Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band. Hugo Friedländer

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Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band - Hugo Friedländer

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Vier Jahre.

      Vors.: Woran ist Ihr Mann gestorben?

      Zeugin: An der Lungenschwindsucht.

      Es erschien hierauf der jetzt 17jährige Wernitzki, ein hübscher, aufgeweckter Bursche als Zeuge. Er bekundete auf Befragen des Vorsitzenden: Meine Eltern wohnten in Brauweiler. Vor etwa 7 bis 8 Jahren fand ich auf einem Mäuerchen ein Stück Kette, ein Uhrwerk und ein zerbrochenes Uhrglas. Ich zeigte dies meinen Geschwistern und anderen Kindern. Gleich darauf sagte mir meine Mutter, der Aufseher Esser behauptet, ich hätte ihm Uhr und Kette gestohlen. Ich hatte dies aber nicht getan. Den anderen Tag spielte ich mit anderen Knaben »Steigvogel«. Mein Steigvogel flog in den Garten der Baumschule. Ich ging in den Garten, holte mir meinen Steigvogel und pflückte mir zwei Äpfel ab. Gleich darauf wurde ich zum Herrn Direktor geholt. Letzterer gab mir zunächst ein paar Ohrfeigen, sagte mir, daß ich dem Aufseher Esser Uhr und Kette gestohlen habe, und sperrte mich mehrere Stunden lang in eine dunkle Zelle. Schließlich wurde ich von dem Bäckermeister Kulatz aus der Zelle in ein Zimmer geführt, dort wurden mir die Hosen angespannt. Kulatz legte mich über sein Knie und schlug mich heftig mit einem Stock. Als ich fünf Schläge erhalten hatte, bat ich den Herrn Direktor um Verzeihung und bat ihn, mich doch nicht weiterschlagen zu lassen. Der Herr Direktor sagte jedoch zu Kulatz: Schlagen Sie nur weiter!

      Bäckermeister Kulatz: Direktor Schellmann habe ihm gesagt, der Junge habe gestohlen, er solle deshalb den Jungen einmal züchtigen, da die Mutter dies nicht tue. Er habe darauf dem Jungen etwa zehn Hiebe versetzt, es können auch einige mehr oder weniger gewesen sein, gezählt habe er die Hiebe nicht. Daß der Knabe nach den ersten fünf Schlägen um Verzeihung gebeten habe, sei unwahr.

      Aufsehersfrau Drews: Ihr Mann sei noch jetzt Aufseher in Brauweiler. Frau Wernitzki habe zu ihr gesagt: Sie werde zu dem Direktor gehen und ihn bitten, ihren Knaben züchtigen zu lassen, sie könne den Jungen nicht mehr bändigen. Als der Junge die Prügel bekommen hatte, sagte Frau Wernitzki zu mir: Ich freue mich, daß der Direktor meinen Knaben hat züchtigen lassen, wenn ich meine Kinder schlage, dann treten sie nach mir.

      Frau Wernitzki: Das ist alles nicht wahr, es hat noch keines meiner Kinder nach mir getreten.

      Vors.: Ich nehme das zur Ehre Ihrer Kinder an.

      Frau Drews: Ich sage die Wahrheit, der Junge, den ich am anderen Tage fragte, bejahte dies mit lachender Miene. Frau Wernitzki sagte darauf: Es hat ihm nichts geschadet.

      Frau Wernitzki und deren Sohn bezeichneten diese Bekundung mit großer Entrüstung als vollständig erfunden.

      Die Zeugin Drews versetzte darauf: Ich sage die Wahrheit. Ich habe den Wernitzkischen Kindern oftmals Essen gegeben, da sie von ihrer Mutter mit Kostentziehung bestraft wurden.

      Direktor Schellmann: Der Junge war sehr nichtsnutzig, da die Mutter ihm alles nachsah und der Vater zumeist abkommandiert war. Ich schickte den Vater auf Kommando mit Rücksicht auf seine zahlreiche Familie da er dadurch eine größere Einnahme hatte. Ich habe den Jungen selbst etwa drei Stunden lang in die Cachotte gesperrt und ihm alsdann einige Hiebe geben lassen. Daß ich den Mann schlecht behandelt habe, bestreite ich. Ich habe im Gegenteil den Mann, der lungenkrank war, mit Tuberkulin im Lazarett behandeln lassen.

      Der frühere Aufseher, jetzige Bauwächter Szaplewski, der bekanntlich wegen Mißhandlung eines Häuslings zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurde bekundete auf Befragen: Die Häuslinge seien in Brauweiler und auch in Jülich mehrfach mißhandelt worden. Die Kost war bisweilen nicht ausreichend, das Arbeitspensum sehr groß und die Heizung in den Arbeitssälen nicht immer genügend. Widerspenstige Häuslinge wurden in die Cachotte gesperrt. In dieser waren ein Seil und ein Gummischlauch vorhanden. Ob damit geschlagen worden, wisse er nicht.

