preisvergleichsmethode durch die Lizenzkartei des Bundeszentralamtes für Steuern oder andere veröffentlichte Lizenzgebührensammlungen vorgenommen. Im Rahmen einer gewinnorientierten Methode wird die sogenannte Knoppe-Formel diskutiert.51 Dabei erhält der Lizenzgeber einen Anteil von 25 % bis 33 1/3 % des kalkulierten Gewinns des Lizenznehmers aus der Lizenzkalkulation ohne Berücksichtigung der Lizenzvergütung. Hinzuweisen ist auf die Überlegung, dass Schadensersatzansprüche bei Verletzungen von Lizenzvereinbarungen eine Kalkulationsgrundlage sein können.52
Für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze bei Gesellschafterdarlehen ist als vorrangige Verrechnungspreismethode die Preisvergleichsmethode anzuwenden und zu prüfen, ob so die Vergleichswerte ermittelt werden können. Das gilt auch für unbesichert gewährte Konzerndarlehen und unabhängig davon, ob die Darlehen