Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band. Hugo Friedländer

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Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band - Hugo Friedländer

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in die Cachotte gekommen und rief: Wodtke, stehen Sie doch auf! Fräulein Medder rief mehrere Male, die Korrigendin war aber inzwischen gestorben.

      (Große Bewegung im Zuhörerraum.)

      Angekl. Hofrichter: Haben Sie die Beschwerde nicht deshalb unterlassen, weil Sie sich sagten, das hat doch keinen Zweck?

      Zeugin: Jawohl.

      Vertreter der Nebenkläger Rechtsanwalt Gammersbach: Von wem wissen Sie, daß Sie blau im Gesicht waren?

      Zeugin: Der Maulkorb wurde mir am Samstag angelegt und als ich des Sonntags zur Kirche ging, sagten es mir die anderen Korrigendinnen.

      Rechtsanwalt Gammersbach: Wodurch wissen Sie, daß die verstorbene Wodtke blau im Gesicht war?

      Zeugin: Das hat mir die Korrigendin Zander gesagt.

      Vert.: Ich beantrage, die Zander als Zeugin zu laden.

      Auf Befragen des Vorsitzenden bemerkte Direktor Schellmann: Er glaube, daß die Zander gestern ins Lazarett gekommen sei. (Heiterkeit im Zuhörerraum.)

      Vors.: Wenn sich eine solche Kundgebung des Publikums noch einmal wiederholen sollte, dann werde ich den Zuhörerraum räumen und im Interesse der Ordnung niemanden mehr hineinlassen.

      Es wurde hierauf beschlossen, die Zander als Zeugin zu laden und auf Antrag des Angeklagten auch je ein Exemplar der in Brauweiler zur Anwendung gelangten Zwangsjacken zur Stelle zu schaffen.

      Die folgende Zeugin war die frühere Aufseherin Sauer: Sie habe der Kranen gut zugeredet, diese habe aber ohne jede Veranlassung förmliche Wutanfälle bekommen und in solchen Fällen alles zerschlagen. Der Arzt sei einige Male zu ihr gerufen worden, dieser habe aber gesagt: »Was soll ich da machen, sie gibt mir doch keine Antwort.« Wenn es schließlich mit der Kranen nicht auszuhalten war, sei sie in die Isolierzelle gebracht worden. Einmal sei die Kranen wegen einer fieberartigen Lungenentzündung ins Lazarett gekommen.

      Vors.: Sie sollen einmal, als eine Korrigendin die epileptischen Anfälle bekam, gesagt haben, man solle der Korrigendin mit einer Stecknadel in die Fußsohlen stechen, dann werde man sehen, daß sich die Person nur verstelle.

      Zeugin: Davon weiß ich nichts.

      Vors.: Sind Sie nicht einmal auf den Gedanken gekommen, daß die Kranen geistig nicht normal sei?

      Zeugin: Gewiß, ich sagte mehrfach, die Kranen muß verrückt sein, sonst könnte sie derartige Dinge nicht machen. Es kam fast täglich vor, daß ich ganz ruhig mit ihr redete, und kaum war ich zur Tür hinaus, da zerbrach sie alles.

      Vors.: Haben Sie auch einmal Herrn Dr. Bodet gesagt, daß die Kranen augenscheinlich geisteskrank ist?

      Zeugin: Jawohl, sogar mehrfach.

      Vors.: Was antwortete Dr. Bodet?

      Zeugin: Er antwortete nichts.

      Vors.: Haben Sie dasselbe auch Herrn Direktor Schellmann gesagt?

      Zeugin: Nein.

      Schellmann: Haben Sie mir nicht häufig über die große Frechheit der Kranen geklagt?

      Zeugin: Jawohl.

      Auf Vorhalt des Verteidigers bemerkte die Zeugin, daß ihr von der Mundbinde nichts bekannt sei.

      Aufseherin Scherf: Der Kranen mußte der Bastanzug angelegt werden, da sie alle anderen Kleider zerrissen habe. Sie konnte aber in diesem Bastkleide noch vollständig atmen. Die Zeugin bekundete im weiteren auf Befragen: Sie habe von den Wutanfällen nicht Herrn Direktor Schellmann, sondern nur der Oberaufseherin Anzeige erstattet.

      Vors.: Haben Sie Korrigendinnen die Mundbinde angelegt?

      Zeugin: Das kann sein.

      Vors.: Besinnen Sie sich, ich möchte eine bestimmte Antwort haben.

      Zeugin (nach längerem Zögern): Ja, ich habe mehrfach die Mundbinde angelegt.

      Vors.: War Ihnen bekannt, daß das Anlegen der Mundbinde durch Ministerialreskript verboten war?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Haben sich die Korrigendinnen gegen das Anlegen der Mundbinde gewehrt?

      Zeugin: Einige Male allerdings, gewöhnlich aber nicht. Die Korrigendinnen wußten, daß sie die Mundbinde doch anbekamen.

      Vors.: Wie lange war die Mundbinde gewöhnlich angelegt?

      Zeugin: Eine Stunde.

      Vors.: Haben Sie sich, nachdem die Mundbinde angelegt war, um das weitere Schicksal der betreffenden Personen bekümmert?

      Zeugin: Jawohl, ich ging an die Zelle und hörte, ob die Person etwas spreche.

      Vors.: Wenn die Personen die Mundbinde anhatten, dann konnten sie doch nicht sprechen?

      Zeugin: Ich wollte sagen, ich hörte, ob die Bestrafte ein Lebenszeichen von sich gab.

      Vors.: Wenn Sie die Mundbinde nun abgenommen hatten, hatten alsdann die Bestraften blaue Flecke oder sonstige körperliche Nachteile?

      Zeugin: Ich habe niemals eine solche Wahrnehmung gemacht. Ich wurde sogar immer von den Bestraften gebeten, die Mundbinde noch eine Stunde anzulassen.

      Vors.: Das ist nicht glaublich, ich ermahne Sie, Ihre Worte genau zu prüfen und nicht Dinge zu sagen, die niemand glauben kann.

      Die Zeugin schwieg.

      Vors.: Haben Sie auch der Wodtke die Mundbinde angelegt?

      Zeugin: Jawohl, ich und Fräulein Medder.

      Vors.: Hat sich die Wodtke gewehrt?

      Zeugin: Jawohl, die hat sich sehr gewehrt.

      Vors.: War diese blau im Gesicht, als Sie ihr die Mundbinde abnahmen?

      Zeugin: Dessen erinnere ich mich nicht mehr.

      Vors.: Haben Sie, nachdem Sie der Wodtke die Mundbinde angelegt, sich noch um diese gekümmert?

      Zeugin: Jawohl, ich ging zu ihr in die Zelle.

      Vors.: Und was sahen Sie da?

      Zeugin: Die Wodtke lag auf der Erde und machte Handbewegungen, die darauf schließen ließen, daß sie bat, sie von der Mundbinde zu befreien.

      Vors.: Sie gewährten ihr aber diese Bitte nicht?

      Zeugin: Nein.

      Vors.: Wer nahm nun der Wodtke schließlich den Maulkorb ab?

      Zeugin: Fräulein Medder und ich.

      Vors.:

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