      Er habe selbst mehrfach Häuslingen die Zwangsjacke angelegt. Die Häuslinge haben sich gegen das Anlegen der Zwangsjacke stets heftig gewehrt. Ein Häusling, namens Tausend, habe sich einmal krank gemeldet. Er (Zeuge) habe ihn zu Dr. Bodet geführt. Dieser habe ihn aber für gesund erklärt. Der Mann mußte weiterarbeiten und sei nach drei Tagen gestorben. Einen anderen Häuslings, namens Schumacher, habe er dem Direktor als krank gemeldet. Der Mann mußte aber trotzdem weiterarbeiten, und da er dies nicht konnte, wurde er in die Cachotte gesperrt, wo er auch gestorben sei. Es seien auch Häuslinge mit Anlegen von Hand- und Fußschellen bestraft worden. Es sei richtig, daß Häuslinge geäußert hätten, sie wären lieber im Zuchthaus, als in Brauweiler. Ein Häusling habe zu diesem Zwecke einmal eine Anzahl Möbel demoliert. Er selbst sei von dem Direktor Schellmann wegen der geringsten Vergehen bestraft worden. Auf Befehl oder auch nur mit Wissen des Direktors Schellmann sei dagegen niemals jemand mißhandelt worden.

      Auf Befragen des Angeklagten Hofrichter gab der Zeuge zu, daß einmal ein kleiner buckliger Mensch zum Rübenbau nach Jülich kommandiert worden sei.

      Am fünften Verhandlungstage wurde zunächst Polizeiarzt Dr. Wolff vernommen: Er habe in seiner Eigenschaft als Polizeiarzt diejenigen Personen zu untersuchen, die nach Brauweiler geschickt werden sollen. Schwache, kranke, insbesondere lungenkranke Personen und auch schwangere werden nach Brauweiler nicht gesandt. Er habe die Leute, die aus Brauweiler kommen, vielfach gesehen und sei stets erstaunt gewesen über das gute Aussehen der Leute, die dort zweifellos nicht gedarbt haben. Leute, die aus der Sommerfrische kommen, sehen vielfach nicht so gut aus, als die aus Brauweiler Kommenden.

      Vert.: Herr Doktor, Sie sagen, lungenkranke Personen würden nach Brauweiler nicht gesandt. Nun besagen die Obduktionsprotokolle und Herr Direktor Schellmann hat es auch bekundet: die meisten Brauweiler Häuslinge sterben an Tuberkulose!

      Dr. Wolff: Selbstverständlich können nur derartige Lungenkranke von der Verschickung nach Brauweiler ausgeschlossen werden, bei denen diese Krankheit erkennbar ist.

      Es wurde hierauf die Aussage des kommissarisch vernommenen 44jährigen Tagelöhners Auweiler verlesen. Danach hatte dieser bekundet: Er sei im Brauweiler Arbeitshause gewesen. Direktor Schellmann habe ihm einmal fünf Tage Arrest diktiert. Er habe infolgedessen bemerkt, daß er dann lieber sechs Wochen Arrest haben wolle. Direktor Schellmann habe seine Personalakten nachgesehen und alsdann gesagt: Gut, dann erhalten Sie sechs Wochen Arrest, Sie bleiben also bis zu Ihrer Entlassung im Arrest. Er sei nun in Arrest gebracht worden. Einige Tage darauf sei er von dem Aufseher Tappert aus seiner Arrestzelle in den Flur geführt, von diesem mit dem Kopf niedergedrückt worden und nun habe er, während er von Tappert festgehalten wurde, 12 Hiebe mit einem Rohrstock erhalten. Er gebe zu, daß er gegen einige Aufseher frech gewesen sei. Ob Direktor Schellmann den Befehl zu dieser Prozedur gegeben habe, wisse er nicht.

      Aufseher Tappert: Direktor Schellmann sei ein strenger, aber gerechter Mann. Dieser habe den Beamten oftmals eingeschärft, die Häuslinge nicht zu schlagen, ihnen ordentlich zu essen zu geben, sie gut zu behandeln und auch die Arbeitssäle gut zu heizen. Eines Tages habe er von dem Oberaufseher Schmitz den Auftrag erhalten, den Häusling Auweiler aus der Arrestzelle zu führen, da dieser Hiebe bekommen müsse. Er habe den Auweiler auf den Flur geführt, ihm den Kopf niedergedrückt, ihn festgehalten und nun habe Oberaufseher Schmitz dem Auweiler mit einem Rohrstock 12 Hiebe versetzt. Vors.: Wissen Sie, weshalb Oberaufseher Schmitz den Mann schlug?

      Zeuge: Nein.

      Vors.: Wußte Herr Direktor Schellmann von dieser Mißhandlung?

      Zeuge: Das weiß ich nicht.

      Vors.: Was war das für ein Rohrstock, mit dem Schmitz den Mann schlug?

      Zeuge: Ein Rohrstock, der zum Kleiderausklopfen benutzt wurde.

      Vors.:

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