Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band. Hugo Friedländer

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Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band - Hugo Friedländer

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von 2/3 der Häuslinge um 1/3 überschritten. Auch in anderen Stationen werde das Pensum vielfach überschritten. Jedenfalls sei das Pensum in Brauweiler im allgemeinen um etwa 1/3 geringer als das übliche Pensum der freien Arbeiter. Es bestehe in Brauweiler der strikte Befehl, daß die Häuslinge nicht geschlagen werden dürfen. Er könne über Direktor Schellmann absolut nicht klagen, er habe niemals von ihm einen Verweis erhalten.

      Es erschien alsdann als Zeugin die 30jährige Korrigendin Anna Kranen: Sie sei das erste Mal zehn Monate in Brauweiler gewesen und sei einige Male wegen Widerspenstigkeit bestraft worden. Ein zweites Mal sei sie zwei Jahre in Brauweiler gewesen. Sie sei mit Nähen beschäftigt gewesen und habe das Pensum gut bewältigen können. Sie habe täglich 30 Hemden und 120 Knopflöcher und Knöpfe mit der Hand nähen müssen. Sie sei einmal von der Aufseherin aufgefordert worden, Staub auf dem Flur zu wischen. Sie habe jedoch der Aufseherin erwidert, daß sie nur zu nähen brauche. Die Aufseherin habe sie deshalb »Saumensch« geschimpft, sie sechs Wochen in die Arrestzelle gesperrt und ihr eine Zwillichjacke angezogen, so daß sie kaum Luft bekam.

      Vors.: Aus welchem Grunde wurde Ihnen die Zwangsjacke oder Zwillichjacke, wie Sie sie nennen, angezogen?

      Zeugin: Ich hatte an die Zellentür geklopft.

      Vors.: Wie lange mußten Sie die Jacke anhaben?

      Zeugin: Sechs Wochen lang, Tag und Nacht.

      Die Zeugin bekundete im weiteren auf Befragen: Sie sei noch mehrfach wochenlang in die Arrestzelle gesperrt und in die Zwangsjacke gesteckt worden.

      Vors.: Weshalb geschah das?

      Zeugin: Ich wurde von den Aufseherinnen immer beschimpft, da wurde ich so aufgeregt, ich glaube, das ist meine Krankheit.

      Vors.: Haben Sie sich deshalb einmal vor den Arzt führen lassen?

      Zeugin: Jawohl, der sagte, es ist nicht so schlimm.

      Die Zeugin bekundete im weiteren: Sie sei, als sie zum zweiten Male aus Brauweiler entlassen war, zum dritten Male vom Amtsgericht zu Krefeld wegen Nichtinnehaltung der Kontrollvorschriften nach Brauweiler geschickt worden, wo sie sich jetzt noch befinde.

      Direktor Schellmann: Die Kranen sei das schlimmste Frauenzimmer, das in Brauweiler je gewesen sei. Nicht die Aufseherinnen, sondern sie habe unaufhörlich getobt und geschimpft und täglich gegen die Hausordnung gefehlt.

      Vors.: Ich muß Sie ersuchen, Herr Direktor, das, was Ihnen berichtet worden und das, was Sie selbst wahrgenommen haben, streng auseinanderzuhalten.

      Schellmann: Das kann ich schwer auseinanderhalten. (Lachen im Zuhörerraum.)

      Vors.: Die Zeugin ist augenscheinlich eine sehr aufgeregte Person, haben Sie einmal ihren Geisteszustand untersuchen lassen?

      Schellmann: Jawohl, Herr Dr. Bodet hat sie untersucht, dieser hält sie aber auch heute noch nicht für geisteskrank. Schellmann bekundete des weiteren auf Befragen des Vorsitzenden: In der Cachotte gebe es weder ein Bett noch ein Kopfkissen, noch überhaupt ein Möbelstück. Die Cachottinsassen müssen auf dem Fußboden schlafen, behalten ihre Sachen an und wechseln nur die Wäsche. In der Cachotte gebe es nur jeden vierten Tag warme Kost; im übrigen gebe es nur Brot. Die Zwillichjacke sei keine Zwangsjacke, sondern ein sogenannter Bastanzug. Dieser wurde der Zeugin angelegt, weil sie ihre Sachen zerrissen hatte.

      Vors.: Kranen, ist das richtig, haben Sie Ihre Sachen zerrissen?

      Zeugin: Ich habe einmal ein Kleid zerrissen?

      Vors.: Deshalb wurde Ihnen sechs Wochen lang der Bastanzug angelegt?

      Zeugin: Jawohl.

      Vors.: Es soll Ihnen auch einmal der Maulkorb angelegt worden sein?

      Zeugin: Jawohl.

      Vors.: Wann und wo geschah das?

      Zeugin: Ich saß in der Cachotte und klopfte.

      Vors.: Wie lange hatten Sie den Maulkorb an?

      Zeugin: Zwei Stunden. Ich war, nachdem mir der Maulkorb abgenommen war, ganz blau im Gesicht, hatte heftiges Nasenbluten und Schmerzen im Halse.

      Vors.: Wurden Sie alsdann aus der Cachotte entlassen?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Konnten Sie, als Ihnen der Maulkorb angelegt war, schreien oder atmen?

      Zeugin: Ich konnte weder schreien noch atmen.

      Vors.: Wer hat Ihnen den Maulkorb angelegt?

      Zeugin: Fräulein Scherf und Fräulein Medder.

      Vors.: War Direktor Schellmann dabei?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Haben Sie sich darüber beschwert?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Ist nicht einmal ein Herr aus Düsseldorf bei Ihnen in der Cachotte gewesen?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Haben Sie nicht einmal dem Direktor Schellmann gesagt, Sie wollen sich in Düsseldorf beschweren?

      Zeugin: Ja, das habe ich gesagt. Herr Direktor Schellmann bemerkte: Schreiben Sie nur, ich werde den Brief abschicken.

      Vors.: Haben Sie geschrieben?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Weshalb nicht?

      Zeugin: Ich dachte, der Brief wird doch nicht abgeschickt.

      Vors.: Haben Sie sich bei dem Direktor Schellmann beschwert?

      Zeugin: Jawohl.

      Vors.: Was hat der gesagt?

      Zeugin: Er sagte, ich müsse die Strafe aushalten.

      Vors.: Ist einmal Dr. Bodet bei Ihnen in der Cachotte gewesen?

      Zeugin: Ein einziges Mal.

      Vors.: Ist sonst einmal jemand bei Ihnen gewesen?

      Zeugin: Nein, es hat sich niemand um mich gekümmert.

      Die Zeugin bekundete ferner auf Befragen: Sie habe etwa zehnmal den Maulkorb angelegt bekommen (Bewegung im Zuhörerraum). Auch anderen Korrigendinnen sei in der Cachotte der Maulkorb angelegt worden.

      Einer Korrigendin sei in der Nebenarrestzelle der Maulkorb angelegt worden. Fräulein Medder sagte zu Fräulein Scherf: »Legen Sie dieser Person einmal ordentlich den Maulkorb an!« Als die Korrigendin weinte, furchtbar schrie und bat, ihr den Maulkorb doch nicht anzulegen, sie müsse alsdann sterben, versetzte die Medder: »Ach was, durch das Anlegen des Maulkorbes ist noch niemand gestorben.«

      Nach

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